Nach zwei Tagen Regen folgt Montag
Eroberung von 1000 Städten«, schwärmte der Pharao Thutmoses III. Ihm gelang es, die Stadt 1468 vor Christus zu unterwerfen – doch offenbar nicht, wie Historiker meinen, aufgrund seiner Fähigkeiten als Feldherr. Vielmehr habe ein Erdbeben die Stadt verwüstet und so die Eroberung erleichtert, sagt Amos Nur. Die Zerstörung der Stadt 1250 vor Christus sei ebenfalls auf ein Beben zurückzuführen – und nicht auf die Armee der Israeliten, wie vielfach angenommen. Im ersten und zweiten Jahrtausend vor Christus wurde Megiddo den Studien zufolge mindestens viermal von starken Beben zerstört.
Auch zur Zeit des Römischen Reiches griff die Totes-Meer-Verwerfung in den Lauf der Geschichte ein. Im Jahr 31 vor Christus etwa erschütterte »ein Beben wie keines zuvor« den Nahen Osten, sodass »Zehntausende verschwanden«, wie ein Zeitzeuge notierte. Arabische Stämme ergriffen die Chance, sie überfielen Judäa, das von dem Beben zerrüttet war. Doch zur Verblüffung der Araber hatte die Judäische Armee des römischen Vasallenkönigs Herodes des Großen die Erdstöße auf freiem Feld überstanden, sie schlug die Araber in die Flucht. Nun ging Herodes seinerseits auf Eroberungszüge. Judäa erreichte bald darauf seine größte Ausdehnung – ermöglicht hatte das paradoxerweise ein schreckliches Erdbeben, resümiert Amos Nur.
Knapp 400 Jahre später regte sich die Schicksalslinie erneut. Im Jahr 363 zerstörte ein Beben etwa 100 Städte im Nahen Osten. Berichte von Zeitzeugen sowie Funde in Ruinen und Erdschichten belegen den Schlag, der die Gesellschaft nachhaltig beeinflusste. In Jerusalem beispielsweise musste der Wiederaufbau des Jüdischen Tempels unterbrochen werden. Die Römer hatten das Projekt gefördert, um die Christen zu schwächen. Nach dem Erdbeben schöpften die Christen neuen Mut, sie deuteten es als Zeichen Gottes. Schließlich war die Zerstörung des Tempels im Neuen Testament von Jesus prophezeit worden.
Nur in den vergangenen Jahrhunderten ist es ungewöhnlich ruhig geblieben, selten erschütterten Starkbeben die Region. Doch die Totes-Meer-Verwerfung kann jederzeit wieder losschlagen. Das nächste Beben könnte sogar eine Serie vernichtender Stöße auslösen, fürchtet der Geologe Ben-Avraham. Hat sich an einer Erdbebennaht wie dieser über lange Zeit Spannung angestaut, droht sie bei einem sogenannten Erdbebensturm binnen weniger Jahre wie ein Reißverschluss aufzureißen. Die Verwerfung könnte mithin erneut zur Schicksalslinie werden. Die tektonische Labilität des Nahen Ostens, sagt Ben-Avraham, bedrohe die weltpolitische Stabilität: »Die Folgen eines Starkbebens im Nahen Osten sind unkalkulierbar.«
Erdbeben und Vulkane sind nicht die einzigen Naturgefahren, die im Boden lauern. Das nächste Kapitel berichtet von einer besonders tückischen Katastrophe unter der Erde: Manche Länder werden von Feuersbrünsten unterwandert. Weil Kohleflöze im Untergrund brennen, wellt sich der Boden, Giftgase treten aus. Menschen ersticken, Häuser kollabieren, der Boden wird so heiß, dass Schuhe darauf schmelzen.
31 Flammenalarm unter der Erde
Wenn sich die schwarze Nacht über die Karakum-Wüste in Turkmenistan legt, wird das Glühen stärker; schon am Horizont ist es zu sehen. Es kommt aus einem Loch in dem platten, kargen Boden. Wer sich nähert, meint in den Eingang zur Unterwelt zu blicken. »Tor zur Hölle« nennen die Bewohner von Darvaza, einem kleinen Wüstendorf in der Nähe, den glühenden Schlund. Er brennt seit 40 Jahren. Ein Unfall hatte das Feuer entzündet: Der Turm einer Erdgasbohrung war im Boden versunken, Spalten öffneten sich, Gasfontänen loderten auf – der Bohrturm war in eine Erdgaskaverne gestürzt. Dann taten die Verantwortlichen etwas Folgenreiches: Weil die Schwaden giftig waren, ließen sie die Dämpfe anzünden. Nach ein paar Tagen würde das Feuer verglimmen, glaubten sie. Doch diese Annahme erwies sich als Irrtum. Nach mehr als 40 Jahren ist das Höllenloch von Darvaza eine wissenschaftliche Sensation. Russische Geologen haben den Krater immer wieder inspiziert – sie fanden keine Anzeichen für ein baldiges Erlöschen. Inzwischen steht der Feuerschlund auch als Mahnmal für eine der größten Naturkatastrophen der Gegenwart: Denn in vielen Ländern brennt der Boden – Hunderttausende Menschen sind bedroht. (Auch in Deutschland brennen Kohleflöze, allerdings nur in einem kleinen Gebiet: Der 360 Meter hohe »Brennende Berg« am Stadtrand von Saarbrücken ist seit
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