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Mythor - 068 - Traumland der Ambe

Mythor - 068 - Traumland der Ambe

Titel: Mythor - 068 - Traumland der Ambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vlcek Ernst
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und daß es gesund zur Welt kommen würde.
    »Es wird am Blindtag, der das alte Jahr verabschiedet und das neue ankündigt, zur Welt kommen. Und es wird ein Mädchen sein«, versicherte Larma.
    Und so war es. In den folgenden Tagen löste Burg Tarlik ein Fest das andere ab, und obwohl meine Mutter ihrer Hexe strengstes Stillschweigen auferlegt hatte, sprach es sich bald herum, daß ich einem Traum Fronjas entsprungen sei. Hirele schalt ihre vorlaute Hexe zwar, aber sie war viel zu glücklich, als daß sie ihr eine strenge Zurechtweisung erteilen konnte.
    Auf Burg Tarlik kehrte die Fröhlichkeit zurück, in den Gärten erblühten die Winterblumen, die Dienerinnen durften wieder bunte Kleider tragen, und Hirele ließ sich sogar wieder männliche Sklaven kommen, die für Kurzweil und Erledigung der Schwerarbeit zu sorgen hatten. Sie holte Feuerschlucker von den Vulkaninseln der Dämmerzone, Barbaren aus dem Land der Wilden Männer für die Arena, Köche aus den Schlemmerlanden der Zonda und sogar zwei Aasen, die für Zauberkunststücke zu sorgen hatten. Von ganz Naudron kamen die adeligen Frauen, um Hirele ihre Aufwartung zu machen und mich zu schauen, die ich einem Traum von Fronja entsprungen sein sollte. Und selbst von anderen Inseln, von Almariba und Taufion im Süden und von Taskand und Veloro im Norden kamen sie, um Hirele zu beglückwünschen. Einmal, so sagte es mir ein später Traum, erschien sogar Prysca von Ascilaia, wo sie die Hexenschule leitete, mit einer Horde ihrer Zauberschülerinnen, die sich wie Besessene aufführten – aber meine Mutter lachte dazu. Sie war wieder voll der Lebensfreude.
    Eines Tages tauchte vor der Küste die Schwimmende Stadt Hanquon auf, und obwohl Larma meine Mutter vor den Hanquonerinnen warnte, lud Hirele sie als Gäste auf ihre Burg.
    In meinen Träumen sehe ich diese Weiber als wilde Gesellinnen, die mit Schwertklinge und Faust ihre Pfade freikämpften und sich gewaltsam alles nahmen, was sie haben wollten. So dankten sie auch Hirele ihre Gastfreundschaft schlecht.
    Zuerst schienen die Plünderweiber überrascht, daß jemand sie freiwillig in seinen Herrschaftssitz einlud, und so benahmen sie sich anfangs einigermaßen gesittet. Als sie jedoch immer rüder wurden und ihre wahre Natur durchbrach, wollten sie sich nicht in die Schranken weisen lassen und führten sich wie die Herrinnen auf Burg Tarlik auf.
    Eine Szene habe ich ganz deutlich geträumt, und sie verfolgte mich meine ganze Kindheit hindurch. Die Weiber, vier Dutzend an der Zahl, hatten den Festsaal in Besitz genommen und alle anderen Frauen kurzerhand hinausgeworfen. Sie drangsalierten die Dienerinnen, spielten den männlichen Sklaven übel mit, zertrümmerten die Einrichtungen und führten sich auch sonst wie die Wilden auf.
    Hirele sah diesem Treiben lange zu, bevor sie sich entschloß, den Hanquonerinnen Einhalt zu gebieten. Sie nahm mich in die Arme und schritt die breite Treppe hinunter, um mich ihren Gästen zu zeigen, in der Hoffnung, sie zur Ordnung rufen zu können. Larma warnte sie, doch sagte Hirele: »In jeder Frau steckt eine Mutter. Auch die Hanquonerinnen sind Frauen.«
    Und so setzte sie ihren Willen durch und zeigte mich stolz den Plünderweibern. Deren Anführerin, eine verlebte Frau mit schlaffen Brüsten, die selbst zu schwach war zum Kämpfen, aber von fünf Leibwächterinnen beschützt wurde, rief höhnisch:
    »Was für ein liebliches Kindlein. Du willst es mir zum Geschenk machen? Ich nehme es gerne mit auf die Schwimmende Stadt und gelobe, ihm eine gute Wahlmutter zu sein.«
    Da erst erkannte meine Mutter, was für verderbte Frauen das waren, und sie versuchte, mit mir zu fliehen. Doch die Plünderweiber stellten sie, und als sie mich mit ihrem Körper zu schützen versuchte, da wurde sie von etlichen Klingen durchbohrt. Aber mich hielt sie selbst im Tode noch fest. Larma schaltete sich ein und jagte die Hanquonerinnen mit ihren Zauberkräften zurück. Meine Mutter konnte sie freilich nicht mehr ins Leben zurückrufen. Aber sie hielt die Weiber solange auf Abstand, bis Verstärkung aus dem nächsten Amazonenfort eintraf und die Burg von dem Gesindel säuberte. Keines der Plünderweiber erreichte Hanquon lebend, und die Schwimmende Stadt fuhr ohne sie ab. Ich weiß, daß sich die Hanquonerinnen seit der letzten Blütezeit der Lumenia geändert haben und längst nicht mehr so sind, wie ich sie geschildert habe. Aber ihre Läuterung hat meine Mutter nicht wieder lebendig gemacht, und kein

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