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Nacht der Hexen

Titel: Nacht der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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befreundet – man muss nur unsere allererste Begegnung abziehen, bei der ich ihn einen Hornochsen genannt habe und er mich dafür geröstet hat, im wortwörtlichen Sinne; die Verbrennungenbrauchten Wochen, um zu heilen, was Ihnen zugleich auch eine Vorstellung davon geben dürfte, welcher Typ Halbdämon er ist.
    Als Nächstes wappnete ich mich für einen viel schwierigeren Anruf – den bei Margaret Levine. Wenn Leah und Sandford es ernst meinten mit ihrem Sorgerechtsprozess, würden sie sich mit ihr in Verbindung setzen müssen. Ich hätte eigentlich schon gestern darauf kommen sollen, aber meine erste instinktive Reaktion war gewesen, den Ältesten gerade
nicht
davon zu erzählen.
    Ich wählte noch, als Savannah aus ihrem Zimmer kam, das schnurlose Telefon in der Hand.
    »Hast du Adam angerufen?«, fragte sie.
    »Nein, Robert. Woher weißt du das überhaupt?«
    »Wahlwiederholung.«
    »Warum überprüfst du meine Anrufe?«
    »Hast du Adam von Leah erzählt? Ich wette, er würde sich gern noch mal mit ihr anlegen. Oh, und was ist eigentlich mit Elena und Clay? Die würden auch kommen, wenn du sie fragst. Na ja, Clay nicht. Nicht, wenn
du
fragst. Aber Elena würde kommen, und er würde hinterherkommen.« Sie ließ sich neben mich aufs Sofa plumpsen. »Wenn wir alle wieder zusammenrufen, könntet ihr Typen ganz schön austeilen, so wie damals in der Anlage. Weißt du noch?«
    O ja, ich wusste es noch. Vor allem erinnerte ich mich an den Geruch – den überwältigenden Gestank nach Tod. Leichen über Leichen, überall über den Boden verstreut. Obwohl ich selbst niemanden getötet hatte, ich hatte meinen Anteil an alldem gehabt. Ich hatte zugestimmt, dass es nötig war – dass jeder Mensch, der irgendetwas mit dem Kidnapping von Paranormalen zu tun gehabt hatte, sterben musste, um sicherzustellen,dass unsere Geheimnisse gewahrt blieben. Und trotzdem fuhr ich immer noch mindestens einmal im Monat aus dem Schlaf, schweißgebadet und den Geruch nach Tod in der Nase.
    »Sehen wir erst mal, ob wir nicht allein damit fertig werden«, sagte ich.
    »Du hast den Ältesten noch nichts erzählt, oder?«
    »Ich werd’s noch tun. Es ist nur –«
    »Lass es lieber. Die vermurksen ja doch nur alles. Du hast Recht, wir schaffen das allein. Wir müssen bloß Leah finden. Dann können wir sie töten.«
    Savannah sagte dies mit einer Gleichmut, die mir geradezu den Atem verschlug. Bevor ich antworten konnte, klingelte es an der Tür.
    Es waren die Ältesten. Alle drei. Sie standen auf der Vortreppe, und ihr Gesichtsausdruck reichte von törichter Verwirrung (Margaret) über Besorgnis (Therese) bis zu mühsam gezügelter Wut (Victoria).
    Margaret Levine, Therese Moss und Victoria Alden waren die Zirkelältesten gewesen, seit ich denken konnte. Sie waren Freundinnen meiner Mutter gewesen und damit auch Teil meines Lebens.
    Therese entsprach dem Bild, das Gabriel Sandford von Hexen entworfen hatte – bis hin zu der blauen Haartönung und den Polyesterstretchhosen. Sie war die archetypische Großmutter mit breiten Hüften und einer Handtasche, die genug Vorräte aufnahm, um sie eine dreitägige Belagerung überstehen zu lassen. Savannahs Tante Margaret war mit ihren achtundsechzig Jahren die Jüngste der drei Ältesten. Als junge Frau war sie eine Schönheit gewesen, und auch jetzt war Margaret noch auffallend attraktiv, aber unseligerweise entsprachsie einem anderen Stereotyp – dem der hohlköpfigen Schönheit. Und Victoria Alden? Sie war das Musterbeispiel einer modernen Seniorin, eine makellos gepflegte, energische Frau, die in der Kirche Kostüm und auf dem Golfplatz Khakihosen trug und auf weniger aktive Senioren herabsah, als hätten sie etwaige körperliche oder geistige Einschränkungen ihrer eigenen Nachlässigkeit zuzuschreiben.
    Ich löste die Perimeter- und Schließformeln und öffnete die Tür. Victoria preschte an mir vorbei und ins Wohnzimmer, ohne auch nur die Schuhe auszuziehen. Das war ein schlechtes Zeichen. Die zirkelinternen Benimmregeln – sie erinnerten in einem beunruhigenden Maß an Empfehlungen aus einem Benimmbuch von, sagen wir, 1950 – schrieben vor, dass man an der Tür immer die Schuhe auszog, aus Rücksicht auf die Hausfrau. Mit den Schuhen an den Füßen hereinzukommen grenzte an eine gezielte Beleidigung. Glücklicherweise zogen Therese und Margaret ihre orthopädischen Sandalen aus; somit wusste ich, dass die Situation zumindest nicht kritisch war.
    »Wir müssen reden«, sagte

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