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Nach all den Jahrmilliarden

Nach all den Jahrmilliarden

Titel: Nach all den Jahrmilliarden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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für den Abstieg eingeteilt wurden.
    Wir benutzen deshalb die Landekokons, anstatt mit der ganzen Fähre hinunterzugehen, weil es Treibstoff spart. Ein Landekokon hat praktisch keine Masse, und diese Asteroiden haben praktisch keine Anziehungskraft, und deshalb ist nur ein ganz kleiner Anstoß dazu notwendig, die Fluchtgeschwindigkeit zu erreichen. Warum soll man sich die Mühe machen, ein großes Schiff in eine Landebahn zu steuern, wenn ein paar Forscher in Kokons runtersausen, sich umsehen und wieder hochsausen können? Besonders dann, wenn man nicht sicher ist, ob man das Gesuchte auch wirklich gefunden hat.
    Jan und ich kletterten in unsere Druckanzüge und schwankten schwerfällig den Korridor hinunter in Richtung Kokonraum. Die Kokons lagen auf den Katapultschienen mit entriegelten und aufgeklappten oberen Hälften bereit. Ich stieg in meinen Kokon, Jan in ihren, und Pilazinool und Steen schwangen die Deckel auf uns herunter. Eine Folge von rasselnden Geräuschen zeigte mir an, daß die Kokons versiegelt wurden. Einige tausend Jahre verstrichen. Einen Teil dieser Äonen verbrachte ich mit dem Studium der Schalttafel, die direkt vor meinem Gesicht untergebracht war. Der runde und grüne Knauf öffnete den Kokon. Die rote quadratische Taste schloß ihn. Der dreieckige schwarze Knopf verriegelte ihn. Der lange gelbe Hebel zu meiner Rechten diente zur manuellen Zündung der Düsen. Der lange weiße Hebel zu meiner Linken stellte den Steuerknüppel dar.
    Man sagt, es sei nicht schwieriger, einen Landekokon manuell zu fliegen, als einen Wagen mit eigener Hand zu steuern. Vielleicht. Aber das letztemal, als ich einen Wagen mit eigener Hand gesteuert habe, war während meiner Führerscheinprüfung, und ich habe nicht viel Wert auf diese Erfahrung gelegt. Mir wird ganz schwindelig bei der Vorstellung, daß vor ein paar Jahrhunderten Millionen von Autofahrern auf die Straßen losgelassen wurden und ihre Wagen selbst fahren mußten, anstatt das von den Verkehrskontroll-Computern erledigen zu lassen. Und als ich in den Landekokon stieg, brannte ich auch nicht gerade darauf, ihn ganz allein vom Asteroiden zurückzusteuern. Aber natürlich rechnete ich auch nicht damit. Ludwig kontrolliert die Kokons von der Fähre aus per Fernsteuerung. Aber wenn die Telemetrieverbindung irgendwie unterbrochen wurde …
    Wie dem auch sei, sie schossen uns über die Katapultschiene ins All.
    Jans Kokon kam zuerst dran. Ich wurde von meinem Katapult zwanzig Sekunden später hinausgeworfen. Als ich die Instrumente überprüfte, spürte ich nahe meinen Schulterblättern eine schwache Vibration: Der Kokoncomputer hatte die Stickstoff-Triebwerke gezündet, um uns in die von Ludwig programmierte Landebahn hineinzusteuern. Mit den Füßen voran sauste ich dem Asteroiden entgegen.
    Als ich mich innerhalb des Kokons ein wenig vorbeugte und an meiner Nase entlang auf den Bildschirm starrte, konnte ich einen flüchtigen Blick auf die silberfarbene Röhre werfen, in der Jan steckte und die unter mir dahinraste. Die Geschwindigkeit der beiden Kokons war identisch, so daß wir wie mit einer unsichtbaren Kette verbunden zu sein schienen. Doch es hatte den Anschein, als stürze uns der Asteroid mit phantastischer Geschwindigkeit entgegen. Da läuft irgend etwas verkehrt, sagte ich mir. Wir sind zu schnell. Wir werden wie zwei Meteoriten auf dem Asteroiden aufschlagen. Wir werden ihn in zwei Hälften brechen.
    Ganz pünktlich zündeten die Heckdüsen meines Kokons. Er verlangsamte sich und schwebte sanft dem berechneten Landepunkt auf dem Asteroiden entgegen. Die Landung selbst machte sich mit einem leichten Ruck bemerkbar. Sofort sprangen die vier Landeklinken vor und verankerten den Kokon. Ich wartete etwa zehn Sekunden lang, um ganz sicher zu sein, daß die Lage stabil war. Dann zog ich heftig an dem runden, grünen Knauf. Der Kokon klappte auf.
    Ich stand mitten in einer finsteren, scheußlichen Landschaft. Hier hat nie ein Wind geweht. Hier ist nie ein Regentropfen gefallen. Hier ist nie etwas Lebendiges, nicht einmal eine Mikrobe, zu Hause gewesen. Links von mir neigte sich die Ebene, auf der ich niedergegangen war, eilig dem in unmittelbarer Nähe liegenden Horizont entgegen. Rechts von mir und dann weiter geradeaus erhob sich eine Kette von Hügeln, die wie geschrumpfte Berge aussahen, schroff und zerklüftet. Die Oberfläche des Asteroiden war kahl: keine Pflanzen, kein Erdreich, kein Eis – nur nackter Fels, pockennarbig durch die über eine

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