Nach dem Bankett.
sich in so kurzer Zeit mit so viel Konzentration zurechtgemacht.
»Steht der Wagen bereit?«
»Jawohl, gnädige Frau.«
Als sie begann sich anzuziehen, befahl sie dem Mädchen, den Chaufeu zu rufen. Der junge Mann kam und beugte das Knie auf dem Korridor. Seine Herrin sah ihn mit strengem Blick an, während sie den Kimono mit einer Schnu zuband. »Du darfst niemandem sagen, wohin wir heute fahren, hörst du? Wenn es herauskommt, kann es eine Katastrophe geben. Untersteh dich also nicht auch nur das Geringste zu sagen, wenn man dich fragt!«
Am Abend kehrte Kazu in ungewöhnlich guter Laune zum Setsugoan zurück. Als sie sich von Sawamura hatte verabschieden wollen, war der sonst so schwierige alte Herr so liebenswürdig gewesen, sie zum Mittagessen einzuladen. Sie erzählte es dem Dienstmädchen, während sie eilig ein Bad nahm, das Make-up entfernte und sich dann rasch einen unaufälligen Kimono anzog und direkt in die neue Wohnung nach Koganei eilte, Vor Noguchi gab sie sich den Anschein, als ob ih gerötetes Gesicht nicht vom Bad sondern vom Fieber herrühre.
Noguchi sagte nichts. Er erkundigte sich kurz nach ihrem Befnden, hörte abe nur mit halbem Ohr, was sie antwortete.
Als Kazu das Durcheinander in dem neuen Haus sah, wunderte sie sich wiede einmal über die Teilnahmslosigkeit der Umwelt. Von der Reformpartei waren nur zwei Schreiber gekommen; von all den jungen Leuten, die sich während de Wahlzeit um Noguchi geschart hatten, war kein Schatten zu sehen. Yamazak aber war gekommen; er schleppte gerade mit ungeschickten Bewegungen einen Teeschrank heran. Sonst waren nur der Boy und die beiden Dienstmädchen vom
Setsugoan im Hause.
Das Haus lag an der Koganei-Böschung, nicht weit vom Bahnhof Hana-Koganei der Seibu-Bahn entfernt. Am anderen Ufer lief eine asphaltierte Straße am Kanal entlang, die Itsukaichi-Landstraße. Der Weg auf dieser Seite des Kanals war nicht gepfastert, und auf den Gräsern der Böschung und den Hecken und Sträuchern am Haus lag deshalb eine graue Staubschicht. Das Haus hatte sieben Zimmer und einen recht großen Garten, aber es war so billig gebaut, daß die Wände zitterten, sobald ein Lastwagen vorbeifuhr. Die Torpfosten waren Baumstämme, und im Garten standen ein paar Weiden, Zypressen und Palmen.
Am nächsten Nachmittag war das Haus einigermaßen eingerichtet, und das Ehepaar Noguchi konnte seinen ersten Spaziergang unternehmen. Sie gingen den schmalen grasbewachsenen Weg. an der Böschung stromaufwärts. Die Zeit, in der Kazu – damals noch ein junges Mädchen – auf dem Lande gelebt hatte, lag weit zurück.
Auf der Itsukaichi-Landstraße herrschte reger Verkehr, aber am hiesigen Ufer sah man kaum einen Wagen, nur hin und wieder einen Lastwagen oder ein Fahrrad. Auf dem schmalen Pfad an der Böschung trafen sie keine Menschenseele. Nach langer Zeit bemerkte Kazu wieder einmal, wie verloren das Bellen eines Hundes am Tage klingt.
Auf dem schmalen Weg zirpten unzählige Insekten. Die federbuschartigen Ähren der Pampasgräser waren bereits geöfnet, und ihr frisches Silbergrau schimmerte weich im Licht der Sonne. Die Bambusgräser und das hochaufgeschossene Unkraut auf der Böschung zur Straße waren staubüberkrustet und erinnerten an feine Stuckarbeiten; die Pfanzen oben auf dem Deich jedoch sahen frisch und grün aus. Der Pfad, der unter Kirschbäumen entlangführte, war zu beiden Seiten von wild durcheinanderwachsenden Gräsern gesäumt, und Kazu stellte sich unwillkürlich vor, wie heiß hier im Sommer der Dunst der Gräser gewesen sein mußte. Sie wucherten so dicht, daß man das Wasser des Kanals nicht sehen konnte. An einigen Stellen trafen sich Mimosen und Kastanienzweige von beiden Uferseiten, und Kletterpfanzen rankten sich darüber, so daß man vom Wasser nur ein leises Rauschen hören konnte und es nur hätte sehen können, wenn man dicht an den steilen, grasüberwucherten Abhang getreten wäre.
Der Weg war so schmal, daß sie nicht nebeneinander gehen konnten. Noguchi schritt daher voraus. Da er sogar seinen Spazierstock aus Snakewood mit zur Auktion gegeben hatte, benutzte er jetzt einen schlichten Stock aus Kirschholz, mit dem er die hohen Gräser beiseiteschlug. Kazu bemerkte, daß sein Haar hinten völlig weiß geworden war. Seine abfallenden Schultern hatten – so schien es Kazu – ihre würdevolle Haltung verloren, und der Rücken vor ihr in dem grauen Hemd wirkte wie der eines alten Mannes, der sich zur
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