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Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Titel: Nachrichten aus einem unbekannten Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Zentimetern ausweichen müssen. Die Gegend hätte widergehallt von Ihren spitzen Schreien angesichts wildschweingroßer Spinnen. Das Wachstumsphänomen ist als Gigantismus bekannt geworden, wie er später noch einmal auftritt, als die Saurier vor lauter Kraft kaum laufen können. Der Sauerstoffanstieg hat aber auch ein Gutes, weil die Luft jetzt besser trägt. Ein Traum wird wahr, der Traum vom Fliegen. Oder der Alptraum. Wie gesagt, 70-Zentimeter-Libellen ...
    Im Meer dominieren die Ahnen unserer Tintenfische, die Ammoniten. Überall machen sich Muschelbänke breit. Kalkalgen und Schwämme bauen fleißig Riffe. Neue Arten entstehen, vor allem aber gelingt es Knorpelfischen, Knochenfischen und anderen Organismen, das Süßwasser zu besiedeln. In den Flüssen sind Stachelhaie unterwegs, von Kahnpartien wird abgeraten. Insbesondere die Fische durchlaufen eine Reihe von Verbesserungen, was sich im Perm fortsetzt, der Zeit bis zum Beginn des Mesozoikums, des Erdmittelalters, das vor rund 250 Millionen Jahren seinen Anfang nimmt und das Paläozoikum, das Erdaltertum, ablöst. Knapp 290 Millionen Jahre hat es gedauert, hat sich fulminant eingeführt mit der Kambrischen Explosion, und ebenso denkwürdig verabschiedet es sich.
    Es wird ein Ende mit Schrecken.
    Dabei war es nach dem Karbon gar nicht so übel weitergegangen. Die Ammoniten erreichten beachtliche Ausmaße und beherrschten Pangäas Küsten und die Tethys. Brachiopoden taten es den Korallen gleich und reüssierten als Architekten gefälliger Knollengebilde. Es herrschte Aufbruchstimmung. Selbst die Einzeller mochten sich nicht länger mit ihrem Mickerwuchs zufrieden geben und bildeten fünf Zentimeter große Foraminiferen aus. Alles wuchs und wuchs und wuchs. Vielleicht, wäre es so weitergegangen mit dem Wachstum, würden heute doppelstöckige Tausendfüßler den Verkehr beherrschen und Pendler ins Büro bringen, und die feinere Gesellschaft träfe sich zum Ausritt auf Taranteln. Abends müsste die Hausmilbe Gassi geführt werden, und nach Mallorca gelangte man auf jetgroßen Libellen, die keine Rollbahnen brauchten, weil sie senkrecht starten und landen könnten. Habichtgroße Moskitos hätten für Insektenspray nichts als Verachtung übrig, dafür würden findige Reiseunternehmer Mückensafaris organisieren, um die miesen Stecher mit Großkalibern zu erlegen. In Jägerstuben hingen keine Hirschgeweihe, sondern Fühler und Facettenaugen, Hummer würden für Abrissarbeiten eingesetzt und Heringe mit Harpunen gejagt Doch der Gigantismus fand ein jähes Ende. Diesmal war Sibirien an allem schuld, klimatisch ohnehin nicht gerade eine Empfehlung.
    Vor 250 Millionen Jahren lag die heutige Tiefkühltruhe im Nordosten Pangäas. Damals hatte sich dort der Vulkanismus etabliert wie eine terroristische Vereinigung. Seit langem kochte und brodelte es in Sibirien. Ans finstere Mordor hätte man sich erinnert gefühlt, das Reich Saurons, des Herrn der Ringe. Der dunkle Herrscher der Vulkane ärgerte sich, fühlte sich ungerecht behandelt. Warum bloß tummelte sich das blöde Leben in den Regenwäldern? Warum im Meer? Warum praktisch überall, nur nicht hier? Wir sind denen wohl nicht gut genug, wir sibirischen Feuerspucker. Mit uns will keiner? Schön, drehen wir den Spieß eben rum: Mit uns kann keiner! So läuft das nämlich. Hähähä!
    Anfang 2005 untersuchte der amerikanische Paläontologe Peter Ward von der Universität Washington Gestein in Südafrika und China. Ersteres war im Perm festes Land gewesen, Letzteres hatte unter Wasser gelegen. Sosehr der Sauerstoffgehalt vorübergehend gestiegen war, so drastisch schien er am Ende des Paläozoikums wieder gesunken zu sein. Ein Forscherteam der University of Technology in Perth machte ähnliche Entdeckungen auf dem australischen Kontinent. Heute beträgt der Sauerstoffanteil in unserer Atmosphäre 21 Prozent, damals war er von 35 Prozent auf 16 Prozent abgestürzt. Hinzu kam eine geradezu mörderische Hitze im tropischen Gürtel. Offenbar war der Meeresspiegel infolge polarer Vereisungen gefallen. Organisches Material, das sich in den Flachmeeren angesammelt hatte und nun offen zutage lag, ging chemische Verbindungen mit der Atmosphäre ein und schluckte deren Sauerstoff. Das Klima geriet in einen Taumel der Extreme.
    Verantwortlich zeichnete der sibirische Vulkanismus.
    Laut Peter Ward war dort die Hölle ausgebrochen und hatte tief greifende klimatische Veränderungen bewirkt. Ohnehin waren die Meeresströmungen durch

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