Nacht der Füchse
habe.«
Munro besorgte sich eine Tasse Tee, nahm am Fenster Platz und berichtete Eisenhower in knappen Worten von den Ereig nissen der Nacht.
»Ich finde, die Geleitschiffe hätten so etwas verhindern müs sen«, sagte der General schließlich. »Andererseits soll das Wet ter nicht gut gewesen sein. Es ist nicht zu fassen! Noch vor drei Tagen war ich am Abschnitt Slapton, um die Manöver aus nächster Nähe zu verfolgen; per Sonderzug mit Tedder und
Omar Bradley.«
»Die meisten Besatzungen Ihrer schweren Landungsboote sind nicht vertraut mit diesen Gewässern, die selbst bei gutem Wetter tückisch sein können.« Munro zuckte die Achseln. »Während unserer Manöver haben wir ständig Torpedoboote vor Cherbourg liegen, denn bekanntlich ist Cherbourg für den Feind der wichtigste Hafen an der französischen Küste. Aber es herrschte Nebel, und die Deutschen sind offenbar in Schleich fahrt durchgerutscht, wahrscheinlich hatten sie zusätzlich das Radar abgeschaltet. Die Boote schaffen gut vierzig Knoten. Etwas Schnelleres gibt es auf dem Meer nicht, außerdem wurde die Annäherung mit Leuchtraketen geschickt vorbereitet. Der Konvoi sollte vermuten, es wären Einheiten von uns.«
»Verdammt, bei diesem Spiel darf man nichts vermuten! Ich bin es leid, den Leuten diese Wahrheit einzuschärfen!« Eisen hower schenkte sich einen neuen Kaffee ein, stand auf und ging zum Kamin. »Es heißt, die Leichen werden zu hunderten angeschwemmt.«
»Das stimmt leider.«
»Ich brauche nicht zu betonen, dass wir die Sache unter den Teppich kehren müssen. Zunächst sorgen wir für eine Art Mas sengrab in Devon. Wenigstens steht das Gebiet als Verteidi gungszone unter Militärhoheit, das müsste die Sache erleichtern. Wenn sich der Vorfall herumspräche, wäre das sehr schlecht für die Moral der Leute – so kurz vor der Invasion.«
»Ganz Ihrer Meinung.« Nach kurzem Zögern fuhr Munro langsam fort: »Da wäre noch die Sache mit den Eingeweihten, General.«
»Die auf keinen Fall hätten teilnehmen dürfen. Niemand kennt die Vorschriften über Eingeweihte besser als Sie.«
»Es könnte schlimmer sein, Sir. Es waren insgesamt drei. Zwei Tote wurden bereits geborgen. Der dritte, dieser Mann« – Munro zog eine Mappe aus der Aktentasche und schob sie über den Tisch –, »wird noch vermisst.«
Eisenhower sah hastig die Unterlagen durch. »Colonel Hugh Kelso.« Sein Gesicht verfinsterte sich. »Ich kenne Kelso. Erst vor wenigen Wochen hat er sich zwei NormandieKüstenabschnitte persönlich angeschaut.«
»Utah und Schwert. Bei diesen Einsätzen wurde er von Spe zialkommandos abgeschirmt und hatte außerdem eine Todes pille bei sich, für alle Fälle. Sie wissen natürlich, General, dass das Zyanid in diesen Pillen sofort tötet.«
Eisenhower schob die Akte zurück. »Brigadier, dieser Mann weiß, wann wir losschlagen, wo wir landen. Die Folgen sind nicht auszudenken…«
»Wir haben überall an der Küste bei Slapton Männer po stiert, die nach ihm Ausschau halten, General. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass seine Leiche nicht mit den übrigen angeschwemmt wird.«
»Versuchen Sie bloß nicht, mich zu beruhigen«, sagte Eisen hower energisch. »Das Meer wird manche Toten nicht wieder hergeben. Das weiß ich, und Sie wissen es auch, und wenn Kelso dazugehört, können wir nie sicher sein, ob er nicht doch vom Feind aufgefischt wurde.«
»Ganz recht, General«, räumte Munro ein. Etwas anderes konnte er kaum sagen.
Eisenhower ging zum Fenster. Regentropfen liefen an der Scheibe herunter. »Was für ein Tag!«, sagte er übellaunig. »Eins ist klar, ich weiß im Moment nur einen Mann, der heute früh Grund zum Lächeln hat.«
Zur gleichen Zeit studierte Adolf Hitler eine Meldung über den Vorfall von Slapton Sands; er saß im Kartenraum der Wolfsschanze, seines unterirdischen Hauptquartiers bei Ra stenburg, tief in den ostpreußischen Wäldern.
Die meisten Ranghöchsten der Nazi-Führung waren anwe send. Heinrich Himmler, Reichsführer SS und Leiter des Poli zeiwesens, Josef Goebbels, Reichsminister für Propaganda, Reichsleiter Martin Bormann, der unter anderem als Sekretär des Führers fungierte, und Oberführer Rattenhuber, Himmlers Sicherheitschef und Befehlshaber des SS-Wachkommandos Rastenburg.
Hitler wippte vor Freude auf den Zehen und knüllte das dün ne Papier zusammen. »Unsere Marine kann also noch immer zuschlagen, und zwar heftig und direkt beim Gegner! Drei Schiffe versenkt,
Weitere Kostenlose Bücher