Na endlich Liebling
besorgt den Kopf.
»Die Visage von dem Kerl
gefällt mir gar nicht. Er ist bestimmt eine Niete. Das kommt davon, wenn man
sich auf eine Zeitungsanzeige verläßt. Da hat sie sich nix Gescheites aufgetan,
und Sally ist nicht die Person, die mit so was fertig wird.«
»Aber ihr Vater wird’s doch so
einem Lümmel zeigen!« meinte Justin ärgerlich.
»Dafür ist Mr. Ross nicht der
Richtige. Er mag keine Aufregung, und wenn’s doch welche gibt, legt er sich
meistens lieber ins Bett.«
Justin zuckte die Schultern.
Das war schließlich nicht seine Sache. Aber das gebräunte Mädchengesicht mit
den ernsten grauen Augen ging ihm nach, und um es aus dem Kopf zu kriegen,
schrieb er an Elaine.
Ich muß feststellen, daß die
Siedler hier von Sentimentalität geradezu triefen. Percys Herz zerfließt bei
dem bloßen Gedanken an Sally, die ich heute kennengelernt habe. Sie ist
übrigens keineswegs eine Amazone, sondern ein liebes kleines Mädchen. Sie hat’s
anscheinend schwer, denn ihre Mutter ist tot und ihr Vater ein Egoist. Die
Tyrannei mancher Eltern ist wirklich arg und sollte gesetzlich untersagt
werden.
Elaine las diesen Absatz
mehrmals. Es war typisch für Justin, daß er jegliche Sentimentalität ablehnte.
Das tun vor allem Menschen, die Angst haben, ihr selber zu verfallen. Hier
bezeichnete er eine ihm völlig Unbekannte als »ein liebes kleines Mädchen«. Bei
all seinem zur Schau getragenen Realismus war er im Grunde ein echter
Romantiker.
In der folgenden Nacht schlief
sie nicht besonders gut.
Einige Tage später lernte
Justin Mrs. Neal, die Besitzerin des Hotels, kennen.
Von dem Hotel hatte er schon viel reden hören. Man konnte daraus schließen, daß
es gut besucht war. Mrs. Neal sei »der geborene
Manager«. Offensichtlich hatte sie keine Zeit, ihre Post und ihre Waren selbst
abzuholen. Man bekam nur den alten Maori zu sehen, der gelegentlich für sie
arbeitete. Eines Abends jedoch bat ihn Percy, ein paar Sachen im Lieferwagen
hinzubringen.
» Mrs. Neal kriegt ihr Zeug immer donnerstags, aber sie hat angerufen, weil sie
manches dringend braucht. Es war ihr sehr unangenehm, aber heute
nachmittag war ein Haufen Siedler da, und die haben ihr die Haare vom
Kopf gefressen.«
»Dann kann sie kein noch so
guter Manager sein, wenn sie so wenig Vorräte im Haus hat. Höchste Zeit, daß du
deinen Kunden solche Überraschungen um sieben Uhr abends abgewöhnst.«
»Ach, nun meckere doch nicht,
Bill! Mrs. Neal ist eine echte Lady, aber sie kann
schließlich nicht die Augen überall haben. Du weißt doch, wie das ist in so
einem Hotel: heute überhaupt kein Gast, und morgen platzt das Haus aus allen
Nähten. Hier ist das jedenfalls so mit den vielen Camps, und wo der große
Siedlungsblock doch jetzt im Bau ist. Und dann sind da auch noch die Maori-Siedlungen.
Man kann unmöglich immer alles vorausberechnen.«
In Totara kann man vor allem niemals mit normalen Verhältnissen rechnen, dachte Justin,
als er die bestellten Waren zusammensuchte. Doch dann entdeckte er, daß Mrs. Neal stets pünktlich ihre Rechnungen bezahlte, und
sagte nichts mehr.
Er mußte allerdings zugeben,
daß sie völlig normal war. Er fand eine flinke, leichtfüßige kleine Dame, deren
Manieren Percy zu seiner Bezeichnung eine echte Lady berechtigte.
»Es ist sehr freundlich von
Ihnen, daß Sie mir so schnell die Sachen bringen. Sie müssen glauben, daß ich
eine miserable Geschäftsfrau bin, weil ich zu so einer ungewöhnlichen Zeit
etwas brauche. Aber heute kamen unerwartet fünfzehn Leute zum Essen, und die
haben all meine Vorräte aufgezehrt.«
Während sie sich mit ihm
unterhielt, richtete sie eine köstliche Mahlzeit her.
»Und jetzt sind vier
Zimmerleute gekommen; sie haben einen Wolfshunger und wollen gern noch etwas
essen. Deshalb kann ich Ihnen nicht beim Abladen helfen. Ist das schlimm?«
»Was ist mit der neuen Köchin?
Schon wieder entlassen?«
Mrs. Neal verzog ein wenig das
Gesicht. »Sie erwartet eine Vierzigstundenwoche und Mahlzeiten zu bestimmten
Zeiten. Sobald die festgesetzte Arbeitszeit beendet ist, zieht sie sich in ihr
Zimmer zurück. Sie kommt sich mächtig gebildet vor und verbringt ihre Freizeit —
Sie würden es nicht erraten! — mit Dichten und dem Knüpfen von Teppichen!«
»Teppiche knüpfen — das will
mir noch eingehen. Aber dichten?«
»Ja, wirklich. Sie macht
Schüttelreime und Werbeverse und dergleichen. Sie wissen schon, was ich meine:
Mit einem kleinen Werbevers kann man
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