Nachrichten aus einem unbekannten Universum
kontinuierlich arbeitendes Kraftwerk liefert täglich 24 Stunden konstante Energie. Von einem Windrad lässt sich das nicht sagen. Es kann auch ein paar Stunden stillstehen, wenn der Wind nicht bläst. Hier behilft man sich mit Durchschnittsangaben, soll heißen, es liefert am Tag durchschnittlich soundso viele Kilowattstunden Energie. Andersherum lässt sich sagen: Der Haushalt der Familie Müller fordert einem Kraftwerk acht, zwölf oder sechzehn Kilowattstunden täglich ab, je nachdem, was die zu Hause treiben.
Ursprünglich von der Wissenschaft eingefordert, sind SI-Einheiten heute eine Art Basissprache der Wirtschaft. Ausreißer gibt’s natürlich immer. Die USA benutzen SI-Einheiten fast nur im Bereich Forschung und Technik, Engländer geben Entfernungen in Meilen und Yards an und Temperatur in Fahrenheit, und ein Guinness wird als Pint ausgeschenkt. Halfpint, sagt der Wirt gewöhnlich, is for Ladies.
2050 wird die Weltbevölkerung Prognosen zufolge 30 Billionen Kilowattstunden verbrauchen, sofern sie bis dahin auf zehn Milliarden Menschen angewachsen ist. Immer noch kein Problem, gelänge es, die Energie der Ozeane in ausreichendem Maße anzuzapfen. Doch das ist gar nicht so einfach. Zwar können Wasserkraftwerke ganz schön powern: 12.600 Megawatt liefert das weltgrößte Werk im brasilianischen Itaipü, so viel wie zehn durchschnittliche Atomkraftwerke. 2009 soll der chinesische Drei- Schluchten-Staudamm 18.200 Megawatt freisetzen. Doch diese Kraftwerke sind Binnenkraftwerke. Sie nutzen die Energie von Flüssen. Das Meer ist weniger kalkulierbar als ein stetiger Strom und bisher von der Energiewirtschaft vernachlässigt worden. Dabei gibt es gleich fünf Konzepte, die der Rede wert sind.
Kommen Sie. Gehen wir ein bisschen durchs Watt.
machen sich die Wasserstandsdifferenz von Ebbe und Flut zunutze. Man sucht sich eine Flussmündung, baut eine Mauer ins Wasser, die den Fluss vom Meer abtrennt, und durchbricht sie mit Turbinenschächten. Diese werden gleich zweimal in Gang gesetzt. Einmal, wenn Wasser mit der Flut einströmt, ein weiteres Mal, wenn es wieder abfließt. Die Bewegungsenergie treibt die Turbinen an, und diese erzeugen Strom.
Allerdings, drei Haken hat die Sache.
Zum einen treten Ebbe und Flut periodisch auf. Hat das Wasser ein Ruhelevel erreicht, gibt’s vorübergehend keinen Saft in der Steckdose. Der zweite Haken ist, dass sich Gezeitenkraftwerke nur dort installieren lassen, wo der Tidenhub (der durchschnittliche Höhenunterschied zwischen Ebbe und Flut) mindestens fünf Meter beträgt. Und das ist schlecht für Deutschland. Denn wir sind mit maximal 3,5 Metern außen vor.
Umweltschützer weisen drittens auf die Folgen hin, wenn man einen Fluss durch eine Mauer vom Meer abschneidet. Ganze Ökosysteme sind dadurch gefährdet, also versucht man sich an Alternativen — statt einer Mauer werden in Abständen künstliche Turbineninseln errichtet, damit die Fische kein Erich-Honecker- Trauma bekommen.
Wellenkraftwerke
Im Schnitt transportieren Wellen pro Meter Küstenlinie bis zu 30 Kilowatt. Würde man einen 50 Kilometer langen Küstenstreifen mit Wellenkraftwerken zupflastern, könnte man sich ein großes AKW sparen. Leider — oder Gott sei Dank — eignet sich nicht jede Küste für derlei Vorhaben. Sehen wir davon ab, dass Wellenkraftwerke klotzige Bunker und damit nicht eben schön sind, hätten auch die Bewohner des Küstenstreifens darunter zu leiden, Krebse, Würmer, Fische, Amphibien, Muscheln und Seegräser. So aber kommen nur bestimmte Regionen in Frage.
Dennoch ließe sich der globale Strombedarf bis zu 15 Prozent aus Wellenenergie decken. Bloß Deutschland darf wieder nicht mitspielen, oder genauer gesagt, nur ein bisschen. Auf der Skala der globalen Wellenenergiedichte rangieren wir im unteren Drittel, mit gerade mal 10 bis 20 Kilowatt pro Meter Küstenlinie.
Dafür krachen rund um Kap Hoorn 100 Kilowatt gegen die Felsen, ebenso im Nordatlantik. Mit 70 Kilowatt ist die australische Südküste ein Paradies für Wellenreiter. Auch Spanien, Schottland, Norwegen und Südafrika eignen sich für die Installation von Wellenkraftwerken. Die Karibik hingegen ist noch ärmer dran als Deutschland, sie kommt über 10 Kilowatt nicht hinaus.
Schöne Technologie also — sofern man Wellen hat.
Auf offener See herrscht daran kein Mangel. Die Europäische Union fördert darum ein viel versprechendes Projekt namens Wave Dragon. Die Anlage operiert weit draußen vor der Küste und
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