Nacht der Dämonen
begannen die Menschen seltsame, wertvolle Kristalle zu finden, rot wie Rubine und gelb wie Topase, doch härter sogar noch als Diamanten. Da fingen sie an, diese Stollen in den Berg zu hauen. Ihre Mühen waren erfolgreich – zu erfolgreich –, denn sie stießen auf die Überreste des Sternenschiffs und setzten ahnungslos jene Dämonen in ihm frei.
Eine Weile tat sich nichts, doch als der Mond immer voller wurde, suchte blutiges Chaos das Land heim. Viele starben heulend vor Grauen zu jener Zeit und viele weitere Monde danach.
Bald wurden Opfer gebracht, in der irren Hoffnung, dass das ›Erdvolk‹ – wie die Bürger von Elkad jene aus dem Sternenschiff zu nennen begannen – dadurch besänftigt werden könnte. Doch der grässliche Appetit der Dämonen wuchs nur noch, und sie wurden bei jedem Vollmond stärker. Es gab keinen Ausweg aus diesem Grauen.
Das ergrimmte Zarutha. Er forderte, dass die Menschen gegen diese Kräfte des Bösen kämpfen und nicht sie besänftigen sollten. Er und sein Mentor, Muthsa, gingen mit Zauber – die sie aus den Schriften der alten Weisen von Valusien und Commoriom gelernt hatten – gegen das Erdvolk vor. Aus den Kristallen der Dämonen schufen sie einen Stab, der den Urgöttern dieser Dämonen die Macht entzieht – und schließlich gelang es ihnen, das ›Erdvolk‹ wieder unter diesem Turmberg gefangen zu halten. Und dort sind sie noch bis zum heutigen Tag.
Ja, das Erdvolk. Ich habe keine Macht darüber, doch die Zeit naht, da ich imstande sein werde, es freizulassen und in die Stadt im Tal zu schicken. An diesem Tag werde ich mich vielleicht entschließen, diese Menschen zu vernichten – werde das Erdvolk wie eine Flammenflut über sie schicken!«
Sonja spürte den kalten Schauder auf ihrem Rücken. Etwas funkelte gespenstisch in Saurebs Augen, wie ein Hauch von Wahnsinn.
»Vor Generationen wurde das Erdvolk durch Zaruthas Zauber gebannt – und er setzte es gefangen, weil er fand, dass die Menschen von Elkad es verdienten, frei von Furcht zu leben. Doch bald änderte er seine Meinung, denn die Herrscher von Elkad gaben ihre Opferungen nicht auf. Sie behaupteten, es sei eine notwendige Vorsichtsmaßnahme. Doch die Wahrheit war, die Herrscher hatten erkannt, dass die abergläubische Furcht die Bürger gefügig machte. Zarutha bedauerte, was er getan hatte, und zog sich in diese Berge zurück, um allein hier zu leben, fern vom Pesthauch der Menschen. Er hätte das Erdvolk gleich wieder befreit, doch die Zauber, die er und Muthsa darüber verhängt hatten, ließen sich nur während einer bestimmten Stellung der Sterne unwirksam machen, und zu dieser würde es erst nach vielen Generationen kommen.
Muthsa blieb in Elkad bis zu seinem Tod und predigte gegen die Opferungen, die auch eingeschränkt, aber nie völlig aufgegeben wurden. Und so war es bis heute – und immer noch befällt Unruhe und Besorgnis die Menschen, wenn der Mond über diesem Tal sich rundet, denn auch jetzt noch trägt der Wind die Gedanken der schlafenden Sternenreisenden mit sich, die von ihrer Befreiung träumen.«
Das ungute Gefühl in Sonja wuchs, doch ehe sie ihrer Besorgnis Ausdruck verleihen oder sich erheben konnte, um zu gehen, strich Saureb mit der offenen Hand über den Spiegel und sagte: »Seht, Rote Sonja, ist dies nicht der Mann, der Euch verfolgt?«
Erstaunt beobachtete Sonja, wie Keldum im Spiegel erschien. Sein Bild füllte die Wölbung von Rand zu Rand, dann fiel es zurück, als entferne der Spiegel sich von ihm, der bald einen riesigen Saal zeigte: die große Banketthalle von Hefeis Palast. Sie sah Keldum, Gevem und all ihre Männer an langen Tischen sitzen, die sich unter der Last der Speisen und Getränke schier bogen. An einer erhabenen Tafel, etwas abseits der anderen, saßen Hefei und ihr Gefolge, und Sonja las die innere Unruhe in der Miene der Herrscherin.
»Passt jetzt auf!« sagte Saureb düster. »Was wir sehen, geschieht in diesem Augenblick. Hefei ist eine abergläubische Frau mit vielen Ängsten. Seht selbst, was sie geplant hat!«
Wieder schien das Bild sich zurückzuziehen, und nun war die Banketthalle aus einem anderen Winkel und größerer Höhe zu sehen. Bewaffnete reihten sich auf den Galerien aneinander. Ihre Waffen waren hinter den Steinsäulen verborgen. Während Keldum und seine Männer aßen, bereiteten Hefeis Soldaten sich auf den heimtückischen Angriff vor.
»Auf ein Signal der Herrscherin«, erklärte Saureb, »werden diese Soldaten mit Pfeilen auf die
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