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Nacht des Ketzers

Nacht des Ketzers

Titel: Nacht des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weinek
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man’s? Eine, die so aussieht, hat doch sicher nur eins im Kopf. Ja, und dann ist sie zu uns gekommen und hat sich den Richter geangelt. Einen der angesehensten Männer unserer Stadt. Da steckt doch was dahinter, oder?“ Ohne auch nur für eine Sekunde aufzuschauen, fuhr sie fort: „Keine acht Wochen hat es gedauert, da ist sie mit ihm zum Altar, diese schamlose Person. Gott weiß, wie sie den armen Richter betört hat, und jetzt ist sie Frau Richterin, mit allen Privilegien, hat ausgesorgt. Der Richter ist der Einzige, der mehrere Hausangestellte hat, so dass das faule Aas keinen Finger zu rühren braucht. Wenn der selige Calvin noch leben würde, ich weiß nicht, ob er das hätte durchgehen lassen. Aber der ehrwürdige Herr Richter ist ja so ein feiner Mensch, und gerecht natürlich obendrein. Bei ihm erhält jeder die Strafe, die ihm zusteht, ohne Ansehen von Stand und Herkunft. Er hat auch schon so manchen Adeligen auf den Scheiterhaufen geschickt, wenn der was Frevlerisches verbrochen hat. Ob sie vielleicht eine Hexe ist? Ich glaube, der Richter war früher einmal auf Hexen spezialisiert. Wahrscheinlich haben noch ein paar überlebt.“
    „Wie heißt sie eigentlich?“
    „Wer?“ Jetzt sah die Magd zum ersten Mal auf.
    Guiseppe lachte. „Die Hexe natürlich.“
    „Anna“, stieß die Magd zwischen den Zahnlücken hervor.
    „Anna“, wiederholte er leise, mit einem sehnsüchtigen Blick.
    „Jedenfalls wohnt die Schwester meiner Schwägerin im Haus gleich schräg gegenüber und hat gesehen, dass der Richter seine Frau jeden Tag wecken muss. Wo gibt’s denn so was? Eine Frau hat vor ihrem Mann wach zu sein und ihm das Frühstück zu bereiten und die Kleider zurechtzulegen. Schließlich muss er den ganzen Tag seiner schweren Pflicht nachkommen. Na ja, mal sehen, wie lange das gutgeht.“
    „Was gutgeht?“ Guiseppe stellte sich absichtlich dumm.
    „Die Ehe natürlich.“ Die Magd schüttelte den Kopf ob der Einfalt dieses Esels. Wieder einmal zog sie geräuschvoll den Rotz hoch.
    „Wenn sie, was wir mittlerweile alle glauben, tatsächlich eine Hexe ist, so wird das der Richter, wenn das erste Liebesglühen einmal verflogen ist, schon merken, und dann Gnade ihr Gott. Vierteilen lassen wird er sie. So wie die Metze letzten Sonntag.“
    „Was hat denn die Schwester deiner Schwägerin im Haus des Richters sonst noch so bemerkt?“
    Verschwörerisch beugte sich die Magd vor, schaute nach links und nach rechts. „Manchmal, spätnachts, trifft sich das Konsistorium im Haus des Richters. Manche gehen erst in den frühen Morgenstunden. Aber vermutlich beraten die hohen Herren stundenlang über unsere Gesetze, die uns unser geliebter Calvin hinterlassen hat. Die Diener aus dem Haus erzählen jedenfalls nichts über die Vorfälle im Haus. Die meisten werden ohnedies nach Hause geschickt, und die, die im Haus wohnen, würden sich lieber die Zunge herausschneiden lassen, als irgendetwas zu verraten. Aber was geht dich das eigentlich an?“
    „Nichts, nichts. Wo steht eigentlich das Haus des Richters?“, versuchte Guiseppe sie abzulenken.
    „Unweit von hier.“ Die Magd beschrieb ihm den Weg, und Guiseppe schälte zufrieden eine Karotte. In dieser Nacht würde er selbst einmal erkunden, was denn im Haus des Richters so Seltsames vor sich ging.

Kapitel 27
     
    Giordano hatte trotz des dichten Nebels ohne Umwege nach Hause gefunden. Die Witwe saß auf einer zerschlissenen Chaiselongue, so als hätte sie auf ihn gewartet. Das Haar hatte sie gebürstet und zu einem Kranz geflochten. Ein kleiner Ofen wärmte die Stube. Auf dem Herd köchelte etwas süßlich Riechendes.
    „Habt Ihr Hunger, Monsieur Bruno?“ Sie sprach seinen Namen mit einem französischen Akzent aus, was ihm gut gefiel. Trotz der feuchtkalten Nacht trug sie nur ein dünnes, bodenlanges Kleid.
    Der süßliche Brei schmeckte vorzüglich. Madame Lamaré hatte reichlich getrocknete Früchte daruntergemischt.
    „Mögt Ihr vielleicht einen Schluck?“ Ohne die Antwort abzuwarten, goss sie ihm Wein in einen Becher. Giordano griff dankbar zu.
    „Aber verratet mich nicht“, sagte sie verschwörerisch halb im Scherz.
    „Madame Lamaré, ich verstehe nicht …“
    „Nennt mich bitte Eloise“, unterbrach sie ihn. „Was versteht Ihr denn nicht?“ Sie lächelte milde, fast mitleidig mit dem jungen Mann, der offensichtlich noch nicht viel von der Stadt und ihren Bewohnern gesehen hatte.
    „Was oder wen ich nicht verraten soll, Madame Eloise.“
    „Nun,

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