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Nach zwei Tagen Regen folgt Montag

Nach zwei Tagen Regen folgt Montag

Titel: Nach zwei Tagen Regen folgt Montag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Bojanowski
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Inselillusionen von Morrell prägten die Weltgeschichte, als Anfang des 20. Jahrhunderts die Datumsgrenze festgelegt wurde. Kartografen bogen die Markierungslinie Hunderte Kilometer weit nach Westen, damit auf Morrells Inseln das gleiche Datum wie in Amerika herrschte. Seefahrer erblickten in der Region jedoch allenfalls eine Fata Morgana. So wurden Historiker doch noch misstrauisch, sie verglichen die Logbücher Morrells mit denen seiner Begleiter – wo kein Wort über die angeblichen Perlen der Südsee zu finden war. Dennoch fanden sich Morrells Scheineilande Byres und Morrell noch in den 1980er-Jahren in den Atlanten von Luftfahrtgesellschaften. Flughäfen waren auf den Inseln aber glücklicherweise nicht verzeichnet.
    Nicht immer verschwinden Inseln von Seekarten, zuweilen wachsen neue aus dem Meer. Ein Segler wurde mitten im Pazifik Zeuge, wie vor seinen Augen eine dampfende Vulkaninsel entstand. Ob solche Eilande erhalten bleiben, untersuchen Geologen im nächsten Kapitel.

10 Wie Phoenix aus den Fluten
    Man solle nicht an einem Freitag in See stechen, lautet eine alte Seglerweisheit. Der Spruch war das Erste, was Kapitän Fredrik Fransson in den Sinn kam, als er sich mit seiner Jacht Maiken am Freitag, den 11. August 2006, mitten im Pazifik in einem kilometerbreiten Teppich schwimmender Bimssteine und Asche gefangen sah. Das schmierige Zeug verstopfte die Kühlung des Schiffsmotors, der zu überhitzen drohte. Noch dazu herrschte Flaute, Fransson und seine Crew waren zum Stillstand gezwungen. In der Abenddämmerung, gerade noch rechtzeitig, gelang es den Seglern, dem Geröllteppich zu entkommen. Am nächsten Morgen entdeckten sie die Quelle der Unbill: eine dampfende Vulkaninsel – an einer Stelle, wo zuvor keine gewesen war. Die Insel musste sich soeben aus dem Meer erhoben haben, erkannte Fransson, denn in der Seekarte war sie nicht verzeichnet. Bis auf zweieinhalb Kilometer hätten sie sich der etwa zwei Kilometer breiten Insel genähert, berichtet Fransson. Aus einem von vier Gipfeln umgebenen Krater schossen Asche und Gestein.
    Nachdem das Abenteuer der schwedischen Segler bekannt geworden war, bestätigten Wissenschaftler, dass im Südpazifik nahe Tonga, rund 2000 Kilometer nordöstlich von Neuseeland, tatsächlich eine 1500 Meter breite Insel entstanden war. Die amerikanische Weltraumbehörde NASA veröffentlichte Satellitenbilder, und bald sichteten auch Fischer das Eiland. Die Hoffnung der Segler, als Entdecker die Insel taufen zu dürfen, erfüllte sich nicht – sie hatte bereits einen Namen: Home Reef. Der Vulkan hatte sich bereits mehrfach über die Meeresoberfläche erhoben, zuletzt 1984, er war jedoch jedes Mal nach einigen Monaten von den Fluten wieder abgetragen und verschluckt worden.
    Als acht Monate nach der Eruption im März 2007 Bimssteinteppiche an die australische Ostküste trieben – an einem 1300 Kilometer langen Küstenstreifen lasen Wissenschaftler die leichten, schwimmenden Klumpen auf –, war Home Reef bereits deutlich geschrumpft, wie Satellitenbilder zeigten. Die Hoffnung, die Insel würde diesmal den Fluten trotzen und sich wie ihre Nachbarinseln zu einem Tropenparadies entwickeln, zerschlug sich. Dabei hätte Tonga Neuland gut gebrauchen können. Zwar umfasst das Königreich 169 Inseln, insgesamt verfügt es aber nur über die Fläche Hamburgs – wenig für einen Staat, der zu einem Drittel von der Landwirtschaft lebt. Auch als Touristenattraktion käme eine neue Insel gerade recht.
    Alle Tonga-Inseln verdanken ihr Dasein dem Vulkanismus: Das Archipel erhebt sich auf der Kante des Tonga-Grabens, einer knapp elf Kilometer tiefen Nahtzone zweier Erdplatten, die im Osten der Inselkette steiler und siebenmal tiefer abfällt als der Grand Canyon. Unter dem Südpazifik ruckelt die Pazifische Erdplatte mit drei Millimetern pro Woche unter die Indisch-Australische, regelmäßig bebt die Erde. Die mit Meerwasser durchtränkte Pazifische Platte wird in der Tiefe unter hohem Druck ausgequetscht und verliert dabei ihr Wasser, es quillt empor, senkt den Schmelzpunkt des Gesteins und bringt deshalb das darüberliegende rund 1000 Grad heiße Gestein zum Schmelzen – so, wie Streusalz den Schmelzpunkt von Eis auf der Straße senkt. Die zähflüssige Masse ist leichter als das umliegende Gestein und steigt auf – untermeerische Vulkane entstehen. Allein im Pazifik gibt es mehr als eine Million. Wenige dieser Berge wachsen jedoch über die Wasseroberfläche hinaus, sodass Inseln entstehen

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