Mythica 06 - Goettin des Sieges
wiederzuerkennen, in dem sie und Jacky diese Welt betreten hatten.
»Ich führe Euch so nahe heran, wie ich kann, aber Ihr könnt nicht aufs Schlachtfeld. Das ist kein Ort für eine Frau«, erklärte Odysseus.
»Odysseus, ich möchte dich nicht anlügen. Ich werde mich nicht vom Schlachtfeld fernhalten, denn ich gehe dorthin, wo Achilles ist, komme, was wolle.«
»Ihr seid nicht Athenes Orakel, richtig?«
Seine Frage lenkte Kats Aufmerksamkeit für einen Moment von der schwierigen Aufgabe ab, nicht auf ihre Röcke zu treten, obwohl sie im Laufschritt neben ihm hertrabte. »Nein«, antwortete sie, »ich bin nicht Athenes Orakel.«
»Seid Ihr unsterblich?«
»Schön wär’s – ich meine, nein. Ich bin eine ganz normale Frau.«
»Nicht einmal eine von Athenes Priesterinnen?«
Etwas in seiner Stimme brachte sie dazu, aufzublicken, und als sie eine unendliche Traurigkeit in Odysseus’ Augen sah, erinnerte sie sich daran, wie er Athene angeschaut hatte. Dann fiel ihr auch noch ein, wie hart sein Ton gewesen war, als er davon gesprochen hatte, dass die Göttin nicht die Wahrheit gesagt hatte. Was hatte Athene ihm angetan? Er liebt sie , begriff Kat dann plötzlich. »Nein, nicht wirklich«, antwortete sie. »Ich arbeite für drei Göttinnen. Vermutlich könnte man sagen, dass ich Venus am nächsten stehe.« Es lag ihr fern, mit ihren göttlichen Kontakten zu prahlen, aber es war verflucht schwierig, das alles zu erklären. »Weißt du, das, was hier vorgeht, ist ziemlich kompliziert und verwirrend.«
»Die Göttin hat mich leider nicht ins Vertrauen gezogen. Ich dachte, sie …« Er sah weg, offenbar zu verletzt, um weiterzusprechen.
Kat fühlte mit ihm. Sie wusste nicht allzu viel über Odysseus oder über Athene, aber ein gebrochenes Herz erkannte sie sofort. Außerdem wusste sie, wenn sie einen anständigen Mann vor sich hatte, und sie mochte Odysseus.
»Es war Venus, die auf die Idee gekommen ist, dass Patroklos sich als Achilles ausgeben soll. Athene hatte nichts damit zu tun. Wahrscheinlich hat sie nicht einmal davon gewusst.«
»Ich hoffe, das stimmt. Ich hoffe, sie hat mich nicht benutzt«, erwiderte Odysseus zögernd, und Kat konnte sehen, dass es ihm schwerfiel, seine Verletzlichkeit zu zeigen. So etwas hatte sie in ihrer Praxis schon oft mitbekommen, wenn ein Mann sich ernsthaft verliebt hatte. Kat hoffte, dass Athene ihn verdiente.
Sie beschloss, ihm so viel von der Wahrheit zu sagen, wie sie wusste. »Ich habe dich und Athene zusammen gesehen, und ich kann dir sagen, dass zwischen euch definitiv eine Verbindung besteht und dass Athene das nicht auf die leichte Schulter zu nehmen scheint.«
Odysseus starrte sie lange an. »Es ist immer eine schwierige Sache, eine Göttin zu lieben. Ich habe eine Frau, wisst Ihr. Sie wartet seit fast zehn Jahren darauf, dass ich in unser Königreich zurückkehre.«
»Und liebst du sie?«
»Diese Frage hat mir Athene vor kurzem auch gestellt, und ich habe ihr dasselbe geantwortet, wie ich auch jetzt Euch antworte. Ich ehre Penelope als meine Ehefrau und respektiere sie als die Mutter meines Sohns. Aber meine Liebe?« Er schüttelte den Kopf. »Meine Liebe habe ich schon verschenkt, als ich noch sehr jung war.«
»Was ist da passiert?«, fragte Kat, obwohl sie die Antwort ahnte.
»Da bin ich Athene begegnet und habe mich ihr mit meinem Leben und meiner Liebe verpflichtet.«
»Dann war dir damals der Ernst deiner Entscheidung nicht bewusst?«, fragte Kat.
»O doch – in vollem Umfang. Aber ich habe vom ersten Augenblick an Athene gehört. Und ich habe meine Liebe zu ihr nie bedauert, selbst als es den Anschein hatte, dass ich lediglich ein Favorit unter vielen war. Es hat mich nicht einmal gestört, wie eine Schachfigur herumgeschoben zu werden – ich war Athenes Schachfigur, das hat mir genügt. Bis heute. Aber jetzt habe ich mir zum ersten Mal gewünscht, ich würde die Göttin nicht lieben.«
Er klang sehr niedergeschlagen, und Kat wollte ihm helfen, trotz des ganzen Schlamassels mit Achilles und Jacky und Patroklos. »Du und Athene seid ein Liebespaar geworden«, stellte sie fest.
Odysseus nickte und lachte ein wenig selbstironisch. »Ja, und obwohl ich wusste, dass es nicht klug ist, bin ich voller Freude in ihre Arme gefallen. Denk daran, Prinzessin – oder wer immer du bist –, wenn Sterbliche die Götter lieben, muss dafür ein Preis bezahlt werden, und meistens bezahlt der Sterbliche diesen Preis. Achilles ist das Produkt einer solchen Liebe,
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