Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben
wiederholt Jochen kurzatmig.
Copy nickt. «Poppenbacher Südhang, Oida», erklärt er stolz.
Auch Paste zieht ein paar Mal. Dann reicht er den Joint an mich weiter. Wären wir jetzt in einem Berliner Club, würde ich vielleicht mitrauchen, aber hier an der guten Luft scheint mir selbst ein kleines Tütchen fehl am Platz. Ich winke ab. «Nee danke», sage ich. «Heute nicht.»
Der Zwilling starrt mich verwundert an: «I hab nie gsen, dass a Berliner an Dübel ablehnt», sagt er. Dann dreht er sich wieder dem Panorama zu. «Ja mei», murmelt er schulterzuckend und raucht weiter.
Ich schaue zu Jochen hinüber. Der sitzt immer noch ganz selig unterm Gipfelkreuz und schaut auf die umliegenden Berge. Der Himmel ist hellblau, auf den Gipfeln liegt Schnee. Jochen lächelt. Aus dem Augenwinkel läuft ihm eine Träne über das Gesicht.
LEKTIONEN IM LEIMSTÜBERL III: MIT DA HUNDSGEFICKTEN
K noll bringt mir den bayerischen Artikel «da» bei, den ich bereits aus vielen Reggae-und Rap-Songs kenne. Aus «In da Club» zum Beispiel. Im jamaikanischen Patois benutzt man ihn bei «Power to da People» oder «Give thanks to da Lord». Hier in Bayern sagt man: «Des is da Sepp und des da Toni.»
«Woaßt, Waschtl», sagt Knoll. «Du bist a Guada. Mi ham Fremdsprachn in da Schui ned interessiert, i hob imma an Fimmfa oder an Sechsa ghabt. Oba manchmoi san die Leit, die Fremdsprachen redn, bessre Leit.» Knoll erzählt mir von seiner ersten Reise nach Amerika. Gerade angekommen in New York, stieß er auf eine Kneipe namens «Das deutsche Eck» in der 54. Straße. «Da hob i mi vorgstellt und gfragt, ob i bei wem übanachtn ko. Die ham gsagt, scho, wenn i des Horst-Wessel-Lied sing. Des is aus da Musikbox kemma. Aba mit so am Schmarrn hob i nix am Hut, oiso bin i wieda ganga.»
Knoll legte sich am Busbahnhof in eine Ecke und schloss die Augen. Kurz darauf wurde er von einem Afroamerikaner mit «so am Haarbuschl» geweckt. Der Mann machte Knoll mit Gesten klar, dass er hier besser nicht übernachten solle, und nahm ihn mit in ein Studentenheim. Dort gab es glücklicherweise einen Kommilitonen, dessen Vater in Heidelberg stationiert gewesen war und der ein wenig deutsch sprach. Das Heim gehörte einer studentischen Unterorganisation der Black Panthers. Knoll blieb eine Woche und lernte, dass Afrika genauso unter dem amerikanischen Joch gelitten habe wie Bayern unter dem der Preußen. Außerdem hörte er «a tolle Trompetenmusi» und lernte die wichtigsten englischen Grundbegriffe. Dann zog er weiter.
Mit dem Sprechen hapert es noch, doch mein Verständnis des Bairischen macht allmählich Fortschritte. Das liegt an Knolls unschlagbar einleuchtenden Beispielen. Unser Thema heute: die instinktiven Einschübe fei und ge beziehungsweise geh .
Fei sei Bairisch und habe keine norddeutsche Entsprechung, erklärt Knoll. Wenn man unbedingt wolle, ließe es sich vielleicht mit übrigens oder dem mahnenden Sinn des Wörtchens aber übersetzen. Zum Beispiel in dem Satz «Des is fei ned wahr, dass Preißen scheener is wie Bayern». Oder: «Du lasst fei die Finger von meim Krustenschweinsbraten.»
Das Wörtchen geh , im Gegensatz zum ge traditionell mit langem e gesprochen, komme von dem Verb gehen und bedeute am Anfang des Satzes «Jaja» oder, grob gesagt, «Geh weiter», im Sinne von «Lass mich bloß damit in Ruhe»: «Ah geh, so a Schmarrn!»
Ge am Ende eines Satzes dagegen sei auch bekannt als gell und bedeute so viel wie «Es möge gelten» . Zum Beispiel: «Bayern is fei scheener wia ois andre, ge?» oder «Bringst no a Hoibe, ge?»
Die instinktiven Einschübe heißen so, weil man ihre Anwendung eigentlich dem Instinkt überlässt. Echte Bayern fügen sie aus dem Bauch heraus in Sätze ein, die andernfalls nicht bayerisch genug klingen würden. Falsche Bayern benutzen sie fatalerweise inflationär, wodurch sie sich fei tierisch blamieren.
Wiederum Gefühlssache sei die vielfache bayerische Verneinung. Sie soll zeigen, wie unerschütterlich ein bayerisches Nein ist. Knolls Beispiel: «I ess nia koan Salad ned.»
Wir sind gerade in die neue Lektion vertieft, als ein Daglfinger an unseren Tisch tritt, den ich schon mal im Supermarkt gesehen habe. Knoll stellt uns vor. Der flüchtige Bekannte heißt Loisl. Mit ernster Miene verkündet Loisl, der Stockheimeredmund sei krank geworden, und nun fehle ein vierter Mann zum Schafkopfen. Knoll nickt mir zu: «Des schaugst dir guad o. Da konnst wos lerna.»
Seit frühester Kindheit haben wir in
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