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Mythor - 119 - Das sterbende Land

Mythor - 119 - Das sterbende Land

Titel: Mythor - 119 - Das sterbende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Paul
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handelte.
    Ein anderes Gerücht kam auf, das besagte, daß diese oder jene Frau im geheimen immer noch kalenderte. Als aber Tombul über drei Beschuldigte ein fürchterliches Strafgericht hielt, verstummten diese Gerüchte. Entweder waren die geheimen Kalendarinnen vorsichtiger geworden, oder aber sie hielten sich fortan an die Gebote.
    Proscul schätzte Jercel auf vierzig Jahre, Ejoba mochte um fünf weniger zählen, Tombul aber war um gut zehn Jahre älter.
    Das alles ging Proscul durch den Kopf, während Yirzahoo dem fernen Ziel Heluma zustrebte und sich sein Zustand nur langsam besserte.
*
    Eines Tages suchte Tombul Proscul an seinem Krankenlager auf. In seiner Begleitung befand sich der Yarl-Führer Horgum. Der Schamane verscheuchte Ejoba, die sich auf Prosculs Lager setzen und seine Hände halten wollte. Beim Hinausgehen zischte sie Tombul zu:
    »Wehe, du fügst meinem Schützling ein Leid zu!«
    Als sie allein waren, sagte Tombul:
    »Komm mit mir zurück zu Hoomassa, Proscul. Du hast noch viel zu lernen, und ich spüre, daß meine Zeit bald kommen wird. Zuvor aber möchte ich noch einmal das Licht von Heluma sehen. Ich bin uralt und brauche einen starken Geist an meiner Seite.«
    Hoomassa war der Name des Yarls, auf dem Tombul lebte, Horgum der Treiber dieses Yarls.
    »Wir sind eine verschworene Gemeinschaft, Proscul, und stehen zu Tombul«, sagte Horgum. »Jercel ist ein Schwächling, der sich von seinem Weib unterdrücken läßt. Er hat Angst vor der Lichtwelt. Wenn uns einer nach Heluma führen kann, dann Tombul. Aber er braucht deine Unterstützung. Als Weißling kannst du auch jene überzeugen und für uns gewinnen, die jetzt noch zaudern.«
    »Ich bin schwach und krank«, sagte Proscul.
    »Damit werde ich dich rasch heilen können«, sagte Tombul und holte den Zauberkristall hervor, den ihm Proscul aus der Krone eines flammenden Baumes beschafft hatte. »Dieser Kristall gibt mir die Macht, Rohnos Willen durchzusetzen. Aber Jercel widersetzt sich mir, und er hat noch viele Anhänger. Wir brauchen dich, Proscul, um die Wankelmütigen zu überzeugen, daß Jercel den falschen Weg beschreitet. Ohne ihn wären wir längst schon in Heluma.«
    »Jercel war gut zu mir«, sagte Proscul. »Ich glaube auch, daß er den Rohnen ein guter Führer ist. Es wäre gemeiner Verrat, würde ich mich jetzt von ihm abwenden.«
    »Wer spricht von Verrat«, sagte Tombul. »Du sollst ihn und seine Anhänger nur davon überzeugen, daß die Zukunft der Rohnen im Lichten Land Heluma liegt.«
    »Das werde ich gerne tun, weil es auch meine Überzeugung ist«, sagte Proscul. »Aber was ist, wenn Jercel sich nicht umstimmen läßt?«
    »Er muß zur Einsicht kommen, will er nicht, daß Goolux’ Zorn über Yirzahoo kommt«, sagte Tombul eindringlich. »Will er nicht Vernunft annehmen, dann soll er ganz allein die Folgen tragen und nicht den ganzen Stamm ins Verderben führen. Kommst du nun mit mir zu Hoomassa?«
    »Ich bin zu müde«, sagte Proscul. »Laß mich allein, damit ich mir alles in Ruhe überlegen kann.«
    »Wir kommen wieder«, versprach Tombul.
    Als der Schamane und der Yarl-Führer gegangen waren, erschien Jercel an Prosculs Lager.
    »Hat der Schamane versucht, deinen Geist mit seinen Ideen zu vergiften?« fragte er.
    »Er hat behauptet, daß du dich weigerst, Yirzahoo in die Lichtwelt zu führen«, antwortete Proscul.
    »Das ist nur zum Teil wahr«, erwiderte Jercel. »Ich muß an die Worte des Trolls Vesperal denken, der sagte, daß Menschen der Düsterzone nicht nach dem Licht streben sollen. Und ich erinnere mich nur zu gut daran, wie sehr wir Rohnen unter dem Schein der brennenden Bäume von Nowow litten. Aber Tombul geht es gar nicht darum. Er will an die Macht, und sonst nichts. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ihm jedes Mittel recht.«
*
    Proscul hatte, wie jeder Rohne, ganz bestimmte Vorstellungen von so unvorstellbaren Dingen wie Tag und Nacht und Sonne und Mond. In der Düsterzone gab es nur Dämmerung und Dunkelheit, wobei die beiden einander jedoch nicht in so regelmäßigen Abständen ablösten, daß man sie als Maß für die Zeit nehmen konnte.
    Für Sonne und Mond gab es überhaupt keinen Ersatz. So war die Sonne für Proscul etwas so Wärmendes, Behütendes und Lebenspendendes wie eine Mutter. Oder wie Ejoba während der Zeit seines Leidens, denn eine Mutter hatte er nie gekannt. Sie starb, während ein Licht über ihn, das Neugeborene, kam und sein Haar bleichte; darum war er ein Weißling, so sagte

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