Nacht der Füchse
als eine Ver schwörung von Generälen, mein Führer.«
Hitler fuhr heftig herum. »Sind Sie sicher?«
»O ja, aber Beweise – die stehen auf einem anderen Blatt.«
Hitler nickte. »König war ein Adjutant von General Olbricht. Gehört Olbricht zu den Männern, die Sie in Verdacht haben?« Himmler nickte. »Und die anderen?«
»Die Generäle Stieff, Wagner, von Hase, Lindemann. Dazu mehrere andere, die genau beobachtet werden.«
Hitler blieb bemerkenswert gelassen. »Verräter, jeder von ihnen! Kein Erschießungskommando, sondern für jeden die Schlinge, wenn es an der Zeit ist. Aber niemand, der darüber steht! Sieht so aus, als wären immerhin die Feldmarschälle loyal.«
»Ich wünschte, ich könnte das bejahen, mein Führer, aber leider ist ein Mann besonders verdächtig. Es wäre eine Pflicht verletzung von mir, würde ich es Ihnen nicht sagen.«
»Dann heraus damit.«
»Rommel.«
Hitler setzte ein gespenstisches Lächeln auf, das beinahe et
was Triumphierendes hatte, machte kehrt, entfernte sich einige Schritte, fuhr wieder herum. Er lächelte noch immer. »Ich glaube, damit habe ich gerechnet. Ja, dessen bin ich sicher. Der Wüstenfuchs will sich also auf Spielchen einlassen.«
»Ich bin mir meiner Sache beinahe sicher.«
»Der Volksheld«, sagte Hitler. »Bei ihm müssen wir vorsich
tig sein, meinen Sie nicht auch?«
»Sie werden listiger sein als er, mein Führer«, äußerte Himmler leise.
»Listiger. Listiger als der Wüstenfuchs.« Hitler lächelte ent zückt. »Ja, das gefällt mir, Reichsführer. Das gefällt mir sehr!«
Hugh Kelso schlief bis gegen Mittag, und als er erwachte, fühl te er sich sehr krank. Er wälzte sich in dem heftig schlingern den Rettungsfloß herum und öffnete den Reißverschluss des Eingangs. Sofort verließ ihn jede Hoffnung. Draußen war außer Wasser nichts zu sehen, und seine kleine Gondel war ein Spielball der zornigen Wellen. Der Himmel zeigte sich schwarz und regenschwer, und der böige Wind erreichte Stär ken von 5 oder 6. Das Schlimmste aber war, dass er nirgendwo Land ausmachen konnte. Er befand sich mitten auf dem Är melkanal, so viel war klar. Wenn er quer hinübergetrieben und von niemandem aufgegriffen wurde, dann würde er die franzö sische Küste erreichen, vermutlich an der Halbinsel von Cher bourg. Südlich davon, im Golf von St. Malo, lagen die Kanalinseln Alderney, Guernsey und Jersey. Er wusste nur, dass diese Inseln den Engländern gehörten, aber von den Deut schen besetzt worden waren. Allerdings würde er wohl kaum so weit nach Süden getrieben werden.
Kelso griff nach der Leuchtpistole und schoss ein orangero tes Notsignal in den Himmel. Tagsüber gab es im Kanal kaum deutschen Schiffsverkehr, der blieb im Schutz der Küste hinter dem Minengürtel. Kelso jagte ein zweites Signal hoch, aber dann schloss er hastig die Öffnung, weil immer wieder Wasser hereinschwappte. In der Notkiste fand er mehrere Feldrationen. Als er versuchte, eine der getrockneten Früchteriegel zu essen, musste er sich übergeben. Außerdem begann es in seinem Bein wieder zu brennen. Hastig zog er eine weitere Ampulle auf und spritzte sich das Morphium. Kurze Zeit später legte er den Kopf auf die Hände und schlief wieder ein.
Im weiteren Verlauf des Nachmittags wurde das Meer noch rauer. Kurz nach siebzehn Uhr setzte die Dunkelheit ein. Es blies ein südwestlicher Wind, der Kelso von der französischen Küste und der Halbinsel Cherbourg wegdriften ließ, so dass er sich gegen achtzehn Uhr fünfzehn Kilometer westlich des Casquets-Leuchtturms der Insel Alderney befand. Später schlug der Wind wieder um und trieb ihn am äußeren Rand des Golfes von St. Malo entlang auf Guernsey zu.
Kelso merkte von alledem nichts. Als er gegen neunzehn Uhr erwachte, hatte er hohes Fieber, spritzte sich zur Kühlung Wasser ins Gesicht, musste erneut brechen und sank in einen tiefen Schlaf, der einem Koma glich.
In London saß Dougal Munro an seinem Tisch, das leise Krat zen seiner Feder war das einzige Geräusch im Raum. Es klopf te, und Jack Carter trat humpelnd ein. Er legte Munro eine Akte vor.
»Die jüngste Liste aus Slapton, Sir.«
»Was Neues über Kelso?«
»Nichts Sir, aber man hat jedes verfügbare Schiff auf die Su che nach den vermissten Toten geschickt.«
Dougal Munro stand auf und trat ans Fenster. Draußen ächz te der Wind und drückte den Regen gegen die Scheiben. Er
schüttelte den Kopf und sagte leise: »Gott steh
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