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Mythor - 135 - Die Unberührbaren

Mythor - 135 - Die Unberührbaren

Titel: Mythor - 135 - Die Unberührbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terrid Peter
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Augenhöhlen, leer und unheilverkündend, Krallen und Zähne, die drohten, Glieder, die zum Sprung gesammelt schienen… hier war unzweifelhaft Magie am Werk gewesen.
    Und Necron war kaltdenkend genug, sofort eine Frage anzuschließen: Wozu diente dieser gespenstische Mummenschwanz? Wer sollte durch die Furchtbilder in die Flucht geschlagen werden? Wovon wollte man – wer? – die Besucher abhalten?
    »Ein gemütlicher Winkel«, stellte Necron fest.
    Kutazin grinste.
    »Toll, nicht wahr?« sagte er, stolz, als habe er selbst die Ausschmückung dieses Landstrichs in Szene gesetzt. »Hierher traut sich nur, wer keine Furcht hat.«
    »Oder zuviel«, bemerkte Necron.
    Der Horizont war klar. Von den Galeeren war nichts mehr zu sehen, sie hatten offenbar die Heimreise angetreten. Der Viermaster war nicht mehr als solcher erkennbar, das Kapitel Großer Wolf war abgeschlossen, die gefahrvolle Reise zur See war beendet.
    Das nächste Kapitel würde höchstwahrscheinlich nicht ersprießlicher ausfallen als die vorangegangenen. In diesem Teil der Bitterwolf-Insel konnten Necron und seine Gefährten nicht bleiben – hier mußten sie unweigerlich verhungern.
    Necron lächelte spöttisch.
    Seit er Nykerien wiedergesehen hatte, die Wüste aus Dschungel und zu Stein erstarrtem Leben, entwickelte Necron mitunter Anflüge eines menschen- und götterverachtenden Hohns.
    »Beinahe ertrunken, beinahe verdurstet, beinahe erschlagen, dann beinahe verbrannt und abermals ums Haar ertrunken – was kommt nun, Mächte des blinden Geschicks? Hunger? Hagelschlag?«
    Kutazin machte eine Geste der Beschwörung.
    »Sage so etwas niemals laut«, stieß er leise hervor. »Wenn dich jemand hört…?«
    »Pah«, machte Necron, begleitet von einer wegwerfenden Handbewegung. »Jetzt ist die Reihe an dir – wohin kannst oder willst du uns führen?«
    »Es wird sich weisen«, antwortete Kutazin. »Erst muß ich erkunden, an welchem Teil des Strandes wir herausgekommen sind. Und wenn wir jemanden von Gewicht und Bedeutung treffen wollen, dann müssen wir uns nordwärts wenden, dann nach Osten – so werden wir Onta-Hokap erreichen. Spätestens dort werden wir alles haben können, was wir brauchen.«
    »Erfreuliche Aussichten«, bemerkte Necron.
    Es war offenkundig – die Männer mußten so schnell wie möglich aus dieser Steineinöde hinaus, in der es nicht genügend Wasser gab, einen Mann zu ertränken, nicht genug Erde, ihn zu begraben, nicht genug Holz, ihn zu verbrennen – dafür aber mehr als genug Gefahren, sein Leben schnellstens zu endigen.
    »Du wirst uns führen«, entschied Necron.
*
    Der Marsch war beschwerlich. Das Gestein wirkte teilweise glasig, war von Blasen durchsetzt, die, aufgeschürft, messerscharfe Bruchkanten aufwiesen. So scharf war das Gestein, daß es die Schuhe in Streifen schnitt. Man mußte höllisch aufpassen, wohin man trat. Die Witterung hatte noch nicht lange genug ihr zerstörerisches Werk getan, um von dem steinernen Wirrwarr das Brüchige vom Festen zu scheiden. Überall konnte man einbrechen, sich das Fleisch vom Knochen schaben, Glieder brechen oder in irgendwelche Klüfte hinabstürzen.
    Seltsame Gerüche wehten über das schreckliche Land. Aus Spalten und Schrunden stiegen fahle Rauchfahnen auf. Schwefelgeruch trugen sie über das karge Gelände, andere dufteten geheimnisvoll. Blasenwerfend brodelte Morast in trüben Tümpeln, an anderer Stelle schossen zehnfach mannshohe Wasserfontänen siedend heiß aus dem Boden.
    Wenig später öffnete sich ein wahres Märchenland – ein Bergabhang, köstlich gegliedert in Dutzende weiträumiger Terrassen aus weißem Gestein, knietief, gefüllt mit blau-schimmerndem, licht dampfenden Wasser. Überall plätscherte es wohlklingend, wehten weiße Dämpfe über die natürlichen Becken.
    Necron gönnte seinen Männern die Rast.
    Viele der Piraten hatten seit Wochen nichts anderes zu sehen bekommen als eine brackige Brühe, die Trinkwasser genannt wurde, und die Schrecken eines jederzeit entfesselbaren stürmischen Meeres. Jetzt hatten die Müden Gelegenheit, die ermatteten Glieder in warmen Wässern zu baden, und sie machten ausgiebig Gebrauch davon.
    Hätte im Hintergrund nicht immer Gefahr gelauert – Necron hätte sich an dem Schauspiel ergötzen mögen. Männer, denen das Blut so leicht vom Schwert geflossen war wie das Bier durch die Kehlen, planschten in dem warmen Wasser in einer Art und Weise umher, daß nur Bärte, Körpergröße und andere körperliche Merkmale

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