Nacht der Zaubertiere
das Gelände der Zaubertierfabrik an der Vorderfront begrenzte. Amos führte die Zaubertiere über die Brücke, während ihnen der Alte erklärte, daß sie aus dem 18. Jahrhundert stammte. Er wurde jedoch durch das Auftauchen eines großen Hundes unterbrochen. Eines sehr großen Hundes, wild und bösartig. Er hatte ein schwarzbraunes Fell, war doppelt so groß wie Amos und wog sicher dreimal so viel wie alle sechs Zaubertiere zusammen. An einem schweren Halsband klirrte eine kurze abgerissene Kette. Einen Augenblick fuhr der Hund zusammen. Dann wurden seine Augen zu Schlitzen, und er knurrte tief in der Kehle.
Die Zaubertiere erstarrten.
Der Hund zog die schwarzen Lippen hoch, und gelbe Zähne waren zu sehen. Scharfe Zähne. Riesige Zähne.
Amos dachte verzweifelt: Vater Isaak, wenn du mich zum Anführer gemacht hast, warum hast du mir dann keinen größeren Körper gegeben? Warum bin ich nicht einen ganzen Meter groß?
Der Hund senkte den Kopf, legte die Ohren an seinen kantigen Schädel und schaute von einem Zaubertier zum anderen.
»Wir sind erledigt«, sagte Hupf niedergeschlagen.
»Ich werd’ mit diesem Ungeheuer schon fertig«, rief der Gestiefelte Kater zuversichtlich und zog tapfer sein Gummischwert.
»Der wird uns in Stücke reißen«, murmelte Hupf.
»Nicht wenn ihm klar wird, daß er es mit einem Elefanten zu tun hat!« trompetete Einstein stolz. »Noch hat er mich nicht bemerkt, aber wenn er mich erblickt, wird er den Schwanz zwischen die Beine klemmen und um sein liebes Leben rennen.« Einstein stampfte mit einem kleinen Plüschfuß so fest auf, als ob er die Brücke zum Wanken bringen wollte.
»In klitzekleine Stücke reißen... « murmelte Hupf.
Blitze zuckten, und Donner rollte durch den Himmel, aber der struppige Hund ließ sich von dem Unwetter nicht ablenken. Er machte einen Schritt vorwärts, dann noch einen und hörte nicht auf zu knurren. Speichelfäden hingen ihm aus dem Maul.
»Ruhig, nur ruhig«, sagte Amos zu seinen Freunden, während er sich verzweifelt den Kopf zerbrach, wie er den Köter verscheuchen konnte.
»Klitzekleine Fitzelchen«, sagte Hupf.
»Hast du Angst, Karnickel?« fragte der Gestiefelte Kater.
»Ich?« fragte Hupf beleidigt zurück. »Ich stamme von lauter Helden ab, das weißt du doch. Hat sich der Hase vor dem Igel gefürchtet? Hat Bugs Bunny jemals Angst gehabt?« Um diesen Mut zu beweisen, machte Hupf einen Satz nach vorn, gerade auf den Hund zu, fast in seinen langen Schatten. »He, du Biest!«
Der Hund schaute Hupf an. Wieder zuckte ein Blitz, und einen Augenblick lang glänzten die Augen des Hundes wie Silber.
»Du siehst so dämlich wie ein Kojote aus«, sagte Hupf, »zu dämlich, um’s mit einem unseresgleichen aufzunehmen. Hau ab, ehe wir dir einen Knoten in den Schwanz machen! Du bist ja nichts als ein räudiger Köter!«
Der Hund glotzte nur.
»Laß das, Hupf«, sagte Amos.
Hupf aber, der davon träumte, Komödiant und Bühnenstar zu werden, war jetzt in Schwung und kaum zu stoppen. »Wenn’s um den Grips ginge«, schrie er dem Hund ins Gesicht, »hättest du nichts zu lachen!«
Der Hund glotzte nur.
»Hupf!« warnte Amos.
Aber das Karnickel deutete auf den Kettenhund und schrie: »Ich hab’ gehört, du bist so blöde, daß du gedacht hast, an den Hundstagen regnete es junge Hunde!«
Der Köter senkte den Kopf nur noch tiefer und bellte das Karnickel wütend an.
»He!« schimpfte das Karnickel und machte einen so mächtigen Satz nach hinten, daß es Einstein mit umriß. Einstein rappelte sich wieder auf, klopfte sich die Weste sauber und rief dem Kettenhund zu: »Ich bin ein Elefant, verstehst du?«
»Hmmmm«, sagte der Alte und legte seinen Zeigefinger an die lange Schnauze. »Vielleicht wäre es das klügste, wenn wir uns ins Haus zurückzögen, etwas Eßbares suchen und diesem Geschöpf ein Friedensangebot unterbreiteten.«
»Der ist mit einem einzigen Satz über uns, wenn wir nur ein paar Schritte machen«, sagte der Gestiefelte Kater. »Vielleicht sollte ich ihm lieber meine flache Klinge über die Nase ziehen, um ihn Mores zu lehren.«
Amos war wütend auf sich selbst. Er hatte versagt. Es fiel ihm nichts ein, um auch nur einen Straßenköter abzuwehren. Er nahm schon Anlauf, um sich blindlings auf das Tier zu stürzen, und er hoffte, ihm damit einen solchen Schrecken einzujagen, daß er die Flucht ergriff.
Doch da trottete plötzlich Karamel an Amos vorbei und redete den Kettenhund an: »Schäm dich. Du bist eine Schande
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