Nachrichten aus einem unbekannten Universum
Selbstverwirklichung des Individuums diskutieren. Dafür können wir sie vielleicht überreden, zur Oberfläche aufzusteigen und menschlichen Kolonisten als Inseln zu dienen. Wir machen es uns auf dem Rücken gigantischer Gallertberge gemütlich und versorgen sie dafür mit Coca-Cola und anderen Leckereien, die auf Wasserplaneten Mangelware sind.
Im Grunde reicht ein Blick in unsere eigenen Ozeane, um sich die Lebensvielfalt in fremden Meeren vorzustellen. Signifikant wird sich außerirdisches Meeresleben nicht von irdischem unterscheiden. Auch weit draußen im All werden wir fischähnlichen Wesen begegnen und welchen mit Tentakeln und vielen Armen, solchen mit Rückstoßantrieb und schlängelnder Bewegungstechnik. Nur Wale wird es wahrscheinlich keine geben, weil es kein Land gab, auf das jemand hätte kriechen und von wo er wieder hätte ins Meer gelangen können.
Würden die Bewohner der Wasserwelt Raumschiffe bauen, müssten sie in wassergefüllten Behältern reisen, ähnlich wie wir uns Pressluftflaschen auf den Rücken packen und in luftgefüllte Tauchboote steigen. Photosynthese könnte vielfältiges Leben nahe der Wasseroberfläche begünstigen, allerdings sind auch in den tiefen Schichten Lebewesen vorstellbar, die via Biolumineszenz kommunizieren würden. Gut möglich, dass es unten sogar hell ist, ähnlich wie in James Camerons Film The Abyss. Nur dass uns freundliche E.T.s mit gütigen Fischgesichtern in Hightech-Hochburgen empfangen und filigrane Ärmchen zum glitschigen Händedruck reichen, muss auf das Entschiedenste bezweifelt werden. Im korrosiven Umfeld eines Hochdruckozeans empfiehlt sich keine schicke City. Sinnvoller wäre es, selber die Stadt zu sein und so verformbar wie möglich. Es gäbe vielleicht ein New York, doch wäre es weich wie Gummi. Frank Sinatra hätte es garantiert nicht besingen wollen.
Und wie kämen wir mit denen zurecht, diesen ... anderen?
Ganz gut. Der Großteil des Lebens würde uns ebenso vom Halse bleiben wie wir ihm, einfach weil die Biotope zu unterschiedlich wären. Mit der Tiefe hätten wir allenfalls diplomatischen Kontakt. Die Kreaturen der Oberfläche könnten uns jedoch als Nahrung dienen. Oder wir ihnen. Welche Überraschung auch immer die Wasserwelt bereithält, das Kentern schwimmender Inseln dürfte bisweilen dazu gehören. Irgendwas geht immer schief. Dann fällt das Äffchen ins Wasser, und irgendjemand kommt und beißt es in den Hintern.
Also durchaus irdische Verhältnisse.
Eigentlich schön zu wissen.
ÜBERMORGEN
Das unbekannte Universum
Übermorgen hat Oma Geburtstag. Übermorgen ist Fahrschulprüfung. Übermorgen spielt Deutschland gegen Argentinien.
Übermorgen ist der Kabeljau ausgestorben.
Immerhin: In drei von vier Fällen verspürt der Mensch unmittelbaren Handlungsbedarf. Also wird Papas Auto über den Acker geprügelt, ein Geschenk besorgt und die Bierreserve aufgestockt. Nicht auszudenken, würde man beim Rückwärts-Einparken in die Grünanlagen dreschen, Oma ihre Cognacpralinen reklamieren oder das entscheidende Tor unbegossen bleiben. Übermorgen, das ist sozusagen um die Ecke.
Schon gar nicht auszudenken, sagt der kleine Fritz, gäbe es keine Fischstäbchen mehr!
Nun weiß man selbst in küstenfernen Großstädten, dass Fischstäbchen nicht in der Tiefkühltruhe wachsen. Auch dass sie in einem früheren Leben Kopf und Schwanz besaßen, anstatt fertig paniert den Ozean zu durchstreifen, dürfte sich herumgesprochen haben. Andererseits werde ich nie den Tag vergessen, an dem ich beschloss, meine Liebste mit einer Lachsforelle zu beglücken, zwecks dessen ich die wohl beleumundete Lebensmittelabteilung eines größeren Kaufhauses besuchte. Neben mir stand eine Frau und kaufte Jakobsmuscheln, während ihre pubertierende Tochter — vielleicht 14 Jahre alt — den Verkäufer mit Schilderungen ihres Sylter Reiturlaubs beglückte. Mama begutachtete ihre Muscheln. Mein Blick hingegen ruhte auf einem Aquarium, bewohnt von allerlei Getier, unter anderem auch von Lachsforellen. Nun, ich bin Frischefanatiker. Also bat ich den Verkäufer, eine der Forellen für mich aus dem Bassin zu fischen, sie der Bürde ihres Lebens zu entheben und auszunehmen.
Ebenso gut hätte ich lautstark verkünden können, das Pferd der 14-jährigen schänden und vierteilen zu wollen. Die jugendliche Unterlippe geriet in seismische Aktivität. Ein Blick voller Abscheu traf mich wie eine Ladung Schlick. Aller Illusionen beraubt hauchte das zarte Geschöpf
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