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Nach all den Jahrmilliarden

Nach all den Jahrmilliarden

Titel: Nach all den Jahrmilliarden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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hin­ter­her, wenn die Jungs aus den Nach­rich­ten­stu­di­os ih­re Sto­ries schrei­ben. Abends ru­hen wir uns aus, spie­len viel Schach, dis­ku­tie­ren ein we­nig und lau­schen dem Pras­seln des Re­gens. Ich glau­be, die meis­te Zeit über bin ich ziem­lich ge­lang­weilt, aber im großen und gan­zen be­deu­tet es ei­ne un­ge­heu­re Auf­re­gung für mich, hier zu sein.
    Wir ha­ben ein Pro­blem mit Mir­rik. Und wenn nicht bald ei­ne Lö­sung ge­fun­den wird, wird er viel­leicht von der Ex­pe­di­ti­on aus­ge­schlos­sen. Was sehr scha­de wä­re, denn in sei­ner schwer­fäl­li­gen Art und Wei­se ist er ein sehr sym­pa­thi­scher Typ. Ich ha­be dir be­reits er­zählt, daß Mir­rik in ge­wis­ser Wei­se der Trunk­sucht ver­fal­len ist. Er spricht nicht auf Schnaps an, son­dern auf Blu­men. Ir­gend et­was im Nek­tar ei­ner ganz ge­wöhn­li­chen Blü­te macht ihn un­ge­heu­er stark an. Die Aus­wir­kung ei­ner Blu­me auf den Stoff­wech­sel ei­nes Di­na­mo­nia­ners muß ge­wal­tig sein, weitaus in­ten­si­ver als die des Al­ko­hols auf un­se­ren Me­ta­bo­lis­mus: Nur ein paar Hap­pen Blü­ten rei­chen aus, um Mir­rik einen ko­los­sa­len Schwung zu ge­ben.
    So öde es hier auch ist, es gibt ein paar Blu­men. Ei­ner der Ter­ra­for­ming-In­ge­nieu­re muß einen Hang zur Poe­sie ge­habt ha­ben: Et­wa zwei Ki­lo­me­ter von un­se­rer Aus­gra­bungs­stel­le ent­fernt hat er ein Wäld­chen von Mil­la bi­flo­ra – Me­xi­ko-Ster­nen – an­ge­pflanzt. Die Pflan­zen wach­sen an ein paar ge­schütz­ten Stel­len. Mir­rik, der ei­ne Men­ge Be­we­gung braucht und gern lan­ge, ein­sa­me Streif­zü­ge un­ter­nimmt, hat sie ge­fun­den.
    Ich war der ers­te, der sein Ge­heim­nis lüf­te­te.
    Ei­nes Nach­mit­tags, als ich nach Be­en­di­gung mei­ner Schicht in der Aus­gra­bungs­stel­le dienst­frei hat­te, sah ich, wie Mir­rik mir ent­ge­gen­toll­te. Auch er hat­te ein paar Stun­den Frei­zeit. Als er die Fund­stel­le na­he­zu er­reicht hat­te, rich­te­te er sich auf und ver­such­te, sei­ne Vor­der­bei­ne zu­sam­men­zu­klat­schen. Das funk­tio­nier­te nicht und er ver­hed­der­te sich. Er er­hob sich wie­der, rann­te im Kreis um­her und ver­such­te es er­neut. Wie­der schlug es fehl. Er sah mich an und ki­cher­te. Stell dir ein­mal einen zehn Ton­nen schwe­ren, ki­chern­den Di­na­mo­nia­ner vor! Gut ge­launt schnalz­te er mit sei­nen Stoß­zäh­nen. Er schwank­te mir ent­ge­gen, riß mich mit sei­nen Ar­men gut­mü­tig an sich und wir­bel­te mich her­um. Das er­hei­ter­te ihn so sehr, daß er mit sei­nen Bei­nen rhyth­misch auf­zu­stamp­fen be­gann. Der Bo­den er­zit­ter­te.
    „Hal­lo, Tom­meee, wie gehss dir, Junn­ge?“ Er zwin­ker­te. Er blies mir sei­nen Atem ins Ge­sicht. „Gu­ter al­ter Tom­meee. Lass un­sss tans­sen, Tom­meee!“
    „Mir­rik, du bist ja stern­ha­gel­voll!“ ta­del­te ich ihn.
    „Uns­sinn.“ Mit sei­nen Stoß­zäh­nen knuff­te er mich scherz­haft in die Rip­pen. „Tans­sen! Tans­sen!“
    Ich sprang zu­rück. „Wo hast du Blu­men ge­fun­den?“
    „Blum­men gibss hier nich. Binn einn­fach nnur glückkklich!“ Sei­ne Schnau­ze war von den Pol­len der Me­xi­ko-Ster­ne gold­far­ben be­stäubt. Ich run­zel­te die Stirn und wisch­te es fort. Mir­rik ki­cher­te er­neut. „Halt still, du über­di­men­sio­na­ler Och­se!“ sag­te ich. „Wenn dich Dr. Horkkk so sieht, zieht er dir das Fell über die Oh­ren!“
    Beim La­bo­ra­to­ri­um woll­te Mir­rik halt­ma­chen, um mit Pi­la­zi­nool über Phi­lo­so­phie zu dis­ku­tie­ren. Ich re­de­te ihm das aus. Dann be­gann es zu reg­nen, was ihn ein we­nig er­nüch­ter­te. So­weit je­den­falls, daß er be­griff, in Schwie­rig­kei­ten ge­ra­ten zu kön­nen, wenn ihn ei­ner der Chefs ent­deck­te. „Geh mit mir spa­zie­ren, bis mein Kopf wie­der klar wird“, sag­te er, und ich er­füll­te ihm sei­nen Wunsch. So dis­ku­tier­ten wir über die Ent­wick­lung re­li­gi­öser Mys­tik, bis er wie­der ganz bei Ver­stand war. „Ich schä­me mich für mei­ne Schwä­che, Tom“, sag­te er be­küm­mert, als wir zum La­ger zu­rück­kehr­ten. „Aber ich glau­be, durch dei­ne Hil­fe kann ich der Ver­su­chung nun

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