Mythor - 024 - Zweikampf der Zauberer
werden.«
Thonensen sah zu Graf Corian hinüber. Der Herr von Burg Anbur rutschte auf seinem Platz hin und her. Thonensen wusste, dass Corian ihm mehr glaubte als dem Erzmagier, aber die Anordnungen des L'umeyn banden den Grafen an Vassander.
»Unsinn!« wehrte Vassander ab. »Niemals wird mir ein solcher Rechenfehler unterlaufen.«
Thonensens Stimme wurde schärfer. »Es war kein Fehler, Vassander.«
Der Erzmagier richtete sich auf. »Was soll das heißen?«
In die beklemmende Stille hinein fielen Thonensens Worte wie Schwertschläge: »Es war kein Fehler, dass du diesen Tag errechnet hast, Vassander. Es war Vorbedacht!«
»Willst du mir Verrat vorwerfen?«
»Das will ich, Freund und Helfer des Dämonenpriesters Drudin!«
Vassander stand erstarrt. »Genugtuung!« schrie er dann. »Ich fordere Genugtuung für diese ungeheuerliche Schmach! Noch niemals in meinem Leben bin ich so beleidigt worden. Ich fordere dich hiermit zum Duell der Magier!«
»Wir wollen keinen Streit, Vassander«, ließ sich Graf Corian vernehmen.
Vassander richtete sich wieder hoch auf. »Ich habe diesen Streit nicht begonnen«, sagte er hoheitsvoll. »Ich habe diesem Manne Fehler und Irrtümer vorgeworfen, nicht mehr. Er aber verleumdet mich! Darf ich dafür nicht Genugtuung verlangen? Muss ich dem L'umeyn berichten, dass sein Berater auf Burg Anbur aufs übelste beschimpft und verleumdet worden ist und nicht einmal Gelegenheit bekommen hat, sich für diese Schmach zu rächen?«
»Ich nehme die Herausforderung an«, sagte Thonensen.
»Es sei«, sagte Graf Corian mit einem Seufzer. »Und nun, meine Freunde, wollen wir uns einem anderen Thema widmen.«
»Was heißt das?« fragte Mythor in Thonensens Ohr. »Wird nicht mehr über den Feldzug gesprochen?«
Der Sterndeuter lehnte sich schwer gegen Mythors Schulter. »Vorbei«, murmelte er. »Du bist gerade zurechtgekommen, meine Niederlage miterleben zu können. Der Feldzug ist beschlossene Sache. Alle haben Vassanders Plan zugestimmt.«
Mythor murmelte eine Verwünschung.
»Die Nachricht von Herzog Krudes Rückkehr hat alle umgestimmt, die noch Vorbehalte hatten. Sogar Jamis von Dhuannin ist auf Vassanders Linie eingeschwenkt. Ich habe versucht, was ich konnte. Du hast das Ergebnis gesehen.«
»Nur Mut«, versuchte Mythor den Sterndeuter zu beruhigen .
Thonensen lächelte wehmütig und schüttelte den Kopf. »Ich bin zu alt, zu müde für so ein Duell, und ein Mann, der mit Drudin im Bunde steht, ist von einem alten Sterndeuter nicht zu bezwingen.«
»Das bleibt abzuwarten«, murmelte Mythor.
»Ich habe die Ehre«, sagte Graf Corian in diesem Augenblick, »der Versammlung kundzutun, dass unser Bündnis einen neuen kräftigen Pfeiler des Vertrauens und der Zusammenarbeit bekommen hat. Künftig werden die größten und stärksten Grafschaften des Landes durch Bande des Blutes und der Verwandtschaft miteinander verbunden sein.«
Aus der Menge der Versammelten kamen zustimmende Rufe.
»Ich habe dem Grafen Codgin de Poly Nerchond die Hand meiner Tochter versprochen«, verkündete Corian mit lauter Stimme. »Der Tag des bindenden Verlöbnisses ist dieser Tag.«
Graf Codgin erhob sich mühsam von seinem Sessel und hinkte auf Corian zu. Er hatte sich verschönt für diesen Tag, seine eingefallenen Wangen besonders kräftig geweißt, mit leuchtendem Rot nicht gespart, die Augen waren kunstvoll untermalt. Er hatte seine besten Gewänder angezogen, brokatene Stoffe, die schwer über den staubigen Boden des Saales schleiften, als er nun auf Corian zuging, um das Verlöbnis mit Handschlag zu besiegeln.
Mythor schloss unwillkürlich die Augen, als sich die beiden Grafen die Hände reichten. Die Vorstellung, ein blühendes junges Weib diesem verwitterten Lüstling zukommen zu lassen, erregte Übelkeit. Im Hintergrund grinsten die Söhne des Grafen.
»Du darfst nicht zu früh verzagen«, sagte Mythor leise. »Wir haben in Vassanders Turmstube allerlei gefunden.«
»Was hilft das noch in diesem Augenblick«, seufzte Thonensen. »Sieh, wie sie sich freuen. Mit glänzenden Augen stürzen sie den Wein hinunter, jeder von ihnen erfüllt von der Zuversicht einer großen und erfolgreichen Heerfahrt. Hier ist nichts mehr zu retten, und ich werde Vassander nicht bezwingen können.«
»Heil Graf Codgin!« rief die Versammlung. Der Graf stand neben dem Herrn von Burg Anbur und schüttelte ihm die Hand. Seltsam nahm sich die weiche, schlaffe Hand des Grafen Codgin in der kriegsgewohnten Pranke des
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