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Mythor - 119 - Das sterbende Land

Mythor - 119 - Das sterbende Land

Titel: Mythor - 119 - Das sterbende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Paul
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dem Feuerbüschel und etlichen Zutaten einen Trank. Endlich reichte er Proscul die Schale.
    »Da, nimm«, forderte der Schamane seinen Schüler auf. »Trinke die Kraft der flammenden Bäume. Leere die Schale bis zur Neige.«
    Tombul redete mit salbungsvollen Worten weiter, während Proscul den brennenden Inhalt der Schale trank. Der Sud war bitter und ekelerregend, und er durchraste seinen Körper wie Feuer.
    »Und jetzt ruhe aus. Schlafe, schlafe…«
    Proscul bäumte sich auf, als ein furchtbarer Schmerz in seinem Leib wühlte. Tombul sah ihm ungerührt zu und sagte wie zum Hohn:
    »Was dich nicht tötet, das macht dich stark. Und bist du nicht stark genug für diese Prüfung, dann mußt du sterben, Weißling.«
    Das waren die letzten Worte, die Proscul bei vollem Bewußtsein wahrnahm. Was folgte, war eine lange Reise durch Nacht und Dämmerung, durch Schmerz und Verzweiflung.
    Er merkte es längst nicht mehr, wie Jercel in die Hütte des Schamanen kam und berichtete:
    »Die flammenden Bäume sind erloschen, und die Ruhe ist zurückgekehrt. In die Yarls kommt wieder Leben, so daß wir weiterziehen können. Fünf von ihnen sind jedoch zu schwach, wir müssen sie zurücklassen. Ebenso wie die sterblichen Hüllen etlicher unserer Stammesangehörigen. Es hat sich nicht gelohnt, den Garten Nowow aufzusuchen… Was ist mit Proscul?«
    »Er ist Goolux näher als irgendeiner von uns«, sagte Tombul ohne seinen Schüler eines Blickes zu würdigen.
    Daraufhin nahm Jercel den Weißling auf und brachte ihn zu sich. Seinem Weib Ejoba trug er auf:
    »Sorge für Proscul und pflege ihn gesund. Er darf nicht sterben, denn auf ihm ruhen die Hoffnungen der Rohnen. Er muß eines Tages die Stelle von Tombul einnehmen.«

2.
    Proscul erfuhr in den seltenen lichten Momenten, daß Yirzahoo immer noch durch die Düsterzone wanderte. Niemand vermochte genau zu sagen, wie lange es her war, seit man den Garten Nowow verlassen hatte. Denn seit Tombul die Kalendarinnen abgesetzt und das Monatshaus geschlossen hatte, kannten die Rohnen kein Zeitmaß mehr. Und den Frauen war es bei Strafe untersagt worden, insgeheim zu kalendern.
    Denn Tombul hatte beschlossen, daß man Tage und Monde erst wieder zählte, wenn man die Lichtwelt erreicht hatte.
    Proscul war nur noch Haut und Knochen. Als er zum erstenmal erfaßte, daß Jercels Weib Ejoba ihn betreute, wäre er vor Schreck fast gestorben. Denn man munkelte in Yirzahoo viel Böses über diese Frau, und Proscul machte es angst, daß er ihr ausgeliefert war. Aber allmählich erkannte er, daß sie gut für ihn sorgte.
    Sie saß oft lange an seinem Lager, kühlte seine heiße Stirn mit Yarlmilch und flößte ihm breiige Nahrung ein.
    Auch Jercel verbrachte viel Zeit bei ihm, Tombul ließ sich dagegen kein einziges Mal blicken. Proscul erfuhr auch bald den Grund dafür. Als er so weit bei Kräften war, daß er sprechen konnte und sich nach dem Verbleib des Schamanen erkundigte, sagte Jercel:
    »Ich habe Tombul verboten, dich zu besuchen. Ich habe die berechtigte Befürchtung, daß er dich töten würde. Er hat es schon einmal versucht, damals, im Garten Nowow, als du ihm den Zauberkristall brachtest.«
    Proscul brachte mühsam hervor:
    »Das… könnte Tombul nie tun… mich, seinen Schüler…«
    Jercel drückte ihn sanft aufs Lager zurück.
    »Beruhige dich wieder, Proscul«, redete er ihm zu. »Ich will keine bösen Reden wider Tombul führen. Aber seit dem Aufenthalt in Nowow hat er sich sehr gewandelt. Die Macht jenes Zauberkristalls, den du ihm brachtest, ist ihm in den Kopf gestiegen. Er glaubt, allein über Yirzahoo herrschen zu können.«
    »Jetzt ist es genug«, schaltete sich Ejoba ein. »Es ist niederträchtig von dir, Proscul Schuldgefühle aufschwatzen zu wollen.«
    »Aber das ist nicht meine Absicht«, verteidigte sich Jercel.
    »Verschwinde jetzt!«
    Jercel war das Oberhaupt der Rohnen, aber in ihrer Hütte galt Ejobas Wort. Er ging und überließ ihr das Feld.
    Die Müdigkeit übermannte Proscul wieder, das Sprechen hatte ihn zu sehr angestrengt. Im Halbschlaf merkte er, wie Ejoba ihn pflegte, und er spürte, daß sie es mit aller Hingabe tat, der sie fähig war.
    »Mir war es nie vergönnt, selbst Kinder zu bekommen«, hörte er das fette Weib mit sanfter Stimme sagen. »Ich habe mich ins Kalendern geflüchtet, weil ich glaubte, dadurch die Götter beeinflussen zu können. Doch letztlich nahmen sie mir selbst diese Gabe, so daß ich nicht einmal mehr Frau war. Darum, Proscul, liebe ich

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