Na endlich Liebling
Ross.«
»Ross? Der zahlt doch so
schlecht! Die wohnen nur drei Meilen weit weg. Die könnten ihr Zeug selber
abholen!«
»Sally kann doch nicht jedesmal , wenn sie was braucht, hierherfahren. Sie muß
schuften wie ein Mann, und ihr Wagen ist uralt. Jetzt fang nur nicht an zu
meckern, Bill!«
Justin hatte schon gemerkt, daß
jeder vernünftige Protest als Gemecker galt.
Nun also zuerst zum Schulhaus,
nur eine halbe Meile Wegs, gleich hinter der nächsten Straßenbiegung. Das hübsche
Haus lag auf einem kleinen Hügel über dem Fluß. Der Vorgarten war gepflegt, und
die ganze Anlage machte nicht den unfreundlichen Eindruck, den Schulhäuser so
oft an sich haben.
Justin erinnerte sich, daß Mrs. McLean in den Ferien selten verreiste; hier war ihre
Wohnung und ihr Zuhause. Als er vorfuhr, war gerade Unterricht, aber sie kam
gleich an die Haustür: eine hübsche, gut angezogene Frau von etwa vierzig
Jahren.
»Macht es Ihnen was aus, die
Sachen hineinzutragen? Miß Connor wird sie Ihnen abnehmen.«
Justin machte es nichts aus. Er
wollte die Hilfslehrerin gern sehen, natürlich nur, um festzustellen, ob sie
bei näherer Besichtigung auch noch so schön war.
Sie war sogar noch schöner. Ihr
seltsam golden schimmernder Teint und die dunklen Augen und Haare konnten sich
auch im morgendlichen Sonnenschein durchaus sehen lassen. Lachend kam sie ihm
entgegen.
»Hallo! Wir haben gestern nicht
gerade offiziell Bekanntschaft gemacht, nur Ihre Beine waren zu sehen...Das
übrige sieht heute aber nicht aus wie ein Ladengehilfe in Percys Geschäft!
Warum in aller Welt haben Sie sich gerade diesen Job ausgesucht?«
»Ach, es ist mal eine
Abwechslung. Außerdem gefällt mir Percy. Jetzt bin ich an der Reihe: Sie
sehen nicht aus wie eine Lehrerin. Warum in aller Welt haben Sie sich gerade
diesen Job ausgesucht?«
»Weil ich mein Brot verdienen
und für meine Aussteuer sorgen muß. Ich will heiraten. Außerdem liebe ich Totara und wollte gern hierher zurückkommen, natürlich auch
wegen John. Sind Sie jetzt zufrieden?« Sie lachte wieder, und das gefiel ihm
ungemein.
»Noch nicht ganz. Warum haben
Sie nicht erst Ihr Studium beendet und den Job hier nur gelegentlich
übernommen?«
»Weil ich eben John
kennenlernte und wir bald heiraten wollen. Warum also soll ich mich mit der Büffelei umbringen? Außerdem ist Ausdauer nicht meine
stärkste Seite.«
»Das ist aber ein Zeichen von
Schwäche, wenn ich das so sagen darf.«
»Das können Sie ruhig sagen. Es
ist wirklich ein Zeichen von Schwäche. Aber ich hatte die Schule und dann das
College gräßlich satt — all die Büffelei und die
Mädchen und dieses Einerlei. Ich kriege leicht was satt, müssen Sie wissen. Das
liegt in meinem Maoriblut.«
Sie sagte das so nebenbei,
trotzdem war es eine Herausforderung. Wenn sie aber eine Reaktion erwartete,
hatte sie sich getäuscht.
Justin zeigte keine
Überraschung; außerdem war er zu einsichtig und großzügig, um ein Vorurteil
gegen die Urbevölkerung zu hegen. An der Universität hatte er glühend gegen die
Rassentrennung protestiert. Viele seiner intelligentesten Studiengenossen waren
Maori, Inder oder Chinesen. Heutzutage war man über so eine Beschränktheit
hinaus.
»Unsinn!« sagte er ruhig.
»Viele Leute mit Maoriblut halten ebensogut ihr
Studium durch wie die anderen. Natürlich ist das eine geschickte Ausrede, wenn
man die Zügel schleifen läßt.«
Sie lachte. »Richtig! Das
stimmt. Ich sage immer, es ist der primitive Wilde, der in mir zum Vorschein
kommt; mein Großvater war ein Maori! Da weichen alle vor mir zurück, als ob ich
eine ansteckende Krankheit hätte. Sie sind fast zu liebenswürdig.«
Er lachte. Dieses Mädchen
gefiel ihm immer besser.
Im Innersten war er aber doch
überrascht, und abends sagte er zu Percy: »Du hast mir gar nicht erzählt, daß
Diana Maoriblut hat.«
»Daran hab’ ich nicht gedacht.
Und wennschon: Was ist denn dabei?«
»Sie sieht nicht so aus. Ihre
Züge sind so fein. Allerdings, sie ist ein dunkler Typ und hat einen brünetten
Teint, aber das haben auch viele Vollblut-Europäer. Du sagtest, ihre Mutter sei
eine besonders schöne Frau gewesen. Hat sie einen Mischling geheiratet?«
»Nein, Mrs. Connor war selbst ein Halbblut. Sie war eine Schönheit, noch viel schöner als
Diana und von Kopf bis Fuß eine Dame. Von ihr konnte man lernen, was feine
Manieren sind. Connor stammte aus Irland, ich glaube aus einer vornehmen
Familie, aber er war sehr glücklich mit seiner Frau. Nach
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