Nachhaltig tot (German Edition)
neuesten Energiestand, wir hatten am falschen Ende gespart, und Maik war jemand, der es gerne warm hatte. Statt sich einen Pullover überzuziehen, stellte er lieber die Heizung höher, wärmte die Räume bis auf 23 Grad. Wir liefen bald alle nur noch im T-Shirt herum.
Auf der Heizkostenabrechnung sah ich schwarz auf weiß, wie viel uns das Leben mit Maik kostete.
Der Gedanke an Mord reifte in mir. Nachts auf meiner Matratze im Bügelzimmer ging ich verschiedene Möglichkeiten durch.
Er badete nie, sodass sich die Fönvariante ausschloss. Mit Gift im Essen kannte ich mich zu wenig aus, und für eine Methode mit Körperkontakt, wie Erstechen oder Erwürgen, fühlte ich mich zu schwach, und vielleicht auch nicht unerschrocken genug.
Auf Frank konnte ich nicht zählen; er war in den vergangenen Monaten immer zurückhaltender und vorsichtiger geworden, gar nicht mehr sein altes Selbst. Und ehrlich gesagt war es mir auch lieber, wenn ich das Risiko trug. Mir fiel es leichter, selbst etwas zu ertragen, als jemandem, der mir nahe stand, dabei zuzusehen.
Maik legte die Pistole nachts unter sein Kopfkissen, er hatte einen leichten Schlaf, das hatte ich schon mehrfach getestet.
„Was hast du vor?“, fragte er mich nachts, wenn ich zum Fenster schlich.
„Ich kann nicht schlafen“, antwortete ich jedes Mal lahm, „ich will nachsehen, ob Vollmond ist.“
Als ich dann endlich zur Tat schritt, handelte es sich weniger um einen ausgeklügelten Plan als um das Ergreifen einer günstigen Gelegenheit.
Ich brachte schmutzige Wäsche in den Keller – Maiks Wäsche war auch dabei.
Er folgte mir mit zwei Schritten Abstand, lässig mit den Armen schlenkernd, die Pistole im Hosenbund. Obwohl er mich bei meinen Erledigungen auf Schritt und Tritt begleitete, half er nie.
Als ich die Kellertür öffnete und die steile Treppe sah, stand es plötzlich glasklar vor mir. Wo anders als auf Kellertreppen kamen Leute ums Leben? Unzählige waren dort zu Tode gestürzt, und niemand wusste, ob es ein Unfall war oder jemand nachgeholfen hatte.
Ich strauchelte scheinbar, ließ den Korb von meiner Hüfte rutschen, die Wäsche auf die obersten Stufen fallen. Ich fluchte, suchte ein paar Wäschestücke vom Boden, dann richtete ich mich auf, sah Maik mit – nicht nur gespieltem – Ärger an.
„Du könntest ruhig mal mit anfassen“, fauchte ich, „es ist schließlich auch deine Wäsche.“ Er grinste süffisant, bückte sich, hob einen meiner BHs auf. „Soll ich dir vielleicht damit helfen?“ Er ließ den BH vor meinem Gesicht baumeln.
Es war das erste Mal, dass er eine sexuelle Anspielung machte; ich war einen Moment lang so überrascht, dass ich fast mein Vorhaben vergessen hätte.
„Womit auch immer“, schnappte ich. Er bückte sich noch einmal, griff nach einem von Tabeas geblümten Schlüpfern, und irgendwie gab das den Ausschlag. Ich trat ihm mit aller Kraft in die Kniekehlen; er stürzte mit einem Aufheulen die Stufen hinab. Unsere Kellertreppe ist lang. Er polterte und schlitterte mit einem Überschlag die Stufen hinunter, sein Kopf schlug mit einem Krachen gegen die letzte Kante.
Eine Sekunde lang herrschte Stille, schreckliche Stille, in der mir fast das Herz vor Anspannung zersprang. Dann heulte er los. „Du Schlampe, du verdammte Hure“, schrie er. Ich schlug die Hände vors Gesicht, spürte förmlich die Kugeln in meine Brust einschlagen.
Er beschimpfte mich mit den schlimmsten Ausdrücken, und irgendwie half mir das, Wut anzusammeln. Ich spähte durch zwei Finger und sah, dass er keineswegs die Pistole auf mich richtete – die lag mehrere Meter von ihm entfernt.
Als wäre ihm auch gerade aufgegangen, dass Schreien und Schimpfen wenig bringen würden und seine ganze Macht in unserem Haus nur mit dieser Pistole zusammenhing, versuchte er sich aufzurappeln.
Die Mühe, die er mit seinem verdrehten Bein hatte, riss mich aus der Erstarrung. Ich rannte die Kellertreppe hinab, widerstand der Versuchung, dem robbenden Maik auf die Finger zu treten – vielleicht hätte er mich am Knöchel gepackt –, lief einen Bogen um ihn und hob die Waffe auf.
Mit zitternden Fingern, beide Hände um die Pistole gelegt, und in breitbeiniger Stellung, wie ich es im Fernsehen gesehen hatte, richtete ich sie auf ihn.
Er sah mich spöttisch an. „Die hat keinen Rückschlag“, meinte er, „du musst dich nicht breitbeinig hinstellen.“ Ich modifizierte meine Beinhaltung, war verunsichert.
„Gib sie her“, sagte er, „du schießt
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