Mythos
dann, wenn sie gerade nach Hause gekommen war, in ihre Oase der Sicherheit, war sie am anfälligsten für die verlockende Aussicht, die ein Leben mit Brian in Irland ihr bot. Und diesmal … aber man sollte auch nicht hungrig einkaufen gehen.
Sie durfte Brian nicht mehr in dieser vagen Hoffnung lassen, die sie ständig genährt und zugleich ständig enttäuscht hatte. Es war höchste Zeit, sich endgültig zu entscheiden. Sie dachte zurück an ihr Gespräch während des Fluges nach Peru. Sie hatte ihre Entscheidung damals doch schon getroffen. Und jetzt kämpfte sie schon wieder mit sich selbst?
Sie drückte auf die Wiedergabetaste, überspulte Brians Anrufe sowie die einiger Kollegen und Bekannten und lauschte dann dem harten Akzent in der Stimme von Francesco Pérez.
Schockiert hörte sie zu, wie der Peruaner von dem Verlust aller Beweise für die Existenz der Basilisken berichtete.
„Das darf nicht wahr sein“, flüsterte sie ihrem Spiegelbild im Glas des Küchenschrankes zu. „Wenn wir jetzt jemandem davon erzählen wollen, ohne handfeste Belege …“
Sie sprang auf, ging zum Fenster hinüber und schaute auf die Straße. Eine einsame Katze strich durch die Lichtkegel der Straßenlaternen.
Niemand würde ihnen glauben. Nein, das stimmte nicht. Eine ganze Menge Menschen würde ihnen glauben. Leute, die auch an den Yeti, den Chupacabra und das Loch-Ness-Monster glaubten und regelmäßig von Ufos entführt wurden.
Diejenigen, die gar nicht wissen wollten, was die Wahrheit war.
Tiere, die einem Opferkult anhingen … das würde sie selbst nicht glauben, wenn ihr jemand davon erzählte. Sie schob den Stützverband zurecht.
Auf dem Anrufbeantworter verabschiedete sich Pérez mit einem Gruß von Nora Tilly, die ausrichten ließ, sie würde gern erfahren, ob MacLoughlin etwas über Arie van der Merwe in Erfahrung gebracht hatte.
MacLoughlin ließ sich wieder auf das Sofa fallen.
Nun, das hatte sie tatsächlich, wenn auch weniger als gehofft.
Nachdem der Niederländer aus dem Hubschrauber gestürzt war, hatte sie seine Tasche an sich genommen. Später im Krankenhaus in Yurimaguas hatte sie darin einen Zettel mit Telefonnummern entdeckt. Noch vom Hotel in Lima aus war sie dieser Spur nachgegangen.
Die erste Nummer gehörte zu einem Anschluss mit der Vorwahl von Palermo. Ein Anrufbeantworter. Sie hatte Aries Namen hinterlassen und die Telefonnummer ihres eigenen Mobiltelefons. Doch es hatte niemand zurückgerufen.
Als sie eine Nummer mit der Vorwahl 0039 gewählt hatte – einer Vorwahl, die ihr vage bekannt vorkam –, war ihr fast der Hörer aus der Hand gefallen. Sie kannte den Mann, der sich gemeldet hatte. Sotto-Segretario Monsignore Roberto Fagiolo von der Kongregation für Selig- und Heiligsprechungsprozesse im Vatikan. Der Untersekretär hatte sich gewundert über ihren Anruf und war davon ausgegangen, dass MacLoughlin sich im Rahmen der Las-Casas-Untersuchung meldete. Während der Monsignore sie auf den neuesten Stand gebracht hatte – eigentlich gab es keinen –, hatte sie ihre Fassung wieder erlangt. Sie hatte entschieden, erst einmal nicht zu fragen, wieso seine Nummer im Notizbuch eines niederländischen Killers auftauchte.
Nach dem Gespräch war sie im Internet auf den Hinweis gestoßen, dass Roberto Fagiolo in Palermo geboren und aufgewachsen war. Die Verbindung zwischen van der Merwe, Palermo und Fagiolo war zu direkt und zu eindeutig, als dass MacLoughlin zu einem anderen Schluss hätte kommen können: Van der Merwe hatte im Sold der Cosa Nostra gestanden, und auch Fagiolo hatte Verbindungen zur sizilianischen Mafia.
Den Rest hatte sie sich aus dem zusammengereimt, was ihr Tilly im Santa Gema Hospital in Yurimaguas erzählt hatte.
Als Padre Belotti von Tilly s-Ci von Terfahren hatte, dass in den Papieren, die er entdeckt hatte, von einem Schatz die Rede war, hatte der Mönch dies zusammen mit allen anderen Informationen über Bartolomé de Las Casas an den Vatikan weitergegeben. Dort ging alles, was mit Seligsprechungsprozessen zu tun hatte, zuallererst über den Schreibtisch des Untersekretärs der zuständigen Kongregation: Roberto Fagiolo.
Die Untersekretäre in den Kongregationen waren eine Art Filter. Sie gaben alles, was über den Postweg oder sonst hereinkam, an die Sekretäre und Präfekten weiter, nachdem sie es gelesen hatten. Es wäre also kein Problem für Fagiolo gewesen, Belottis Bericht zurückzuhalten, den er offenbar für interessanter gehalten hatte als der Mönch
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