Nacht der Versuchung
Erpressungsversuch mit ihrem persönlichen Auftauchen hier krönte und nicht davor zurückscheute, das Baby mitzubringen, von dem sie behauptete, dass sein Cousin der Vater sei.
Rein äußerlich gab es eigentlich keinen überzeugenden Hinweis, dass die Kleine Khalids Tochter sein könnte. Sie war zart und blond wie ihre Mutter, mit dem einzigen Unterschied, dass die Mutter es offenbar für nötig hielt, ihre Augenfarbe durch viel zu auffällige und dadurch unecht wirkende blaugrüne Kontaktlinsen aufzupeppen, wohingegen das Baby braune Augen hatte. Wie Khalid?
Braune Augen waren kein Beweis, dass Khalid der Vater war, und ohne einen sicheren Beweis, würde er, Xavier, seinem jüngeren Cousin auf keinen Fall erlauben, die Mutter des Kindes zu heiraten. Wie hatte Khalid sich überhaupt in diese Frau verlieben können? Wenn er, Xavier, geahnt hätte, wer sie war, als er sie am Flughafen gesehen hatte, hätte er jedenfalls alle Hebel in Bewegung gesetzt, sie auf der Stelle nach Hause zurückzuschicken!
Von plötzlicher Rastlosigkeit befallen, ging er zum Ausgang des Zeltes, zog den Vorhang beiseite und blickte hinaus. Der Wind fegte inzwischen wie ein heulender Derwisch über die Wüste und wirbelte den Sand in derart dichten Wolken auf, dass man nicht einmal mehr bis zum Wasser der Oase sehen konnte. Zu schade, denn gerade jetzt wäre ihm ein abkühlendes Bad sehr angenehm gewesen!
Es erstaunte ihn ebenso, wie es ihn wütend machte, dass er tatsächlich so eine Frau begehren konnte … die doch all das repräsentierte, was er bei einer Frau zutiefst verabscheute: Habgier, lose Moral und Selbstsüchtigkeit. Charakterfehler, die seiner Meinung nach kein noch so schönes Gesicht und kein noch so reizvoller Körper wieder gutmachen konnten. Wobei er zugeben musste, dass in letzterer Hinsicht sein kleiner Cousin diesmal einen verdammt guten Geschmack bewiesen hatte!
Xavier ließ den Türvorhang wieder zufallen und machte ihn fest. Es ärgerte ihn, dass diese Frau ihn ausgerechnet in seinem Refugium aufgesucht hatte, dem einzigen Ort, wohin er sich gelegentlich vor der Last seiner Verpflichtungen zurückzog. Ein spöttisches Lächeln huschte über sein Gesicht. Nach allem, was Khalid ihm über das Luxusleben erzählt hatte, das sie miteinander geteilt hatten, würde es ihr hier nicht gefallen. Wie auch immer, dem Kind allerdings durfte es an nichts fehlen.
Das Kind. Xavier presste erneut die Lippen zusammen. Fleur stellte eine Komplikation dar, mit der er überhaupt nicht gerechnet hatte.
Nachdem Fleur gefüttert, gebadet und gewickelt war, merkte Mariella plötzlich, wie müde und erschöpft sie selber inzwischen fühlte.
Sie hatte natürlich nicht erwartet, dass Xavier auf ihr Erscheinen und ihre Vorwürfe erfreut reagieren würde, aber die kränkende Art, wie er Tanya als „leichtes Mädchen“ verunglimpfte, hatte sie doch schockiert. Immerhin hatte dieser Mann mit ihrer Schwester das Bett geteilt und ihr ewige Liebe geschworen! Vermutlich waren Tanya und Fleur ohne ihn besser dran. Sie jedenfalls, Mariella, wünschte sich jetzt sehnlichst, sie wäre nicht gezwungen, in diesem gefährlich einsamen Wüstencamp die Nacht allein mit ihm zu verbringen!
Xavier beobachtete Mariella, wie sie im Wohnbereich des Zeltes auf und ab ging und Fleur geduldig in den Schlaf wiegte. Diese unwirklich blaugrünen Augen fielen in ihrem blassen, zarten Gesicht mehr denn je auf.
Khalid hatte sie sicher unzählige Male so gesehen – ungeschminkt, der makellose Teint fast durchscheinend –, wenn er früh morgens neben ihr aufgewacht war und sie mit seinen Zärtlichkeiten geweckt hatte … Maßloser Zorn stieg in Xavier auf und machte ihn nur noch ärgerlicher. Was war mit ihm los? Warum brachte ihn diese Frau so aus dem Gleichgewicht – eine kleine Blondine mit zerzaustem Blondhaar, das vermutlich sogar gefärbt war, farbigen Kontaktlinsen und einem zugegebenermaßen hinreißenden Körper, der aber zweifellos mehr Liebhaber willkommen geheißen hatte, als ein Mann von strengen Moralvorstellungen, wie er, Xavier, es war, gut finden konnte.
Es würde ihr nur recht geschehen, wenn er Khalid beweisen würde, was für ein Flittchen sie war, indem er sie selbst flachlegte! Das würde seinem leichtsinnigen Cousin sicher die Augen öffnen … wenn er denn endlich zurückkehrte, nachdem er seinen Schreibtisch in ihrem Familienunternehmen einfach im Stich gelassen hatte und mit unbekanntem Ziel abgetaucht war. Das Kind war eine andere
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