Mythica Bd. 5 - Göttin der Rosen
Empousa. Keine Sorge, ich habe gegessen, während ich auf Euren Ruf gewartet habe.«
»Aber du trinkst ein Glas Wein mit mir?«
»Selbstverständlich, gern.«
Als Mikki den Kelch an die Lippen hob, fand sie wieder eine Rosenknospe, die im Wein schwamm, und genoss den zarten Duft beim Trinken.
»Du verwöhnst mich«, sagte sie lächelnd. »Irgendwann werde ich Wein gar nicht mehr richtig genießen können, wenn keine Rose darin schwimmt.«
»Auch das sollte so sein.«
Sie beobachtete, wie er seinen Wein trank. Heute schien er entspannter als am gestrigen Abend, und sie konnte ihn offen ansehen. Er war ein Paradox – eine ungeheuerliche Kraft und ein Körper, in dem Mann und Biest miteinander verschmolzen, und doch war er menschlich genug, um Wert darauf zu legen, dass in ihrem Wein eine Rosenknospe schwamm.
»Woran denkt Ihr, wenn Ihr mich so anschaut?«
Schuldbewusst fuhr Mikki zusammen.
»Ihr müsst mir nicht antworten«, fügte er hastig hinzu und wandte den Blick ab.
»Das macht mir nichts. Ich hab nur … na ja … ich weiß, dass es unhöflich ist, jemanden anzustarren.«
»Ich bin es gewohnt, dass die Frauen mich anstarren.«
Sofort wurde sie wütend, dass er so etwas ertragen musste. »Dann erzähle ich dir jetzt, was ich gedacht habe. Nämlich, dass es erstaunlich ist, dass du gleichzeitig so stark und doch so sanft bist.«
»Sanft?«
»Oh, jetzt sei nicht schockiert. Natürlich bist du sanft. Wer hat am ersten Abend, als ich hier war, dafür gesorgt, dass dieser Tisch für mich gedeckt war? Und du hast sogar noch eine Decke und Pantoffeln für mich bringen lassen, ganz zu schweigen von den Rosenblüten für meinen Wein, die du nie vergisst.«
»Das macht mich noch lange nicht sanft, sondern zeigt nur, dass ich meine Pflicht erfülle, für die Empousa zu sorgen.«
Mikki schnaubte. »Ach bitte. Du bist nicht nur freundlich zu mir. So gehst du mit allen Frauen um. Ich habe dich heute beobachtet. Obwohl sie sich dir gegenüber seltsam und launisch verhalten haben, bist du geduldig geblieben.«
»Mikado, auch das ist meine Pflicht. Nichts weiter.«
»Willst du etwa behaupten, dass du ihretwegen nie frustriert bist oder dich über sie ärgerst?«
»Das passiert schon mal.«
»Warum zeigst du es dann nicht?«
»Das wäre unehrenhaft, und es wäre …« Abrupt hielt er inne, als merkte er, dass er zu viel preisgab.
»Es wäre was?«, hakte sie nach.
»Es wäre falsch«, antwortete er.
»Wäre es falsch, oder würde es beweisen, dass das, was sie über dich sagen, wahr ist?«
Seine dunklen Augen fanden ihre, und in ihnen konnte sie die Antwort lesen.
»Was sie über dich sagen, ist aber nicht wahr«, sagte Mikki leise.
»Das wisst Ihr doch gar nicht.«
»O doch, das weiß ich hier drin.« Sie drückte die Hand aufs Herz. »Und hier.« Sie streckte die Hand über den Tisch und legte sie behutsam auf seinen ledernen Brustharnisch. Durch das elastische Leder spürte sie seinen kräftigen Herzschlag und auch, wie sich sein Atem unter ihrer Hand vertiefte. Sie starrten einander an. Mikki wünschte sich, er würde ihre Berührung erwidern, seine Hand auf ihre legen, irgendetwas tun, das ihr bestätigte, dass es in Ordnung war, wenn sie ihn anfasste. Aber sein Herz und sein Atem waren die einzigen Bewegungen, die er zuließ. Widerwillig zog sie die Hand zurück.
»Es ist gut gelaufen heute, Mikado.« In der Stille, die sich zwischen ihnen ausgebreitet hatte, klang seine Stimme unnatürlich laut.
»Ja, das finde ich auch. Morgen werden wir nur bis zum Mittag arbeiten, dann versuche ich, einen Zauber zu wirken.«
Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Das wird sicher interessant.«
»Vor allem, weil ich überhaupt nicht weiß, was ich tue.«
»Das werdet Ihr wissen, wenn Ihr in Euch hineinhorcht. Und denkt daran, die Elementare sind da, um Euch zu unterstützen. Wenn Ihr den Zauber wirkt, können sie alles in ihrer Macht Stehende herbeirufen, um Euch mit dem Zauberspruch zu helfen.«
Mikki horchte auf. »Zum Beispiel?«
Er trank einen Schluck Wein und überlegte. »Wenn beispielsweise ein Mädchen zu Euch kommt, weil sie unter grässlichen Kopfschmerzen leidet. Sie bittet Euch um einen Zauber, der den Schmerz lindern soll. Schon lange wird Lavendel mit Gesundheit, Frieden und Entspannung in Verbindung gebracht. Also gebt Ihr Gii die Anweisung, Euch frischen Lavendel zu bringen, und Aeras, die Luft um das Mädchen mit dem Duft des Krauts zu erfüllen.«
»Das klingt sinnvoll«, meinte
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