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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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Havanna zwei spanische Schatzflotten getroffen, um gemeinsam in die Heimat zu segeln. Je größer der Konvoi, desto kleiner die Gefahr, dass die Schiffe zur Beute von Piraten wurden: Die Galeones de Tierra Firme mit Gold, Silber, Edelsteinen und andere Schätze aus Peru, Venezuela und Neu-Granada sollten gemeinsam mit den fünf Schiffen der Flota de Nueva España ott Españ segeln, die im mexikanischen Veracruz Schätze geladen hatten. Der Wert der Ladung an Bord der Schiffe insgesamt: 14 Millionen Pesos – mehr als 200 Millionen Dollar!
    Die Flotte hatte Havanna am frühen Morgen des 24. Juli verlassen. Nachdem die Schiffe die Bahamas passiert hatten, war der Sturm gekommen. In den ersten Stunden des 31. Juli hatte der Hurrikan mindestens acht der Schiffe an die Ostküste Floridas getrieben, wo sie auf Grund gelaufen und einige gesunken waren. Mehr als 1000 der etwa 2500 Seeleute und Passagiere des Konvois, darunter viele Frauen und Kinder, waren gestorben. In den folgenden Jahren hatten die Spanier etwa die Hälfte der Ladung aus den gestrandeten und zerbrochenen Schiffen geborgen. Doch am sandigen Boden des Meeres war ein riesiger Schatz zurückgeblieben – ein Schatz, der sich immer wieder durch Münzen in Erinnerung brachte, die nach Stürmen an die Strände von Floridas Treasure Coast gespült wurden.
    Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges versuchten Schatzsucher, die Wracks zu finden und ihre Ladung zu bergen. Auch der Ort, an dem die Galeone Nuestra Señora del Rosario y San Francisco Xavier gesunken war, stand nicht genau fest. Wo lagen das Wrack der Rosario und sein Schatz? Das war die Frage, auf die Nora Tilly in den Dokumenten die Antwort suchte.
    Bislang hatte sie keine Hinweise gefunden. Nun lag ihre Hoffnung auf dem fast unleserlichen Bericht eines Augenzeugen, den ein Schreiber des alten spanischen Handelshauses in Havanna aufgezeichnet hatte. Der Mann war nicht auf der Rosario selbst gesegelt, doch vielleicht hatte er deren Untergang beobachtet.
    Aber jetzt brauchte sie erst einmal einen Kaffee. Sie klappte ihren Laptop zu und stand auf. Der uniformierte Wachmann, der sich ständig im Lesesaal aufhielt, würde dafür sorgen, dass niemand ihren Computer stahl oder die alten Pergamente entfernte.
    Sie ging durch die Tischreihen und wich einer der Assistentinnen aus, die auf einem Rollwagen Boxen mit Dokumenten aus dem Archiv hereinfuhr. An fast allen Arbeitsplätzen beugten sich junge und ältere Menschen über Papiere oder schauten konzentriert auf die Computermonitore bei dem Versuch, im digitalen Verzeichnis des Archivs die richtigen Dokumente zu finden.
    Das hatte sie bereits bis tief in die Nacht von ihrem Apartment aus über das Internet getan. Deshalb war sie so müde.
    Sie lief die Treppe hinunter ins Erdgeschoss und holte Geldbeutel und Sonnenbrille aus ihrem Spind. Dann passierte sie den Metalldetektor und verließ das Gebäude. Draußen legte sich ein Schweißfilm auf ihre Stirn, ein Tropfen lief zwischen ihren Brüsten hinab. Sie löste das Halstuch und fächelte sich Luft zu, während sie die wenigen Meter zum Café Abachaze hinter sich brachte. Die wenigen Bäume in der Santo Tomás spendeten kaum Schatten. Sie war froh, dass die Tische vor dem kleinen Café von großen Schirmen überdacht waren.
    Während sie einen Latte Macchiato trank, betrachtete sie das große, von Palmen eingerahmte Gebäude auf der anderen Straßenseite. Es war das eigentliche Archivo General de Indias. Hier, in der alten ehemaligen Börse von Sevilla, wurden auf Regalen mit einer Gesamtlänge von acht Kilometern 43’000 Dokumente mit etwa 80 Millionen Seiten aufbewahrt, die mit den spanischen Kolonien zu tun hatten. Obwohl die Stadt nicht direkt am Meer lag, sondern über den Río Guadalquivir mit dem Atlantik verbunden war, war sie der Hauptumschlagplatz für den Handel mit den amerikanischen Kolonien gewesen. Das Archiv selbst wurde allerdings nur noch als Museum genutzt. Wer wie Nora Tilly Dokumente untersuchen wollte, musste in die Cilla del Cabildo gegenüber gehen, das ehemalige Museum für zeitgenössische Kunst. Die gesuchten Papiere wurden durch einen unterirdischen Tunnel in den Lesesaal dort gebracht.
    Ihr Glas war leer. Sie bestellte einen Espresso, diesmal ohne Milch, und gab Zucker hinein. Selbst im Schatten war es ie tten waheiß. Sie war froh, dass sie einen Rock und eine leichte Bluse angezogen hatte. Und dass sie sich von ihren langen, blonden Haaren verabschiedet hatte. Sie fuhr sich

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