Nach dem Bankett.
aus. Aber im Augenblick war es so gut wie unmöglich, daß dieses Geheimnis Noguchi schon zu Ohren gekommen war.
Seit Kazu die Unterschrift von In bekommen hatte, brannte ihr Herz vor Freude über den unerwarteten Erfolg. Noch einmal grif ihre Energie wie ein Feuer um sich; und nur die eine Frage bedrückte seit gestern abend ihr Gemüt: Wie verberge ich meine Freude vor Noguchi? Sie nahm sich vor, mit etwas gebeugtem Rücken zu gehen – gleich einer Katze, die sich niederkauert, um ihre überschüssige Energie im Zaum zu halten – und nur so viel Freude zu zeigen, wie dem neugefundenen Glück angemessen war. Im übrigen wollte sie sich bemühen, ein gleichmütiges Gesicht zu bewahren. Aber das kostete sie unnatürliche Anstrengungen und reizte ihre Nerven. Sie fragte sich, ob es wohl an ihren überempfndlichen Nerven lag, daß ihr Noguchis Nachsicht so unheimlich vorkam.
Aber die Vorstellung, daß er von nichts wußte, ließ die Gestalt in dem grauen Hemd unsagbar traurig und einsam erscheinen. Sie hätte es beinahe wie eine Erlösung empfunden, wenn Noguchi alles erfahren hätte. Kazu hatte nicht das Gefühl, ein Verbrechen begangen zu haben, das Bestrafung heischte. Sie hofte vielmehr darauf, daß Noguchi Verständnis für sie zeigen würde. »Sieh nur!« Wieder blieb Noguchi stehen und zeigte mit dem Spazierstock zum anderen Ufer hinüber. »Daß es heute noch solche Teehäuschen gibt! Es sieh aus wie eine Bühnenkulisse, nicht wahr?«
Kazu blickte hinüber und sah an der Straße am anderen Ufer eine altmodische kleine Eß- und Teestube. Unter dem schiefen Dach war eine staubige Holzschiebetür, deren obere Hälfte verglast war. Hinter dem Glas sah man längliche Papierstreifen in bunten Farben hängen, und die untere Hälfte der Tü war von einem roten Teppich bedeckt. Auf Plakaten stand in großen Buchstaben GEKOCHTES ALLERLEI, KNÖDEL und dergleichen.
»Oh, wie hübsch!« rief Kazu mit übertriebener Bewunderung aus. Sie wollte weitergehen und machte einen Schritt ins hohe Gras. Es war mit dichten Spinnweben bedeckt, die Noguchi schnell mit der Spitze seines Spazierstockes wegfegte. Die Spinnweben blieben an seinem Stock hängen und schwebten dann leicht und zart als glitzernde Fäden in den Strahlen der sinkenden Sonne durch die Luft.
Kazu, die das Schweigen nicht mehr länger ertragen konnte, platzte schließlich mit dem folgenden Vorschlag heraus: »Das Haus ist für ein zurückgezogenes Leben wirklich sehr geeignet. Aber könnten wir nicht wenigstens das Badezimme etwas umbauen lassen? Es ist zwar nur ein gemietetes Haus, aber wir haben ja noch eine lange Zeit vor uns.«
»Das habe ich auch schon gedacht«, antwortete Noguchi zufrieden. »Es wäre angenehm, ein komfortables Badezimmer zu haben, wenn man vorn Golfspielen zurückkommt.«
»Golf? Ich weiß, daß du es vor langer Zeit im Ausland gespielt hast. Aber has du überhaupt Golfschläger?«
»Auch darüber habe ich schon nachgedacht. Wenn alles geregelt sein wird werde ich in Altwarengeschäften nach preiswerten Golfschlägern suchen. Ich werde wieder anfangen. Ich kam auf die Idee, weil hier in der Nähe der Kogane Golfplatz ist. Ich möchte meine alten Freunde dazu einladen und auch einige hie lebende ausländische Freunde . . .«
»Das fnde ich eine großartige Idee. Auch für deine Gesundheit wird es gut sein. Du mußt unbedingt wieder anfangen. Ich habe schon mit Sorgen daran gedacht, daß es gar nicht gut für dich sein wird, wenn du nach dem anstrengenden Wahlkampf plötzlich gar nichts mehr tust.« Diesmal war Kazus Freude aufrichtig, als sie ihm zustimmte. Auch ihr Mann mußte jetzt unbeding etwas zu tun bekommen.
Sie waren bis zur ersten Brücke des Kanals gekommen und lehnten sich übe
die Eisenstange, die als Geländer diente. Zum erstenmal sahen sie zwischen den verschlungenen Ästen und Blättern das Wasser. Es foß ziemlich schnell dahin, und das Licht, das durch die Kastanienblätter fel, wob ein abstraktes Muster auf seine Oberfäche.
»Wie ein Obi aus Silberlamé«, sagte Kazu, »obgleich ich diese Mode nicht mag.«
»Es ist das erste Mal, daß ich das Wasser sehe, seit wir hier wohnen«, bemerkte Noguchi,
Bald danach stiegen sie wieder auf den Damm und gingen der sinkenden Sonne entgegen weiter stromaufwärts.
Während sie hin und wieder ein paar Worte tauschten, war es Kazu, als blickten ihre Augen aus großer Höhe herab. Alles erschien ihr, als ob sie es aus der
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