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Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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meiner Familie regelmäßig Doppelkopf gespielt. Von Kollegen weiß ich, dass Schafkopf dem Doppelkopf verwandt ist. An einem Vierertisch, in einer dunklen Ecke des Leimstüberls, erwarten uns Loisls Mitspieler: ein kleines, faltiges Großväterchen und ein dicker Typ mit rotgepunktetem Hemd und passend geflecktem Gesicht. «Habe die Ehre», grüßt Knoll und stellt mich als «den Waschtl» vor. Ich setze mich neben Knoll ans Kopfende. Schweigend verteilt der Loisl die Karten. Kaum hat der Opi die ersten vier aufgenommen, knallt er stumm ein 10-Cent-Stück in die Tischmitte und blinzelt listig in die Runde. Die anderen Spieler ziehen fast synchron die Augenbrauen hoch. Der Opa nimmt noch einmal vier Karten auf, sieht sie sich an, zeigt ein zahnloses Grinsen und sagt «I daat spuin». Die drei anderen Männer antworten der Reihe nach:
    «Recht!»
    «Recht!»
    «Recht!»
    Daraufhin schlägt der Alte mit der flachen Hand auf den Tisch, dass es nur so knallt. «Mit da Hundsgefickten!», ruft er. Wird schon stimmen. Die anderen nicken.
    Dann geht’s Schlag auf Schlag. Routiniert ziehen die Typen Karte für Karte. Das kenne ich von früher, aus der Zeit, als ich meinen Opa noch aus der Kneipe abgeholt habe. Seine Doppelkopfbrüder haben auch nicht geredet, sondern einfach nur gezockt.
    Als die erste Partie zu Ende ist, erklärt mir Knoll, dass sich Schafkopf vor allem durch eines von allen anderen populären Kartenspielen abhebt: durch ein bayerisches Blatt. «Da gibt’s koane Damen.» Die anderen drei nicken eifrig. Offenbar haben sie alle schon üble Erfahrungen mit Damen gemacht. «’s gibt aa koa Kreiz, koa Pik und koa Karo», fährt Knoll fort. «Bloß a Herz.» Wieder nicken alle, als hätten sie mit Herz wiederum ausschließlich gute Erfahrungen gemacht. «Die andern Farben san Schellen, des is wie Karo, Gras schaugt aus wie Pik, und Eichel is hoid Kreiz», erklärt er. «Statt die Damen muasst die Sau suacha.»
    Also im Prinzip wie beim Doppelkopf. Wenn man sich erst mal an das bayerische Blatt gewöhnt hat, ist das Spiel gar nicht so schwer. Hubert lässt mich über die Schulter schauen.
    «Wer spricht?», fragt er in die Runde. «Immer der, der fragt», kommt es im Kanon zurück. Nachdem die anderen den Kopf geschüttelt haben, verkündet Knoll: «Auf die Blaue.» Jedes Spiel dauert nur wenige Minuten. Wenn alle ihre Karten gelegt haben, schieben die beiden Verlierer den beiden Gewinnern Geld zu.
    Nach etwa einer Stunde darf ich probeweise für Knoll einspringen. Es ist tatsächlich ganz einfach, und ich hole einen Stich nach dem anderen. Einmal, als der Opa zögert, obwohl der Stich bereits mir gehört und es völlig klar ist, dass er nun bloß noch eine Karte mit hohen Punkten dazuzulegen braucht, rufe ich instinktiv: «Schmier rein!»
    Sofort werfen der Rotgefleckte und Loisl ihre Karten auf den Tisch. «Gredt wead ned», mahnt Knoll streng. «Des is koa Bauernsprechstund da.»
     
    Nach zwei Stunden bin ich integriert. Der Geber setzt aus, die anderen vier spielen. Vor mir sammelt sich ein kleiner Haufen aus 5-und 10-Cent-Stücken. Auf einmal flutscht es. Knoll und ich nehmen die anderen drei regelrecht aus. Um Punkt zehn verabschiedet sich Knoll, weil er ins Bett muss. «Und du, Waschtl?», fragt mich Loisl. «Bleibst?»
    «In Ordnung, noch eine Runde.»
    Nach der dritten Runde bin ich einen Großteil meines Vermögens wieder los. Inzwischen beeinträchtigt der Bierkonsum mein Urteilsvermögen. Außerdem scheint die Stimmung umzuschlagen. Und zwar zu meinen Ungunsten. Also bitte ich um ein letztes Spiel.
    Die anderen beiden sind einverstanden, aber der Punktgesichtige, der mittlerweile völlig betrunken ist, starrt mich über den Tisch feindselig an. Dem Los der Karten folgend, müssen ausgerechnet wir das letzte Spiel als Partner bestreiten. Da ich mich schon nicht mehr richtig konzentrieren kann, bediene ich aus Versehen falsch. Punktgesicht schmettert die Karten auf den Tisch. «Des ko ja ned sei. Des wead deia. Mia spuin jetza so lang, bis i mei Geid wieda hob!» Loisl und der Opa schauen irritiert.
    Ich entschuldige mich für den Fehler, aber der Betrunkene regt sich nur noch mehr auf. Der Opa deutet mit einer Kopfbewegung zum Ausgang, Loisl zwinkert mir zu. Und dann steigen irgendwo tief aus meinem Unterbewusstsein Worte auf. Worte, die ich selbst kaum verstehe. Worte, die dennoch aus meinem Mund kommen: «I muaß amoi bieseln.»
    Der Rotgefleckte brummt irgendetwas Unverständliches und beginnt,

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