Nacht der Dämonen
Zamorier schießen. Hefei hat den Fremden diese Falle gestellt. Sie beabsichtigt, alle in der Banketthalle töten zu lassen. Schaut – die Türen werden verschlossen.«
Sonja sah, wie Sklaven die bronzeverzierte Flügeltür an einem Ende der Halle schlossen. Keldum bemerkte es. Er beugte sich zu Gevem vor und deutete auf die Sklaven. Und da gab Hefei das Zeichen. Ein Diener verneigte sich vor ihr, und die Herrscherin schien sich bei ihren Gästen zu entschuldigen – so zumindest erweckte es den Anschein, denn zu hören vermochte man durch den Spiegel nichts – und erhob sich, um den Saal zu verlassen.
Hinter der Galeriebrüstung blickten die Soldaten einander an und hoben ihre Bogen.
Peth war nicht in der Banketthalle.
Der schlanke Knochenleser hatte Wichtigeres vor, als sich an dem Gelage zu beteiligen. Er wollte Mophis, den Gelehrten sprechen, von dem er wusste, dass er hier lebte, denn dieser alte Zauberer war vielleicht imstande, ihm ein paar dringende Fragen zu beantworten.
Während Keldums Männer sich in die Banketthalle gedrängt hatten, hatte er sich unbemerkt aus den Reihen entfernt und hinter einem dicken Wandteppich versteckt. Zwischen Behängen und Wand hatte er sich dann zu einer Tür für das Gesinde geschlichen und sich von dort tiefer in den Palast begeben.
Er kannte den Weg nicht, so benutzte er seinen Instinkt als Führer. Dass Mophis sich nicht Hefeis Gefolge in der Halle angeschlossen hatte, war ihm sofort aufgefallen. Da er nicht wusste, wo er ihn finden konnte, suchte Peth vorsichtig das Erdgeschoß ab und schließlich, mit genauso wenig Erfolg den ersten Stock. Die Stimmen und Geräusche aus der Banketthalle drangen bis hier herauf. Peth wunderte sich, dass kaum Soldaten Wache standen im Palast. Hatte das etwas zu bedeuten? Er stieg zum zweiten Stock hoch.
Mophis saß inzwischen in seinen Gemächern und stellte einem sehr beunruhigt wirkenden jungen Priester unangenehme Fragen.
»Ich habe erfahren«, sagte der alte Zauberer zu Sost, »dass Ihr gestern Uss, den Schriftenverwahrer, um die Karte der unterirdischen Gänge ersucht habt, und er Euch die Erlaubnis erteilte, Einblick zu nehmen. Soviel ich weiß, geschah das nicht allzu lange vor der Flucht der hyrkanischen Kriegerin. Ist das nicht ein sehr merkwürdiger Zufall?«
Sost konnte nur hoffen, dass er sein schlechtes Gewissen vor diesen scharfen alten Augen verbergen konnte. Es waren keine Wachen anwesend, aber er hatte erstaunliche Geschichten über die Zauberkräfte des Alten gehört. Dicht neben Mophis’ runzliger Linken lag ein kurzer Rohrstab, und Sost wusste allzu gut, wozu der Hohepriester ihn manchmal benutzte.
»Wenn Ihr damit andeuten wollt, hoher Herr, dass ich dieser Roten Sonja bei der Flucht half – nun, ich kann ein halbes Dutzend meiner Lehrer und Mitadepten nennen, die bezeugen können, dass ich mich zu dem Zeitpunkt in ihrer Gesellschaft befand.«
»Das bezweifle ich nicht.« Mophis grinste schief. Seine glitzernden Augen hielten Sosts wie die einer Kobra, die jeden Augenblick zuschlagen wird. »Aber die Frau entkam, oder nicht? Man berichtete mir auch, dass es eine bestimmte Tempeljungfrau gibt, in deren Gesellschaft man Euch öfter als nötig sieht. Nun erfuhr ich heute morgen, dass dieses Mädchen, Tiamu bei Namen, aus dem Tempel verschwand.«
Unwillkürlich zuckte Sost zusammen und verfluchte sich sofort innerlich, da er wusste, dass Mophis es bemerkt haben musste.
»Wir haben hier also einen weiteren merkwürdigen Zufall«, fuhr der alte Priester fort. »Obendrein teilte man mir mit, dass einer unserer besten Offiziere, Sobut, ganz in der Nähe der Kammer dieses Tempelmädchens ermordet wurde – vielleicht, weil er ihre Flucht hätte verhindern können. Habt Ihr auch Zeugen, dass Ihr zum Zeitpunkt seiner Ermordung anderswo wart?«
»Ich habe ihn nicht …«, platzte Sost heraus, ehe er sich fasste.
»Ha!« Mophis’ offener Hohn war unüberhörbar. »Ich bin überzeugt, dass Ihr sehr wohl etwas wisst. Eine Stunde auf der Streckbank wird Euch sicher gesprächig machen.«
Schwitzend spannte Sost die Muskeln zum Sprung. Er wusste zwar, dass Mophis sein Blasrohr schneller zur Hand haben würde, als er den Priester erreichen konnte, aber mit ein bisschen Glück würde er sofort den Tod durch den vergifteten Pfeil finden, und selbst wenn er ihn nur bewusstlos. machte, hatte Tiamu mehr Zeit zu entkommen …
Plötzlich teilte sich der Türvorhang, und ein Fremder trat ein. Ein hagerer, etwas
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