Nacht des Begehrens - Cole, K: Nacht des Begehrens
lang aus dem Weg gegangen. Doch an diesem Morgen war sie bei Anbruch der Dämmerung ohnmächtig geworden, bevor sie flüchten oder diesen Lachlain bitten konnte, die Vorhänge zu schließen.
Mit einem Schaudern stellte Emma die Dusche an und betrat die Kabine, wobei sie den Marmortrümmern ausweichen musste. Sie spürte immer noch seine Gegenwart von der vergangenen Nacht. Fast meinte sie seine Hände fühlen zu können, wie sie über ihre nasse Haut glitten, seinen Finger, der tief in sie eindrang. Oder wie sein mächtiger Körper bebte und sich anspannte, als sie ihn streichelte.
Als sie sich unter dem Duschstrahl umdrehte, prasselte das Wasser auf ihre empfindlichen Brüste. Ihre Brustwarzen wurden hart. Wie ein Schlag traf sie die Erinnerung daran, wie sie beim Aufwachen seinen Mund gespürt hatte. Sie hatte ihn nur deshalb mit solcher Gewalt von sich gestoßen, weil sie verwirrt und verängstigt war. Doch zugleich war sie in ihrem ganzen Leben dem Höhepunkt nie näher gewesen. Sie war eine schwache Frau, denn für den Bruchteil einer Sekunde war die Versuchung, widerstandslos dazuliegen und ihre Knie einfach zu spreizen, um seinen stürmischen Kuss zu empfangen, nahezu überwältigend gewesen. Selbst jetzt musste sie feststellen, dass sie noch feucht war.
Seinetwegen. Ihre Reaktion stürzte sie in tiefste Verwirrung. Sie fragte sich, wie sie wohl auf ihn reagieren würde, wenn er es nicht mehr in Betracht ziehen würde, sie umzubringen. Wenigstens hatte sie jetzt erfahren, warum er so wild und unzivilisiert war. Abgesehen davon, dass er eindeutig einige Probleme hatte, war er ein Lykae , der sogar von den niedrigsten Kreaturen der Mythenwelt als rücksichtslose Bedrohung angesehen wurde. Sie erinnerte sich noch gut daran, was ihre Tanten ihr beigebracht hatten.
Jeder Lykae beherbergte in seinem Inneren eine wolfsartige „Bestie“, von der er in gewisser Art und Weise besessen wäre. Das machte sie unsterblich und ließ sie zugleich nach den elementaren Dingen des Leben s – Nahrung, Berührung, Se x – gieren und diese besonders genießen. Doch wie sie heute und in der vergangenen Nacht erlebt hatte, konnte es auch dazu führen, dass der Lykae außerstande war, seine Wildheit im Zaum zu halten, und dieser Wildheit ließ seine Art beim Sex sogar absichtlich freien Lauf. Sie fanden Gefallen daran zu kratzen, zu beißen und in ihrer Ekstase auf der Haut des Partners sichtbare Male der Lust zu hinterlassen. Für Emma, die mit einer zarten Gesundheit und einer eingefleischten Angst vor Schmerzen geschlagen war, hatte sich das stets abschreckend angehört.
Es war ihr unbegreiflich, wie sich hinter einer derart gut aussehenden Fassade ein derart unberechenbares Tier verbergen konnte. Er war eine Bestie in der Gestalt eines Traumbildes. Sein Körper war, mit Ausnahme der aus dem Rahmen fallenden Beinverletzung, nahezu göttlich. Sein Haar war voll und glat t – ein sattes, dunkles Braun, das in der Sonne vermutlich golden leuchten würde. Ihr war aufgefallen, dass er es heute im Laufe des Tages hatte schneiden lassen. Auch sein Gesicht war jetzt glatt rasiert, was seine perfekten Züge erst richtig zur Geltung brachte. Oberflächlich betrachtet: göttlich – darunter: eine Bestie.
Wie konnte sie sich nur zu einem Wesen hingezogen fühlen, vor dem sie sich eigentlich flüchten müsste? Ihre Erregung war unwillkürlich über sie gekommen, in gewisser Hinsicht beschämend. Deshalb war sie erleichtert, als die Last ihrer Erschöpfung ihre Lust schnell wieder abklingen ließ. Ihre Kräfte wurden mit jeder Minute schwächer, und die Vorstellung, mit dem Auto nach Schottland zu fahren, machte sie zusätzlich noch nervös.
Sie ließ sich gegen die Wand sinken und fragte sich, wie es Annika wohl gerade ergehen mochte. Wahrscheinlich lief sie kreischend vor Sorge und Wut durchs Haus und sorgte dafür, dass ihre Heimatstadt New Orleans von Blitzen heimgesucht wurde und noch in drei Gemeinden außerhalb der Stadt die Alarmanlagen sämtlicher Autos gleichzeitig losgingen.
Emma überlegte außerdem, ob sie tatsächlich gesprungen wäre. Ja, begriff sie zu ihrem Schrecke n – wenn dieser Lachlain dasselbe wahnsinnige, laut heulende Tier wie zuvor gewesen wäre und wenn seine Augen nicht nach und nach diesen warmen Goldton angenommen hätten, dann hätte sie alles auf eine Karte gesetzt.
Sie fragte sich, wo seine Beinverletzung herrührte und wo er für so lange Zeit „eingesperrt“ gewesen war und von wem. Doch
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