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Nach zwei Tagen Regen folgt Montag

Nach zwei Tagen Regen folgt Montag

Titel: Nach zwei Tagen Regen folgt Montag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Bojanowski
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Klimaforschung sei allerdings in ihrem Ausmaß außergewöhnlich. Offenbar hat die Nähe zur Politik den Lagerkampf in der Klimaforschung intensiviert, meint Weingart.
    Die große öffentliche Beachtung hat es den Wissenschaftlern schwer gemacht. »Die Klimaforschung«, schrieb der renommierte Paläoklimatologe Edward Cook vom Lamont-Doherty Earth Observatory am 2. Mai 2001 in einer E-Mail, sei »dermaßen politisiert, dass es schwierig ist, Wissenschaft zu betreiben«. Die Verpflichtung, Daten für den UNO -Klimabericht zusammenzufassen, scheint das Problem zu verschärfen: »Ich habe versucht, die Balance zwischen den Bedürfnissen des UNO -Klimarats und der Wissenschaft zu halten, was nicht immer leicht war«, schrieb der Brite Keith Briffa 2007 in einer Mail. Bei dem Versuch, den Ansprüchen der Politik gerecht zu werden, habe man zu viel Wert auf Konsens gelegt, räumt inzwischen auch MPI -Forscher Martin Claußen ein.
    Selbst Wissenschaftlern geht es nicht immer nur um die reine Wahrheit: Die öffentliche Debatte diene meist »nur vordergründig der Aufklärung«, erläutert Weingart. Vielmehr gehe es darum, »Konflikte durch allgemeine soziale Zustimmung zu entscheiden und abzuschließen«. Dafür sei es hilfreich, eindeutige Ergebnisse zu präsentieren. Doch in der Klimaforschung einen entscheidenden Beweis führen zu wollen erscheint aussichtslos. Der Wissenschaftsphilosoph Silvio Funtovicz hat das Dilemma bereits 1990 vorausgesehen: Die Klimaforschung gehöre zu den »postnormalen Wissenschaften«. Aufgrund ihrer Komplexität unterliege sie großen Unsicherheiten, behandle jedoch gleichzeitig ein hohes Gefahrenpotenzial. Experten sind demnach im Dilemma: Sie haben kaum eine Chance, den richtigen Rat zu geben. Bleibt die Warnung aus, wird ihnen mangelndes Pflichtbewusstsein vorgeworfen. Eine alarmistische Vorhersage wird jedoch kritisiert, sofern sich nicht wenig später entsprechende Veränderungen zeigen. Die Unsicherheiten der Forschungsergebnisse bleiben in der Klimatologie wohl auch auf längere Sicht und bei weiterem Fortschritt bestehen. Nun sei die Frage, ob Wissenschaftler und Gesellschaft damit umzugehen lernen, sagt Weingart. Vor allem Politiker müssten lernen, dass es keine einfachen Resultate gibt. »Auf Wissenschaftler, die simple Antworten versprechen, sollten Politiker nicht mehr hören.«
    Auch wenn viele Fragen zum Klima noch umstritten sind, steht eines fest: Es ist wärmer geworden, auch in Mitteleuropa; ein neues Klima hat sich eingestellt. Das nächste Kapitel – in seiner umfassenden und statistischen Darstellung ein ganz besonderes – zeigt aktuelle Daten für alle Regionen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich: Manche Vorurteile über das Wetter müssen revidiert werden.

33
Das wahre Klima

A. Deutschland
    Das Klima in Deutschland hat sich in den vergangenen 100 Jahren deutlich verändert: Im Durchschnitt stieg die Temperatur um 0,9 Grad. Genauere Aussagen über Veränderungen des Wetters ließen sich bislang kaum treffen, da die Klimaberechnungen auf Daten aus den Jahren 1961 bis 1990 basieren. Doch seither hat sich meteorologisch viel verändert.
    Um auch die Klimaveränderung der vergangenen 20 Jahre zu deuten, haben Meteorologen des Instituts für Wetter- und Klimakommunikation ( IWK ) auf meine Anfrage hin die neuesten Daten des Deutschen Wetterdienstes aus 19 deutschen Städten aufbereitet. Sie zeigen das wahre Klima. »Es ist wärmer und sonniger geworden in Deutschland«, sagt IWK -Chef Frank Böttcher. Und die Klimadatenauswertung lieferte einige Überraschungen – manche Vorurteile müssen korrigiert werden:
    • Die sonnigsten Orte Deutschlands liegen nicht im Süden, sondern im Norden.
    • Das schlechteste Wetter herrscht im Westen, das beste wohl in Franken.
    • Beim Niederschlag gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen West und Ost, jedoch nicht zwischen Nord und Süd. Während es im Norden und Süden an ähnlich vielen Tagen regnet, hat der Osten rund 30 Regentage im Jahr weniger als der Westen.
    Vor allem die Sommer sind wärmer geworden: Am stärksten erwärmt hat sich im Vergleich zum Zeitraum 1961–1990 der August. Die Sommer sind allerdings mancherorts regnerischer als früher, doch die Unterschiede von Region zu Region sind groß. Der einzige Monat, in dem es deutschlandweit mehr Bewölkung gibt als früher, ist der Juni.
    Fast ebenso stark gestiegen sind die Temperaturen im Frühling; im Vergleich zur Periode 1961 bis 1990 ist diese

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