Nacht der Versuchung
Entschluss. Da er offenbar seinen Gefühlen in Mariellas Gegenwart nicht trauen konnte, blieb nur eine Möglichkeit: Er musste für eine sichere Distanz zwischen ihnen sorgen. Der beste Weg dazu war, sich wieder in seine Wüstenoase zurückzuziehen.
10. KAPITEL
“E s ist schon eine Woche her, dass Xavier fort ist, und er ist immer noch in der Oase!”
Mariella versuchte, sich ganz auf ihre Arbeit zu konzentrieren und Madame Flavels Bemerkungen zu ignorieren. Der Prinz hatte sie Anfang der Woche erneut besucht, um ihre Fortschritte zu begutachten, und hatte seine Frau und seine Kinder mitgebracht. Der Anblick der vier reizenden, dunkel gelockten Kinder hatte Mariella wieder mit einer geradezu schmerzlichen Sehnsucht erfüllt.
Wie es aussah, war der Kinderwunsch bei ihr übermächtig geworden. Und das lag nicht nur daran, dass sie Fleur vermisste. Nein, vermutlich hatte Fleurs Geburt bei ihr die biologische Uhr zum Ticken gebracht … und wenn sie nicht aufpasste, würde der Wunsch nach einem eigenen Kind bei ihr noch zur Besessenheit werden.
Sie glaubte jetzt zu begreifen, warum sie sich Xavier derart an den Hals geworfen hatte. Wahrscheinlich hatten ihre weiblichen Instinkte ihn ganz selbstverständlich als perfekten Erzeuger ausgemacht. Erleichtert klammerte sie sich an diese Erklärung, weil sie ihr die große Sorge nahm, sie könnte sich tatsächlich in Xavier verliebt haben. Wie dumm von ihr, auch nur daran zu denken! Mit dieser beruhigenden Überzeugung fiel es ihr leichter, sich einzugestehen, wie sehr sie ihn begehrt hatte und dass sie es immer noch tat. Sie begehrte ihn, weil sie ein Kind von ihm wollte!
“Xavier hat angerufen, um zu sagen, dass er noch eine Woche in der Oase bleibt”, informierte Madame Flavel Mariella beim Abendessen und seufzte missbilligend. “Es muss langweilig für Sie sein,
chérie
, da Ihnen nur Ihre Arbeit und meine Gesellschaft bleibt.”
“Aber nein, überhaupt nicht”, widersprach Mariella.
“Non?
Aber Sie vermissen
la petite bébé
?”
Nun war es an Mariella, zu seufzen. “Ja, ich vermisse Fleur”, gestand sie ehrlich.
“Dann sollten Sie vielleicht überlegen, eigene
enfants
zu bekommen”, meinte Madame Flavel. “Ich bedaure es jedenfalls sehr, nie Kinder gehabt zu haben. In diesem Punkt habe ich meine Schwester immer beneidet. Ehrlich gesagt, kann ich es nicht begreifen, warum zwei Menschen wie Sie und Xavier, die ganz wunderbare Eltern abgeben würden, sich bewusst dazu entscheiden, nicht zu heiraten.” Die alte Dame betrachtete Mariella prüfend. “Sie arbeiten viel zu hart an Ihrem Fries,
chérie
. Es würde Ihnen guttun, sich ein paar Tage freizunehmen.”
Mariella musste zugeben, dass Xaviers Großtante recht hatte. Sie hatte wirklich hart gearbeitet. Aber nun war der Fries praktisch fertig. Sollte sie sich wirklich ein paar Tage freinehmen? Um was zu tun? Nur noch mehr Zeit zu haben, Fleur zu vermissen und sich nach einem eigenen Kind zu sehnen? Noch mehr Zeit zu haben, sich zu wünschen, Xavier hätte ihr Liebesspiel nicht beendet, bevor sie … Wenn sie nur etwas wagemutiger gewesen wäre … ihn verführt hätte bis zu einem Punkt, da es für ihn kein Zurück mehr gegeben hätte, dann hätte sie jetzt schon schwanger sein können!
Eine Vorstellung, die Mariella keine Ruhe mehr ließ. Nach dem Essen zog Madame Flavel sich in ihr Zimmer zurück, und Mariella schlenderte durch den kleinen Gartenhof. Wenn Xavier nur in der Villa wäre! Dann könnte sie zu ihm gehen … und? Von ihm verlangen, dass er mit ihr schlief und ihr ein Kind machte? Sie konnte sich lebhaft vorstellen, wie bereitwillig er einwilligen würde!
Aber warum verlangen? Sie war doch eine Frau, oder nicht? Und Xavier war auch nur ein Mann. Und sie wusste auch, dass er sie begehrte … Doch er war nicht hier, sondern in der Oase.
Die Oase … Mariella schloss die Augen und stellte sich Xavier dort vor. In jener Nacht, als er sie für Tanya gehalten und fast genommen hätte. Erotische Bilder tauchten vor ihr auf, und sie sehnte sich nur noch mehr nach ihm.
Ärgerlich ließ Mariella ihren Skizzenblock sinken und betrachtete gereizt, was sie gezeichnet hatte: Babys … die zudem alle eine unverkennbare Ähnlichkeit mit Xavier hatten!
Sie hatte die halbe Nacht wach gelegen, und wenn sie einmal in einen unruhigen Schlaf gesunken war, wurde sie von unglaublich erotischen Träumen gequält, die sich alle um Xavier drehten. Selbst in ihren Träumen, in ihrem Unterbewusstsein schien der
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