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N. P.

N. P.

Titel: N. P. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Banana Yoshimoto
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jedenfalls«, sagte sie. »Siehste, du willst doch auch mit mir reden. – Autofahren kann ich, wenn du das meinst! Warte – hier!« Damit holte sie ihren Führerschein aus der Tasche und zeigte ihn mir. »Ich mach dir nichts vor!«
    Daß sie die Wahrheit sagte, war mir schon klar, aber ob man den Fahrkünsten dieser offensichtlich verrückten Person trauen konnte, weniger. Ich ließ mich jedenfalls bis draußen mitziehen, wo ein roter Mazda 323 mit verbeulter Stoßstange parkte.
    Ich zeigte drauf: »Woher kommt denn um Himmelswillen die Delle da?«
    »Och, früher bin ich mal wo gegen gefahren, ist aber schon elend lange her.« Sie lachte und lief auf das Auto zu.
    »So, einsteigen bitte!«
    »Nee, tut mir leid. Nächstes Mal, ja?« sagte ich. Ich brauchte noch etwas Bedenkzeit und mochte es außerdem nicht, von ihr so überrumpelt zu werden. Mit ihren langen Haaren, die süßen Kinderduft verströmten, und den zwischen den struwweligen Ponysträhnen hervorfunkelnden, großen, unschuldig-hilflosen Augen mochte ich sie fast gern. Mir wurde angst und bange.
    »Na gut, aber laß mich dich wenigstens nach Hause bringen.« Sie drehte den Schlüssel um, öffnete die Tür und saß schon hinterm Steuer, als sie mich anlächelte und sagte: »Geh rüber zur anderen Seite!« Mir blieb nichts anderes übrig, als einzusteigen. »Also gut, bis zu der großen Kreuzung da ganz hinten, bitte«, sagte ich und zeigte mit dem Finger in die Richtung.
    Im Wagen herrschte eine Bullenhitze, und durch die Windschutzscheibe war nur die grell-weiß flimmernde Fahrbahn vor uns erkennbar. Auf Häuser und Bäume am Straßenrand konnte man seine Augen gar nicht erst richten. Wir waren beide in Sandalen und kurzer Hose, und die Sonne knallte uns auf die weißen Oberschenkel – einen Moment lang dachte ich, ich läge am Strand.
    »Als würden wir am Strand liegen«, sagte Sui. Mir schlug das Herz bis zum Halse.
    Sie fuhr überraschend gut.
     ›Verrückt ist die nicht!‹ dachte ich mir, sagte aber nichts. Die tut nur so, als ob sie nicht alle Tassen im Schrank hätte. Das sah man an dem kühlen Blick, den sie bekommen hatte, seit sie das Steuer in Händen hielt.
    Ich atmete auf. Die sengende Sonne, die durchs Fenster fiel, und die nicht gerade funktionstüchtige Klimaanlage machten mir nicht mehr so viel zu schaffen, mir wurde leichter ums Herz.
    Man könnte sich direkt noch mal mit ihr treffen, demnächst …
    »Danke. Bis …«, wollte ich mich schon verabschieden, als wir an der Ecke angekommen waren, aber:
    »Uuund los geht’s!« fiel sie mir ins Wort, trat aufs Gas, und meine Kreuzung war in Null Komma nichts hinter uns verschwunden.
    Ich: »He, halt an!« – Sie, ohne den Blick von der Straße abzuwenden: »Nee, was denkst du denn! Wo ich dich endlich erwischt hab!« – Ich, wütend: »Was denkst du dir eigentlich! Halt sofort an!« – Sie schüttelte den Kopf:
    »Nein!«
    Was hieß hier nein?!
    »Das Theater kannst du dir sparen. Mit diesem dramatischen Getue hast du vielleicht bei anderen Erfolg, aber nicht bei mir! Ich hasse so was!« sagte ich, was aber nichts an der rasenden Geschwindigkeit änderte, mit der ich mich von meiner Wohnung entfernte.
    »Ja, wirklich? Sieht man dir gar nicht an.« Boing – das saß. Ich wußte einfach nichts mehr zu sagen. Und wartete auf ihren nächsten Schachzug. Eine ganze Weile herrschte Schweigen, aber sie schaffte es, ihre Sache knallhart durchzuziehen.
    »Ich wollte doch bloß mit dir reden! Ich habe so lange darauf gewartet, dich endlich treffen zu können. Ist doch nichts dabei, ein bißchen zu quatschen. War vielleicht ’n schlechter Scherz eben, aber ein Verbrechen hab ich auch nicht begangen, oder?«
    »Du mußt mir schon ein kleines bißchen mehr liefern!« lachte ich.
    »Ach, ich bin in vielem so verunsichert zur Zeit, und da wollt ich einfach mit jemandem sprechen, von dem ich annehme, daß er mich versteht.« Sie lächelte. Endlich war rübergekommen, daß sie genauso gespannt war, mich zu treffen, wie ich sie. Daran entscheidet sich für mich letztlich immer, ob ich mit jemandem reden und Zeit verbringen kann. Um so mehr in einem Fall wie diesem, wo der erste Eindruck schlecht war. Ich bekam endlich das Gefühl, daß es in Ordnung war, mit ihr mitzugehen.
    Ich nickte zufrieden. »Sag das doch gleich! Jetzt versteh ich dich – ein bißchen jedenfalls.«
    Für eine Weile hing ich wieder schweigend meinen Gedanken nach. Auf dem Schreibtisch die Blätter mit meinen Aufzeichnungen, das

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