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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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Leider gelingt es mir nämlich einfach nicht, mich mit ganzem Herzen auf die Sache mit diesen Huris einzulassen.“
    Er seufzte. „Mann, Sie betrachten die Sache von der verkehrten Seite her. Leben ist möglich, das ist durch die Existenz von Leben bewiesen. Aber mehr beweist das Leben nicht. Wären die Bedingungen anders, gäbe es uns nicht. Vielleicht gäbe es Leben, aber vielleicht völlig anders.“
    „Warum ist alles so verlaufen, dass wir entstanden sind?“, hakte Tanriverdi nach.
    „Wir haben das Glück oder …“ Pérez warf erneut einen Blick zu den Toten hinüber, „oder das Pech, Lebewesen auf diesem seltenen Exemplar von Planeten zu sein, und finden das zu unwahrscheinlich, als dass es Zufall sein kann. Vielleicht geht es anderen Lebewesen auf anderen Planeten in anderen Galaxien gerade genauso.“
    „Nein“, antwortete Tanriverdi. „Es ist so, weil Allah es so eingerichtet hat.“
    „Allah?“ Pérez rutschte mit dem Messer ab und hätte sich fast die Klinge in den Finger gerammt. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    „Wenn es diesen Gott gibt und er Jahrmillionen Zeit hatte, um die Welt zu erschaffen, wieso ist dann nichts Besseres dabei herausgekommen als eine Erde, auf der die Dinosaurier komplett ausgestorben sind und die Krone der Schöpfung ihresgleichen massakriert, während alle zusammen den Klimawandel anfeuern?“
    Pérez steckte den Fingeu dte den r in ein Loch, das er mit seinem Messer freigelegt hatte, und zog an einem der Steine. Nichts. „Verflucht“, stieß er aus.
    Er wandte sich wieder an Tanriverdi. „Also, das halte ich für sehr unwahrscheinlich.“
    Tanriverdi griff sich an die Stirn. „Sie beharren also tatsächlich auf diesem Irrsinn? Wie kann der Zufall so perfekte Organismen entstehen lassen wie die Tiere und die Menschen? So komplizierte Gebilde wie diese Ökosysteme?“
    Er breitete die Arme aus. „Schon die kleinsten Insekten, schon Einzeller sind unglaublich komplex, aber perfekt. Das soll alles nur zufällig entstanden sein? Dann sind Sie blind. Der Mensch ist kein bedeutungsloses Nebenprodukt der Evolution.“
    Ein leichter Windhauch zog durch die Halle. Der Geruch der Verwesung wurde etwas stärker. Pérez blinzelte hustend. Hätten sie doch nur etwas zum Trinken.
    „Ihrer Meinung nach hat also der Zufall zu Anpassungen an die Umwelt geführt“, sagte Tanriverdi. „Vielleicht könnte man sich ja vorstellen, dass hier und dort zufällig etwas entstanden ist, das uns wie Ordnung erscheint. Aber verstößt das nicht gegen den zweiten thermodynamischen Hauptsatz? Ist es nicht so, dass in einem geschlossenen System die Unordnung zunimmt oder, wie die Physiker sagen, die Entropie? Das bedeutet, um Ordnung aufrechtzuhalten, braucht das Universum einen Schöpfer.“
    Zufrieden mit seiner Erklärung lehnte Tanriverdi sich kurz zurück.
    „Das System, von dem Sie hier sprechen, ist die Erde, nicht das Universum“, antwortete Pérez. „Und die Erde ist kein geschlossenes System, sondern wird ständig von der Sonne mit Energie versorgt. Das ist eine Voraussetzung, die die Entstehung von Ordnung ermöglicht.“ Er schaute den Kreationisten spöttisch an.
    Tanriverdi lachte. „Machen Sie doch endlich die Augen auf. Sogar die Geißel des kleinen Geißeltierchens ist ein Beweis für die Größe Allahs! Denn ein so kompliziertes Gebilde kann nicht zufällig entstanden sein. Und …“
    Dreck flog Pérez ins Gesicht, als er erneut mit der Klinge abrutschte. Er rieb sich die Augen.
    „Ich bin froh, dass Sie ausgerechnet dieses Beispiel nehmen“, stieß er aus. „Der Klassiker bei amerikanischen Kreationisten und Anhängern des Intelligent Design. Deshalb haben wir es im Studium durchgenommen. Inzwischen gibt es gute Modelle, wie die Geißel entstanden sein dürfte.“
    „Modelle?“, fragte Tanriverdi höhnisch nach.
    „Hören Sie“, sagte Pérez, „ich verfolge diesen ID-Quatsch nicht so intensiv. Aber dieses Beispiel ist widerlegt.“ Langsam taten ihm die Finger weh. Er legte das Messer zur Seite und massierte sich die Hände.
    „Sie behaupten ständig, die Perfektion in der Natur wäre ein Beweis für einen Schöpfer. Unsere Organe sind doch nicht perfekt. Was ist mit dem blinden Fleck im Auge, weil der Sehnerv ausgerechnet im Zentrum dieses Organs andockt? Warum müssen Frauen Kinder durch den engen Beckenknochen hindurch gebären? Solche Dinge lassen sich mit schrittweiser Anpassung erklären.“
    „Aber wo ist Ihre Evolution?“, fragte

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