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Nacht der Leidenschaft

Nacht der Leidenschaft

Titel: Nacht der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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hatte sie Amanda gegenüber eine Art Mutterinstinkt entwickelt. Sie hatte laut protestiert, als Amanda Schriftstellerin geworden und nach London gezogen wart Jeder Brief von Sophia war mit guten Ratschlägen gespickt, über die Amanda lachen musste.
    Meist riet sie ihr, sich vor den Versuchungen der Großstadt zu hüten. Vielleicht hätte es Sophia nicht einmal überrascht, wenn sie erfahren hätte, dass Amanda es tatsächlich gewagt hatte, sich für ihren eigenen Geburtstag einen käuflichen Mann zu bestellen. Anscheinend kannte die ältere Schwester, wie nur wenige, Amandas gefährlichen Wagemut, der gelegentlich zum Durchbruch kam.
    „Ich bin quicklebendig“, sagte Amanda strahlend. „Nur sehr beschäftigt” Mit einem liebevollen Lächeln blickte sie auf die vertraute Gestalt der Schwester. „Du siehst wohl aus, Sophia.“ Schon seit Jahren war Sophia ein wenig mollig, und wie immer hatte sie ihr Haar ordentlich zu einem Knoten aufgesteckt und benutzte den gleichen Vanilleduft, den ihre Mutter so geliebt hatte. Sophia war so, wie sie aussah – eine schöne Gutsherrin, die einen langweiligen, aber ehrenwerten Ehemann und fünf lebhafte Kinder geschickt anzuleiten wusste.
    Sophia hielt Amanda auf Armeslänge von sich und begutachtete sie vom Kopf bis zu den Zehenspitzen. „Ich hatte Angst, dich krank vorzufinden. Das war für mich der einzig vorstellbare Grund, warum du Windsor so hartnäckig fern geblieben warst.“
    „Ist dir wirklich nur dieser einzige Grund eingefallen?“, entgegnete Amanda und lachte, als sie ihre Schwester ins Haus führte.
    Sophia machte einen Schmollmund. „Erkläre mir jetzt, warum ich dich hier aufsuchen muss, anstatt dich bei mir zu Hause zu empfangen. Nachdem du der Familie an Weihnachten aus dem Weg gegangen warst, hattest du uns einen Besuch im Januar versprochen. Jetzt haben wir Mitte Februar, und ich habe nicht ein Wort von dir gehört. Und komme mir nicht mit dem Unsinn, dass du Überarbeitet wärest. Du hast immer zu tun. Das hat dich bisher noch nie von Windsor fern gehalten.“
    Sie nahm die Reisekappe ab, eine schöne wie praktische Kopfbedeckung aus blauer Wolle mit einer Krempe, die an der Vorderseite breiter war und sich zum Nacken hin verjüngte.
    „Es tut mir Leid, dass du so viele Mühen auf dich genommen hast”~ antwortete Amanda zerknirscht und nahm Sophias Kappe und den dazu passenden Mantel mit dem rechteckigen Kragen entgegen. „Aber ich freue mich, dass du hier bist.“ Sie ließ sich Zeit, die Kleidungsstücke sorgfältig an der Garderobe in der kleinen Diele aufzuhängen, und sah noch einmal nach, ob sie auch sicher an den mit Porzellanknöpfen versehenen Haken hingen.
    „Komm, wir gehen in den Salon“, forderte sie die Schwester auf. „Du hättest keinen besseren Zeitpunkt erwischen können. Ich habe gerade einen Tee gemacht. Wie war die Fahrt? Hattest du Schwierigkeiten …“
    „Wo sind deine Dienstboten?“, unterbrach sie Sophia misstrauisch und folgte ihr in den Salon.
    „Sukey ist mit der Köchin zum Markt gegangen. Violet und Charles kaufen Wein ein.“
    Tein, dann sind wir ungestört, und du kannst mir in der Zwischenzeit erzählen, was alles vorgefallen ist.“
    „Wieso kommst du auf den Gedanken, dass etwas vorgefallen ist?“, parierte Amanda. „Glaube mir, das Leben trottet genauso dahin wie immer.“
    „Du bist ein schlechter Lügner“, berichtigte Sophia sie schmunzelnd und nahm auf der Couch Platz. „Amanda, ich darf dich wohl erinnern, dass Windsor nicht am Ende der Welt liegt. Was in London vor sich geht, kommt auch uns zu Ohren, zum Beispiel Gerüchte, die dich und einen gewissen Herrn betreffen.“
    „Gerüchte?” Amanda blickte sie überrascht und zugleich entsetzt an.
    „Und du hast dich verändert.“
    „Verändert?” Zu ihrer großen Bestürzung errötete Amanda schuldbewusst und wiederholte wie ein Papagei die Worte der Schwester.
    „Du hast etwas an dir, das mir die Gerüchte bestätigt. Du hast dich verliebt, nicht wahr?” Sophia betrachtete ihre Schwester prüfend. „Natürlich ist es dein Recht, dein Leben so zu gestalten, wie du es für richtig hältst … und ich erkenne an, dass du nicht der Mensch bist, der sich dem Diktat der Konventionen beugt. Wäre dem so gewesen, könntest du einen Mann aus Windsor geheiratet haben und jetzt in der Nähe deiner Familie leben. Stattdessen hast du Briars House verkauft, dir ein neues Zuhause in London gesucht und dich für eine berufliche Karriere entschieden.

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