Nacht der Leidenschaft
Oft habe ich mir gesagt: Wenn das dein Glück ist, dann weiter so …“
„Danke“, unterbrach sie Amanda mit gut gemeintem Sarkasmus.
„Aber“, fuhr Sophia ernst fort, „jetzt setzt du mit deiner Handlungsweise deine Zukunft aufs Spiel. Ich wünschte, du würdest dich mir anvertrauen und mir erlauben, einiges mit dir zu klären.“
Amanda war versucht, Sophias Worten mit dreisten Lügen zu begegnen, um ihre Vermutungen zu entkräften. Als sie aber einen langen Blick mit ihrer Schwester tauschte, brannten ihr die Augen und eine Träne rollte die Wange hinunter.
„Sophia … im Augenblick brauche ich nur einen verständnisvollen Zuhörer. Einen Menschen, der nicht mit erhobenem Zeigefinger über mein Verhalten urteilt. Könntest du das für mich sein?“
„Selbstverständlich nicht“, kam es Sophia prompt über die Lippen. „Wie sollte ich dir von Nutzen sein, wenn ich dich nicht mit meinem gesunden Menschenverstand beriete? Genauso gut könntest du dich dem nächstbesten Baumstumpf anvertrauen.“
Mit einem unsicheren Lachen wischte sich Amanda die Tränen mit dem Ärmel ab. „0 Sophia, ich fürchte, meine Beichte wird dich schockieren.“
Während der Tee in den Tassen abkühlte, platzte Amanda mit der Geschichte über ihre Beziehung zu Jack Devlin heraus und übersprang dabei geflissentlich einige Einzelheiten, wie zum Beispiel die Umstände ihrer ersten Begegnung. Sophia verzog während des Zuhörens nicht eine Miene und sparte sich ihren Kommentar auf, bis Amanda mit einem Schluchzer geendet hatte.
„Nun“, sagte Sophia nachdenklich, “ich bin nicht so schockiert, wie ich es sein sollte. Ich kenne dich ziemlich gut, Amanda. Mir war bewusst, dass dich das Alleinleben auf Dauer nicht glücklich machen würde. Wenn ich auch nicht mit deinem Handeln einverstanden bin, verstehe ich deinen Wunsch nach einem Begleiter. Ich muss dich aber darauf hinweisen, dass du dich jetzt nicht in dieser Zwangslage befändest, hättest du auf meinen guten Rat hin einen netten Mann aus Windsor geheiratet.“
„Leider kann man nicht einfach losziehen und sich in den richtigen Mann verlieben.“
Sophia machte eine ungeduldige Geste. „Liebe ist nicht das Wichtigste, Schwesterherz. Wieso, glaubst du, habe ich mich letztendlich entschieden, Henry zu heiraten?“
Die Frage überraschte Amanda. „Warum? Ich … ich habe nicht gewusst, dass es fur dich etwas zu entscheiden gab.
Du schienst in deiner Ehe mit Henry so glücklich zu sein.“
Das bin ich auch, antwortete Sophia verschmitzt. „Und darauf will ich ja hinaus. Zu Beginn meiner Ehe habe ich Henry nicht geliebt, aber dann lernte ich seinen Charakter schätzen. Ich begriff, dass ich einen ehrbaren, verantwortungsbewussten Partner brauchte, wenn ich eine Familie haben wollte und einen angesehenen Platz in der Gesellschaft. Die Liebe – oder eine vergleichbare Empfindung – stellt sich mit der Zeit ein. Ich genieße und schätze das Leben an Henrys Seite. Du könntest das auch haben, wenn du nicht so eigensinnig auf deiner Unabhängigkeit und deinen romantischen Vorstellungen beharren würdest.“
„Und wenn ich das nicht möchte?“, murmelte Amanda.
Sophia begegnete offen ihrem Blick. „Dann ziehst du den Kürzeren. Gegen den Strom zu schwimmen ist immer schwieriger. Ich stelle hier nur Tatsachen fest, Amanda, du weißt, dass ich Recht habe. Und ich sage dir nachdrücklich: Du musst dein Leben den Konventionen anpassen. Daher mein Rat: Beende die Affäre auf der Stelle und mache dich auf die Suche nach einem geeigneten Heiratskandidaten.“
Amanda rieb sich die schmerzenden Schläfen. „Aber ich liebe Jack“, flüsterte sie. „Ich will wirklich keinen anderen.“
Sophia betrachtete sie mitleidvoll. „Ob du es glaubst oder nicht, ich verstehe es. Du solltest dir jedoch vor Augen halten, dass Männer wie dein Mr. Devlin wie ein reichhaltiger Nachtisch sind – im Augenblick ist er ein Genuss, aber auf die Dauer gesehen schlecht für die Gesundheit. Außerdem ist es kein Verbrechen, eine Vernunftehe einzugehen. Meiner Meinung nach fährt man damit viel besser, als wenn man einen Mann heiratet, in den man unsterblich verliebt ist. Freundschaft ist beständiger als Leidenschaft.“
„Was hast du?“, fragte Jack ruhig und strich Amandas nackten Rücken entlang. Nachdem sie sich geliebt hatten, lagen sie in einem Gewirr von Betttüchern nebeneinander. Die Luft war feucht und roch nach Meersalz. Jack beugte sich vor und küsste sie auf die
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