Nach Diktat verblichen
verraten, mußte ich mit ihm trinken. Danach brauchte ich ein paar Stunden Schlaf. Am Abend wollte ich dann nach Vallejo fahren.«
»Und Sie haben verschlafen?«
»Stimmt.«
Fisher zog an seinen Fingern, daß die Knöchel knackten. Seine wäßrigen Augen musterten mich vorwurfsvoll.
»Und ich hatte gehofft, daß inzwischen alles erledigt wäre«, meinte er.
»Cadott hat sich verkrochen«, erklärte ich. »Ich mußte allerhand auf mich nehmen, um herauszubekommen, wo er sich aufhält.«
»Und warum versteckt er sich?«
»Weil Ihre Freundin Lois Marlow ihm dazu geraten hat.«
»Warum?«
»Ich hoffe, daß ich das in den nächsten Tagen feststellen werde«, versetzte ich. »Im Moment weiß ich nur, daß sie eine Begegnung Cadotts mit mir unter allen Umständen vermeiden wollte.«
»Lam«, meinte Fisher kläglich, »dieser Cadott kann jeden Moment den Brief an Minerva schreiben. Vielleicht ruft er sie sogar an. Er ist gefährlich. Wir sitzen auf einem Vulkan und können uns keine Verzögerung leisten.«
»Natürlich«, stimmte ich zu, »aber was soll ich machen? Soll ich den Burschen vielleicht morgens um vier Uhr aus dem Bett holen und sagen: >Mein lieber Freund und Kupferstecher, Sie dürfen Barclay Fisher keine Schwierigkeiten machen, sonst kommt es zu einer Katastrophen Nein, so kann ich die Sache nicht anpacken. Das spielt Cadott nur in die Hände. Er weiß dann, daß Sie vor ihm Angst haben, und wird sich seiner Macht bewußt. Nichts kann ihn dann davon abhalten, seine Macht auszunutzen.«
»Ja, aber was sollen wir denn sonst tun?« fragte Fisher ratlos. »Wie können wir verhindern, daß er sich mit Minerva in Verbindung setzt?«
»Es gibt eine Lösung«, meinte ich. »Aber ich muß erst meinen Tomatensaft haben, ehe ich zu denken anfangen kann.«
Fisher marschierte auf und ab und knackte mit den Knöcheln.
»Haben Sie ein Zimmer?« fragte ich.
»Nein, ich bin eben erst angekommen.«
»Dann lassen Sie sich eines geben.«
»Ich kann nicht schlafen.«
»Aber ich.«
»Sie haben genug Schlaf gehabt«, versetzte er anklagend.
»Schlimmer«, meinte ich, »ich habe ein Gemälde gekauft.«
»Ein Gemälde?«
»Richtig. Ich habe es mit Ihrem Geld erworben. Es kostete siebenundfünfzig Dollar, stammt von Horace Dutton und heißt >Sonne über der Sahara<. Wollen Sie es sehen?«
Er starrte mich an, als hätte ich den Verstand verloren.
Ich trat zum Tisch und schälte das Gemälde aus seiner Verpackung.
»Um Gottes willen!« rief er. »Diesen Schinken haben Sie gekauft?«
»Ja«, erwiderte ich. »Auf diese Art und Weise erfuhr ich Cadotts Anschrift. Außer dem Gemälde mußte ich noch eine Flasche Gin springen lassen.«
Es klopfte, und ich öffnete.
Das Klirren der Eiswürfel in dem großen Krug klang mir wie die holdeste Musik in den Ohren. Ich goß den Tomatensaft in ein hohes Glas, gab Eis, Worcestersauce und Zitrone dazu und trank gierig.
Fisher betrachtete noch immer Duttons Gemälde mit einem Ausdruck völliger Ungläubigkeit.
»Möchten Sie einen Schluck?« fragte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe Kaffee getrunken, ehe ich herkam. Ich möchte nichts... Lam, ich mache mir große Sorgen.«
»Das dachte ich mir.«
»Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
Ich nickte.
»Sie sagen, Erpressung nimmt kein Ende«, fuhr er fort. »Die erste Zahlung ist nur die erste Rate.«
Wieder nickte ich.
»Wir könnten aber jetzt zahlen und damit Zeit gewinnen«, meinte er.
Ich goß mir noch ein Glas Tomatensaft ein.
»Es ist keine Erpressung«, versetzte ich ruhig.
»Was denn sonst?«
»Das kann ich noch nicht sagen, aber ich glaube, wir haben es mit einem psychologischen Problem zu tun.«
»Was soll das heißen?«
»Ich stütze mich natürlich nur auf Vermutungen«, sagte ich, »aber ich würde sagen, daß Cadott eine Tat begangen hat, die sein Gewissen belastet. Er wagt es nicht, ein Geständnis abzulegen, findet aber keinen Frieden, weil er sich für einen Sünder hält. Aus diesem Grund hat sich bei ihm ein Komplex herausgebildet. Er muß die Missetaten anderer ans Licht bringen, um sich selbst zu überzeugen, daß er nicht schlechter ist als seine Mitmenschen. Die Psychologen haben für diesen Komplex gewiß einen Namen. Ich persönlich würde sagen, es ist ein Versuch der Sühne. Der Mann ist zu einem selbstgerechten Weltverbesserer geworden.«
»Und?« fragte Fisher.
»Wenn ein Mensch ein schlechtes Gewissen hat und derartig darunter leidet, dann ist er meist auf dem Weg zum
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