Nacht der Seelen - Armintrout, J: Nacht der Seelen
mich sachte. „Ich hätte euch eigentlich noch lieber in Chicago angetroffen. Damit hätte ich mir fünf Stunden Autofahrt gespart.“
Nathan stand genau hinter mir, zu meiner und Max’ Überraschung, wettete ich. Sobald ich ein Stück zur Seite getreten war, drückte er Max an sich. „Wir haben uns Sorgen um dich gemacht, mein Freund.“
Während er Nathan auf den Rücken schlug, rückte Max von ihm ab. „Ich sollte häufiger verschwinden, ohne mich zu verabschieden. Leutchen, ihr habt dann bessere Laune, wenn ich wieder auftauche.“
„Wage das nicht noch einmal“, ermahnte ich ihn und wollte ihn sofort wieder in den Arm nehmen. „Wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht.“
„Ich habe angerufen. Ich habe auf euren Anrufbeantworter gesprochen. Solltet ihr jemals eure Mailbox abhören …“ Er hielt inne und spähte in das Wohnzimmer. „Bill?“
„Und Ziggy. Er lebt“, sagte Nathan. „Du scheinst nicht sehr überrascht zu sein, ihn hier zu sehen.“
Die freundliche Stimmung verschwand umgehend, eine seltsam kühle Spannung machte sich in der Luft breit. Irgendwie schien die Situation kurz davor zu sein, zu eskalieren. Ähnlich dem Gefühl, das man hat, wenn drohendes Unheil naht, bevor man die Türklinke berührt, die einem einen bösen elektrischen Schock versetzen wird.
„Wie ich bereits sagte, ihr solltet eure Mailbox abhören.“ Max zuckte mit den Schultern, bevor er halbherzig zu lächeln anfing. Anhand des nervösen Flackerns in seinen Augen war klar, dass ihm bewusst wurde, dass er etwas völlig Falsches gesagt hatte.
Nathan hielt ihn an seinem Hemd fest und drückte ihn gegen die Wand. Von der Zimmerdecke fiel der Putz, unddie Mauer knackte bedenklich. „Du hast mich angerufen, um mir mitzuteilen, dass mein Sohn immer noch am Leben ist, und anstatt es mir persönlich zu sagen, sprichst du es mir auf Band?“
Das Echo von Nathans Anklage verhallte still, während wir stocksteif dastanden. Wenn alle dieselben Informationen wie ich hatten, dann versuchten wir einen Weg zu finden, um dieser Konfrontation ein Ende zu machen, ohne dass Max von Nathan die Treppe hinuntergeworfen wurde.
„Nate“, warf Ziggy vorsichtig ein. „Es blieb ihm nichts anderes übrig.“
„Natürlich hatte er eine andere Wahl. Er hätte dich da herausholen und dich nach Hause bringen können!“ Nathan schubste Max noch einmal, und irgendwo im anderen Teil der Wohnung fiel etwas zu Boden.
„Er wollte nicht mit mir kommen.“ Max war nicht böse, und das machte Nathan nur noch wütender.
Ich spürte seine Wut durch die Blutsbande hindurch aufkochen, und schimpfte mit ihm. Macht nicht so viel Spaß, jemanden zusammenzuschlagen, wenn derjenige nur dasitzt und alles hinnimmt, oder?
Halt dich da ’raus, Carrie, warnte er mich und wandte den Kopf, um mich anzustarren. „Auf jeden Fall wäre er mit dir gekommen. Er war zu Tode verängstigt, als er mich anrief!“
„Als ich dich anrief, war das eine Falle.“ Ziggy stand mitten im Zimmer und zog sich seine Jacke über, ohne einen von uns dabei anzusehen. „Gib ihm nicht die Schuld, ich bin der Verräter.“
Nathan versuchte, Max weiterhin böse zu sein, aber dieser Kampf war aussichtslos. Er ließ ihn los, und Max rutschte einige Zentimeter hinunter. Ich hatte bis dahin gar nicht mitbekommen, dass Nathan ihn in die Luft gehobenhatte. Unser Gast erholte sich aber schnell und schüttelte sich den Putz vom Hemd. Hinter ihm befand sich eine deutlich sichtbare Delle in der Wand. „Wirklich – ich habe versucht, ihn mitzunehmen, aber ich hatte ja Bella dabei …“
„Bella!“ Ich war fassungslos, wie ich vergessen konnte, mich nach ihr zu erkundigen, abgesehen davon, dass ich gerade Augenzeugin eines handfesten Streits gewesen war. „Ist sie mit dir gekommen?“
„Nein, ich konnte sie nicht mitnehmen.“ Max schaute hektisch zwischen mir und Nathan hin und her, um rechtzeitig einen weiteren Angriff abwehren zu können. „Sie kann noch nicht wieder laufen.“
„Meine Güte, was ist denn passiert?“ Doch ich erhielt keine Antwort. Ziggy stob wortlos an uns vorbei und rannte die Treppen hinunter. Man hätte blind sein müssen, um seinen Zorn zu übersehen. Ich kann nicht behaupten, dass ich nicht genauso reagiert hätte, wenn Nathan sich so mir gegenüber verhalten hätte. Als wäre ich hilflos oder so.
„Ziggy!“ Nathan ging los, um ihm nachzurennen, aber ich hielt ihn am Arm fest.
Lass ihn. Seine schlechte Laune würde vorübergehen. Er hatte
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