Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben
zornig zu mischen. Ich stehe auf und nicke den beiden anderen zum Abschied zu. Sie erwidern meinen verborgenen Gruß und lächeln. Auf dem Weg lege ich einen 20-Euro-Schein für meinen Deckel auf den Tresen. Anstatt links die Treppe zu den Toiletten hinabzugehen, trete ich durch die Tür nach draußen ins Freie.
IS DES SCHEE
A m nächsten sonnigen Samstag klingelt das Telefon. Roni ist dran. Ob ich gemeinsam mit Nunja, Jan und ihr eine Bootstour durchs Dumblinger Umland machen möchte?
Ja, ich will!
Also verstauen wir zwei in große Kisten verpackte Schlauchboote in Nunjas Panda. Roni und ich quetschen uns auf die Rückbank. Es ist so voll, dass ich Roni auf den Schoß nehmen muss. «Jetzt hast du endlich mal so richtig engen Kontakt zu den Einheimischen», scherzt sie. Ich schweige und genieße die Fahrt.
Bald biegen wir von der Straße auf einen Forstweg ab, durchqueren ein Wäldchen und fahren an einer riesigen Wiese vorbei. Am Waldrand steht ein Holzhäuschen. Davor glitzert ein kleines Flüsschen – es ist die Amper. Die ganze Szenerie ist so idyllisch, dass ich es kaum ertrage. Ein paar bayerische Familien lassen ihre grellfarbigen Schlauchboote zu Wasser. Kinderlachen liegt in der Luft.
Wir ziehen uns im Auto um. Ich blinzele. Roni trägt einen Bikini mit buntem Blumenmuster, dazu einen breitkrempigen Sonnenhut. Ich selbst habe zur Feier des Tages mein Hawaiihemd angezogen, einen weißen Panama Jack aufgesetzt und das Outfit mit einer alten Pilotensonnenbrille gekrönt, die das halbe Gesicht verdeckt. Nunja findet, ich sehe aus wie Johnny Depp in Fear und Loathing in Las Vegas .
«Ich finde, er sieht eher aus wie Willi, der Freund von Biene Maja», meint Roni.
Wir packen die Boote aus ihren Pappkartons und stecken die zweiteiligen Aluminiumruder an den Plastiknippeln zusammen. Vor der kleinen Holzhütte am Steg bieten geschäftstüchtige bayerische Buben für einen Euro die Dienste einer elektrischen Luftpumpe an. Unter Druckluft verwandeln sich die zerknüllten Plastikfolienbatzen in irgendetwas Schlauchbootähnliches. Nicht besonders vertrauenerweckend, wie ich finde. Ronis Boot ist außen gelb und innen blau, am Seitenrand prangt der Schriftzug «Tiger II». Nunja und Jan besteigen «Tiger III».
Ich lasse «Tiger II» sanft ins Wasser gleiten, wate ein paar Meter hinterher und ziehe ihn (oder es) zum Steg, wo Roni einsteigt. Ohne meine Reaktion abzuwarten, legt sie sich vorn quer über den Bug, ihren Kopf auf den einen Rand, die Kniekehlen über den anderen. Ihre rechte Hand schwebt im Wasser. «Ach, bin ich froh, einen Experten an Bord zu haben», säuselt sie geziert. Ich nicke männlich.
Auch Nunja hat sich dekorativ ausgebreitet und lässt ihre Finger durchs Wasser gleiten. Jan wirft sich in die Ruder. Hier unten scheint die Rollenverteilung klarer als in Berlin. Ich ziehe also mein Hemd aus und beginne mit voller Kraft zu pullen. Die Dame Roni wiegt fast nichts, wir kommen zügig voran. Nach drei Minuten bricht das rechte Paddel in der Mitte durch, genau an den Plastiknippeln. «Scheiße!», stellt meine feine Dame fest.
Jetzt ist eines der beiden Ruder bloß noch halb so lang, weshalb wir deutlich an Tempo verlieren. Ein paar hundert Meter weiter vorn verschwinden Nunja und Jan gemächlich um eine Amperkurve. Ich reiche Roni das intakte Paddel, und wir machen es wie die Indianer: einer vorne, einer hinten. Im Zickzackkurs fahren wir die Amper herunter. Unablässig ziehen Einheimische in Kajaks, Kanus und Schlauchbooten an uns vorbei, was mich irgendwie anficht. Dann reißt uns eine unberechenbare Unterströmung so nah ans Ufer, dass wir beinahe kentern. Roni will uns mit ihrem langen Ruder abstoßen. Dabei bricht es durch.
«So», kommentiert sie fröhlich, «jetzt sind beide wieder gleich lang.» Sie reicht mir ihr kleines Paddel herüber und legt sich mit einem erleichterten Seufzer an ihren angestammten Platz im Bug. Ich stecke die Ruder erneut durch die Schlaufen und versuche, normal zu pullen. Die Flächen reichen allerdings gerade eine Handbreit unter die Wasseroberfläche. Also muss ich den Hebelverlust durch Schnelligkeit ausgleichen: «Tiger II» mutiert zum Schlauchboot mit rotierenden Stummelpaddeln. «Wir sollten es in Kolibri umtaufen», findet Roni.
Trotz unserer Behinderung kommen wir gut voran, da die Amper nun ein wenig an Fahrt gewinnt. An einer kleinen Schleuse haben wir die anderen eingeholt und heben unseren Kolibri aus dem Wasser, um ihn ein paar Meter über Land
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