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Nach zwei Tagen Regen folgt Montag

Nach zwei Tagen Regen folgt Montag

Titel: Nach zwei Tagen Regen folgt Montag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Bojanowski
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Millionen Jahren begann die spröde Naht Einfluss auf das Schicksal der Menschheit zu nehmen, sagt Zvi Ben-Avraham von der Universität Tel Aviv. Gewaltige Kräfte wandelten die unwirtliche Wüstenlandschaft der Levante zum Vorteil der Frühmenschen. Im Untergrund des Nahen Ostens hatte sich tektonischer Druck gestaut, sodass sich die Flanken beidseits des Bruches allmählich hoben. Am Boden des Toten Meeres reicherte sich seinerzeit deutlich mehr Schlamm an als zuvor, geliefert von Zuflüssen, die aus größerer Höhe strömten. »Die Flüsse ließen zwischen den Gebirgszügen zahlreiche Seen entstehen«, so Ben-Avraham. Die einstige Einöde wandelte sich in eine blühende Landschaft und bildete einen lebensfreundlichen Empfangsraum für die ersten aus Afrika ankommenden Menschen.
    Der einzige Landweg aus Afrika – der »Wiege der Menschheit« – führt über den Sinai und die Arabische Halbinsel. Bis vor zwei Millionen Jahren hatte kein Urmensch die Einöde durchquert. Doch nach der Öffnung des ergrünten Levante-Korridors nahm der Homo erectus den Ausgang aus Afrika, wie 1,4 Millionen Jahre alte Werkzeugfunde am Toten Meer belegen. »Es sind die ältesten frühmenschlichen Relikte außerhalb Afrikas«, betont Ben-Avraham. »Das Land, wo Milch und Honig flossen, bot beste Lebensbedingungen.« Das müssen vor rund 70.000 Jahren auch die ersten Vertreter des anatomisch modernen Menschen so empfunden haben. Der Homo sapiens folgte dem Homo erectus , und auch er erreichte ein Schlaraffenland. Im Levante-Korridor traf er sogar zum ersten Mal auf den Neandertaler, nimmt John Shea von der Stony Brook Universität im US -Bundesstaat New York an. »Dort haben unsere Vorfahren Strategien gegen ihre Konkurrenten entwickelt«, sagt der Anthropologe.
    Weitere Jahrtausende später ermöglichte die Schicksalslinie am Toten Meer einen weiteren bedeutenden Schritt der Menschheitsgeschichte: die Erfindung der Landwirtschaft. Das Klima in der Levante war wieder trockener geworden. Um ihre Nahrungsmittelversorgung sicherzustellen, begannen die Menschen vor rund 13.000 Jahren mit der Getreidezucht. Entsprechende Getreidefunde in der Gegend sind die ältesten bekannten Zeugnisse von Landwirtschaft. Die Verwerfung am Toten Meer prägte somit die Entstehung der Zivilisation.
    Vor etwa 12.500 Jahren gründeten einige der frühesten Siedler an einer ergiebigen Wasserquelle nahe dem Toten Meer den Ort Jericho, die älteste bis heute besiedelte Ortschaft der Welt. Jericho wurde zu einem bedeutenden Handelsplatz des Altertums. Zahlreiche frühe Schriften erzählen von dort, nicht zuletzt die Bibel. In den Überlieferungen meist vernachlässigt wird jedoch die zum Teil zerstörerische Wirkung der Geologie in der Region, sagt der Seismologe Amos Nur von der Stanford Universität in den USA . Die Eroberung der Stadt Jericho durch den Israeliten-Anführer Joshua etwa sei wesentlich von der geologischen Verwerfung geprägt worden – und weniger vom Eroberer selbst. Der Bibel zufolge hatte Joshua den Auftrag, als Nachfolger von Moses für die Israeliten das Gelobte Land einzunehmen. Als seine Armee die Stadt belagerte, soll der Klang ihrer Trompeten mit Gottes Hilfe die Stadtmauern zum Einsturz gebracht haben. Wahrscheinlich jedoch habe ein Erdbeben in der seismisch aktiven Region die Stadt zerstört, vermutet Amos Nur. In Ruinen und im Untergrund Jerichos konnten Paläoseismologen die Spuren von 22 Erdbeben nachweisen.
    Auch am Grund des Toten Meeres finden sich Spuren heftiger Erdstöße aus den vergangenen Jahrtausenden, berichtet Ben-Avraham. Von einem Forschungs-U-Boot aus entdeckte der Geologe, dass eine Flanke am Boden des Gewässers mehrere Meter hoch steil aufragt wie eine glatt polierte Wand. Nur ein äußerst starkes Erdbeben hätte die Kraft, Teile des Untergrunds derart weit nach oben zu stoßen. Möglicherweise war es eines jener Beben, die auch Megiddo erschütterten, die Jahrtausende lang wohl bedeutendste Stadt des Nahen Ostens. Megiddo lag, von hohen Festungsmauern geschützt, auf einer Anhöhe im heutigen Nordisrael an der Handelsstraße zwischen Syrien und Ägypten. Der Ort – laut der biblischen Offenbarung des Johannes der Schauplatz der Entscheidungsschlacht »Armageddon« zwischen Gott und Satan (das Wort stammt von »Har Megiddo«, »der Berg von Megiddo«) – wurde mehrmals von Beben verwüstet. Erdstöße und militärische Schlachten haben das Schicksal des Ortes geprägt. »Die Eroberung von Megiddo bedeutet die

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