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Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Titel: Nachrichten aus einem unbekannten Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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entspricht. Das hätte ein Sterben gewaltigen Ausmaßes zur Folge gehabt.«
    Für Pyskin braucht es dafür nicht mal einen besonders großen Asteroiden. Methanhydrate etwa ließen sich schon mit geringen Mitteln destabilisieren. Sibirien schön und gut, aber erst das Zusammenspiel mit dieser kosmischen Granate habe zum Desaster führen können. Dem pflichten Wissenschaftler aus aller Welt bei, die anmerken, es habe schon früher Phasen verstärkten Vulkanismus gegeben, ohne dass gleich 90 Prozent der Schöpfung abdankten. Wie so viele Debatten über die Historie unseres Planeten mäandert auch diese vor sich hin. Sauerstoffmangel habe nichts mit dem Artensterben zu tun, behauptet etwa der Züricher Paläontologe Wolfgang Schbatz von der Eidgenössischen Technischen Hochschule, so viele Warmblüter mit hohem Sauerstoffbedarf hätten im Perm doch gar nicht gelebt.
    Einigermaßen fest steht, dass die Gewinner des größten Artensterbens der Geschichte die Landpflanzen waren. Sie kamen vergleichsweise glimpflich davon. Ihre Äste und Triebe sprossen weiter und entrollten sich tastend ins Mesozoikum, die große Zeit der Landbewohner.
    Das Meer aber war zu einer Stätte des Lebens unter vielen geworden.

 
Willkommen im Jurassic Park
    Was, mögen sich die hoch entwickelten Trilobiten mit ihren formidablen Facettenaugen gedacht haben, wäre eine Welt ohne Trilobiten.
    Die Katastrophe lieferte die Antwort: eine Welt ohne Trilobiten. Basta. So oft sie dem Aussterben ein Schnippchen geschlagen hatten, raffte es die Trilobiten am Ende des Perm endgültig dahin, sehr zur Freude der Fossiliensammler, die heute allerorten über Trilobiten- reste stolpern. Es mag uns schmerzen und in unserer Eitelkeit verletzen, aber der Erde ist es herzlich egal, wer gerade auf ihr lebt, ob Trilobiten oder Menschen. Die Natur ist herzlos, ein Verwalter des Möglichen, einzig in Übereinstimmung mit sich selbst. Das weiß Miss Evolution, die geniale Erfinderin, von der wir gerne hätten, dass sie uns wie eine Mutter liebt. Was sie augenscheinlich ja auch tut. Alles unternimmt sie, um das Überleben einer Art zu sichern. Aber wenn gar nichts mehr hilft, wendet sie sich ab, und man stirbt aus.
    Auch das größte Massensterben der Geschichte war ihr weniger Verdruss denn Ansporn. Zu tun hatte sie reichlich, schließlich kümmerte sie sich jetzt verstärkt um Landbewohner, die nach dem Zusammenschluss Pangäas in alle Himmelsrichtungen wanderten und diversen Lebensräumen angepasst sein wollten. Im Trias, der Zeit bis vor 200 Millionen Jahren, hatte Lurchi bereits erstaunliche Entwicklungen durchgemacht. Er brauchte nicht länger Flüsse, Seen und Tümpel, um sich zu vermehren, sondern war ein echter Bursch’ vom Land geworden, der säugetierähnliche Therapsiden und amphibische Thecodontier hervorgebracht hatte.
    Eine ganze Weile hatten die Therapsiden geherrscht und es zu beachtlicher Körpergröße gebracht, einige gar den Sprung zum Warmblüter geschafft. Eindeutig waren sie die Kronprinzen der Evolution. Unter anderen Umständen wären wohl waschechte Säugetiere aus ihnen geworden, während die Thecodontier weiterhin ihr mäkeliges Dasein als Eierdiebe gefristet hätten. Nun allerdings waren die Therapsiden übel dran. Geschwächt vom großen Sterben, meldeten sie kaum noch Aufenthaltsrecht an. Lurchis andere Entwicklungslinie hingegen, die Thecodontier, präsentierten ein Projekt von revolutionärer Eleganz:
    »Also, wir haben beschlossen, Saurier zu werden. Dinosaurier, das heißt Schreckliche Echsen<, echt ein saublöder Name, aber was soll’s. Hauptsache weg mit dem reaktionären Amphibiengeschmeiß und dem ozeanischen Faschismus, Eiablage im Wasser und all der Quatsch. Die Therapsiden können wir vergessen. Säugetiere wollten die mal werden, einige hatten sogar schon Fell, pfui bah! Wir hingegen erklären die Unabhängigkeit vom Wasser und sagen dem Imperialismus der Säuger den Klassenkampf an. Nur ein toter Säuger ist ein guter Säuger! Lang lebe die Revolution!«
    Sie merken schon, dass es sich bei den Thecodontiern erdgeschichtlich um Jugendliche handelt, weshalb die Ausdrucksweise wenig differenziert anmutet. Zornige junge Echsen halt, den Kopf voller Ideale.
    »Weiter dachten wir uns, erst mal klein anzufangen. Flink und beweglich die strategisch wichtigen Positionen besetzen, die Revolution von unten ins System tragen. Wichtig ist, die Gesellschaft auch optisch umzugestalten. Die Beine zum Beispiel, man hetzt sich ab und stolpert

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