Nachrichten aus einem unbekannten Universum
die Vereinigung der Landmassen in andere Bahnen geraten. Alles zusammen führte zum Kollaps. Im Verlauf von zehn Millionen Jahren ging die Artenvielfalt zurück, erst langsam, dann rapide, als die geschwächten Ökosysteme in sich zusammenbrachen.
Sibirien als Schurkenstaat des Perm, daran bestehen kaum noch Zweifel. Ungeklärt ist, was genau die Eruptionen eigentlich bewirkt haben. Für Ward ist der Fall klar: Aschepartikel und Schwefelaerosole verschleiern die Atmosphäre, es wird erst einmal kälter, Gletscher bilden sich, der Meeresspiegel fällt, und der von ihm vermutete Effekt setzt ein. Aber konnte vulkanisches Wüten in einem verhältnismäßig überschaubaren Teil der Erde für ein globales Armageddon verantwortlich sein? Natürlich, sagt Ward, und wird dabei von anderen Forschern unterstützt, die allerdings in ihren Theorien auseinander liegen. Der Paläobotaniker Henk Visscher von der Uni Utrecht glaubt, dass die Ausbrüche Teile der Ozonschicht zerstörten. Schon einmal hatte die Schädigung des Ozons für Heulen und Zähneklappern gesorgt. Die Forscher aus Perth hingegen konstruieren eine andere Kausalitätenkette: Der Vulkanismus in Verbindung mit den Kontinentalkollisionen habe die Meeresströmungen umgelenkt, was schwefelreduzierende Bakterienkonsortien begünstigte. Deren Ausscheidungen gelangten ins Wasser und in die Atmosphäre und vergifteten einen Großteil der damaligen Organismen, die sich den neuen Verhältnissen nicht anpassen konnten.
Im heutigen Sibirien finden sich rund 250 Millionen Jahre alte vulkanische Gesteinsschichten, die weite Flächen überziehen. Demzufolge muss das Land in einem wahren Ozean aus Lava geschwommen sein. Dass dabei freigesetzte Gase über die Dauer einiger Millionen Jahre einen kompletten Planeten in Mitleidenschaft ziehen, scheint keineswegs unmöglich. Die Erde ist ein wechselwirkendes System. Was hüben geschieht, wirkt sich drüben aus, und umgekehrt. Die Schätzungen, wie stark das Leben dezimiert wurde, gehen auseinander, sind aber in jedem Fall dramatisch. Manche sprechen von bis zu 95 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten, andere schätzen, dass ein Viertel der landlebenden Wirbeltiere mit dem Leben davonkam, möglicherweise sogar 70 Prozent der Reptilien. Definitiv scheint es 90 bis 95 Prozent der Meeresorganismen dahingerafft zu haben, darunter die Hälfte aller marinen Wirbellosen, drei Viertel der Amphibien und fast sämtliche Reptilien. Nach Meinung der Skeptiker schließt eine solche Katastrophe puren Vulkanismus als Ursache aus. Ein zusätzlicher Faktor müsse im Spiel gewesen sein. Vielleicht der nette Meteor von nebenan? Wäre nicht das erste Mal.
Noch vor wenigen Jahren war man überzeugt, ein Himmelskörper von 6 bis 12 Kilometer Durchmesser sei damals ins Meer gestürzt und habe den ozeanischen Boden aufgeschmolzen, wodurch gewaltige Schwefelwolken entwichen und sich das Meerwasser mit lebensfeindlichem Kohlendioxid sättigte. In der Tat weisen Sedimente aus dem Perm, die in Ungarn, Japan und China untersucht wurden, große Mengen an Schwefel- und Strontiumisotopen auf. Auch die so genannten Buckminster-Fullerene unterstützen die Meteoriten-Theorie, ballförmige Kohlenstoffmoleküle aus der Zeit des großen Sterbens, die seltsame Gasverbindungen gespeichert haben, wie sie in der irdischen Atmosphäre nicht vorkommen. Folglich müssen sie aus dem Weltraum stammen, ebenso wie bestimmte Metalle in der Antarktis, die sich dort vor einer Viertelmilliarde Jahren ablagerten und gemeinhin in Meteoriten zu finden sind. Dem Impact folgten Erdbeben und Vulkanausbrüche, saurer Regen ging auf die Welt nieder und vernichtete große Teile der Vegetation und fast alles Leben im Ozean.
Oder war der Meteorit aufs Land geprallt? Doch es gibt keinen passenden Krater aus der Zeit, außerdem wäre das kontinentale Leben weitaus stärker in Mitleidenschaft gezogen worden, als es offenbar der Fall war.
Auch Gregory Pyskin von der Northwestern University und Gregory Ratallack von der University of Oregon glauben an einen Einschlag im Meer. Darüber hinaus haben sie ihre ganz eigene Version der Vorgänge entwickelt. Für beide ist Methan der Übeltäter. Pyskin vermutet, der Meteorit habe eine Kettenreaktion provoziert, in deren Verlauf ungeheure Mengen Methan in die Atmosphäre gelangten: »Die Meere könnten problemlos so viel Methan angesammelt haben, wie es der Explosionskraft der zehntausendfachen Gewalt der gesamten auf der Erde vorhandenen Nuklearwaffen
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