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N. P.

N. P.

Titel: N. P. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Banana Yoshimoto
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verkündete ich. Nicht, daß ich davon überzeugt gewesen wäre.
    Schweigen. Prasselnder Regen.
    Es heulte und stürmte die Windsbraut.
    Ich schaute aus dem Fenster und lauschte still. Plötzlich sagte er: »Übrigens bin ich froh, wieder in Japan zu sein.«
    Ich hatte gedacht, er sei eingeschlafen, deshalb schrak ich zusammen. »Wie kommst du jetzt darauf?« Ich drehte mich um. Er sah zu mir herüber. Sein Blick war wieder klar, und müde wirkte er kein bißchen mehr. »Schon wegen der Kirschblüten«, antwortete er.
    Vor allem jetzt, mitten im Sommer! Ist er so zu? – Als Antwort bekam er jedoch meine ungeteilte Zustimmung.
    Er sah aus dem Fenster.
    »Im ersten Frühling, den ich hier erlebt habe, hat es nur geregnet. Ich hab kein gutes Haar an Japan gelassen. Trübsal pur. Nur einmal, an so einem Regentag, hab ich vom Taxi aus Kirschblüten gesehen. Ich war begeistert. Der Himmel war wolkenverhangen und das Fenster wie jetzt derart mit Regentropfen übersät, daß man kaum die andere Straßenseite sehen konnte. Und da war dieser grüne Drahtzaun entlang der Bahnlinie, und dahinter schließlich rosa Kirschblüten, ein ganzes Meer. – Das Mysterium Japans, des Landes, wo im Frühling wie besessen die Kirschen blühn. Und ich bemerkte es zum ersten Mal durch diesen doppelten Filter.«
    »Eine wunderschöne Geschichte!«
    »Richtig heimisch fühl ich mich hier immer noch nicht, aber als ich in Boston war, wollte ich nach Japan zurück.«
    »Hm-hm.« Wirres Herz, in Gefahr, erdrückt zu werden. Pechschwarzes nasses Haar mit abstehenden braunen Löckchen. Hund oder Prinz? – Der Junge hinter Sh ō jis Aufzeichnungen.
    Er schlief ein und schnarchte furchterregend. Im Duett mit dem Prasseln des Regens nahezu ohrenbetäubend. Aber ich empfand diesen Lärm als so still, daß es mir einen Stich ins Herz gab. Ich deckte ihn zu.
     
    Es dämmerte schon. Zum Umfallen müde legte ich mich ebenfalls hin und war eingeschlafen, als ich plötzlich wachgerüttelt wurde: »Entschuldige und vielen Dank nochmal für alles!«
    »… schon gut«, brachte ich verschlafen heraus. »Keine Ursache.«
    Ich schlug die Augen auf und blickte in sein weißes, lachendes Gesicht im Dämmerlicht.
    »Ich war unmöglich, ich weiß. Tut mir leid. Also, bis dann.«
    Wie im Traum sah ich von meinem Bett aus seine vom schweren Kopf gebeugte Gestalt von dannen ziehn. Die Tür fiel ins Schloß. Ich muß abschließen, schoß mir durch den Kopf, doch ich war einfach zu müde, um aufzustehen. Verrückter Kerl, dachte ich und schloß die Augen.

 
     
     
    D erRegen hörte auf, und endlich wurde es richtig Sommer. Plötzlich waren sie da, die heißen, strahlenden Tage. Kein Tröpfchen fiel mehr vom Himmel, und Otohikos Besuch kam mir weit weg vor, wie ein Traum.
    Sein Auftritt und Abgang hatten ja auch durchaus traumhaften Charakter gehabt.
    Die Kopie war noch nicht gemacht worden. Auch Saki hatte ich nichts erzählt. Die Tage verstrichen ohne besondere Vorkommnisse.
     
    An dem bewußten Nachmittag war ich bester Laune. Ich hatte frei, bis mittags geschlafen und dann gewaschen. Als die Sachen auf der Leine hingen, genehmigte ich mir auf dem Balkon noch ein Mittagsschläfchen. Dann verließ ich in Sommerlauneklamotten, das heißt kurzer Hose, knallpinkem T-Shirt und Sandalen ohne Strümpfe, das Haus, um Geld abzuheben. Nur im Sommer kann man sich so vor die Tür wagen – eine göttliche Jahreszeit. Lediglich ein dünnes Plastiktütchen hatte ich bei mir, in dem mein Portemonnaie war.
    Greller Sonnenschein! Man konnte kaum die Augen offenhalten.
    Ich war glücklich. Unter azurblauem Himmel herumlaufen zu können reichte vollkommen aus, um mir ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern.
    Es war schon nach drei, und die Bank hatte nur noch ihre Geldautomatenecke geöffnet. Niemand sonst war da.
    Ich trat in eine der schallgedämpften weißen Boxen, steckte die Scheckkarte in den Schlitz und tippte die nötigen Angaben ein. Dann hörte ich mir an, was die Computerfrauenstimme zu sagen hatte, und wartete auf mein Geld. Durch den kurzen Moment, da hochsommerlicher Straßenlärm hereinschwappte, mußte ich wohl registriert haben, daß die automatische Tür aufging und jemand eintrat – ich schenkte dem aber weiter keine Beachtung.
    Erst als dieser Jemand sich hinter mir anstellte, wurde mir mulmig. Die anderen Automaten waren doch alle frei, wieso stellt der sich denn groß hier an?
    Im nächsten Augenblick fühlte ich den Druck eines harten Gegenstands in der Seite

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