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Nacht des Ketzers

Nacht des Ketzers

Titel: Nacht des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weinek
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Fensterläden noch nicht geschlossen, und er konnte Schatten vorbeihuschen sehen. Guiseppe versteckte sich in einer Hauseinfahrt und wartete geduldig. Nichts geschah. Er wurde allmählich müde und musste sich setzen. Als endlich die Läden im zweiten Stockwerk geschlossen wurden, beschloss er, den Heimweg anzutreten und am nächsten Tag wiederzukommen. In dieser Nacht träumte er von Anna, davon, wie er und das Mädchen heimlich aus der Stadt flohen, gefolgt von den Wachen des Richters. Anna. Was für ein wohlklingender Name. Anna. Guiseppe merkte gar nicht, wie sehr er sich gedanklich bereits von seinem Mönchsdasein entfernt hatte. Es schien, als verlöre er die Bindung immer mehr, je weiter er sich vom Kloster in Neapel entfernte, und das Beste daran war, er fühlte sich gut dabei. Doch wie sollte es nun mit ihm und Giordano weitergehen? Genf schien ihm jedenfalls kein geeigneter Ort, um seinen Mitbruder zu überreden, mit ihm zurückzukehren. Oder vielleicht doch? Wollte er denn selbst zurück? Von der Magd hatte er erfahren, wo Giordano sich befand. Keine schönen Worte hatte sie für die Witwe gefunden. Auch so eine Hexe, hatte sie gesagt. Es würde sie nicht wundern, wenn sie die Nächste wäre, die der Richter vor die Stadttore bringen lassen würde, und was das bedeute, wisse er ja. Er erfuhr auch, dass Giordano drauf und dran war, zu den Calvinisten überzutreten.
     
    ***
     
    Tatsächlich eilte Giordano, nachdem die Woche vergangen war, zum Haus des Marchese.
    „Nun, verehrter Caracciolo, nach reiflicher Überlegung habe ich mich entschlossen, zu Eurem Glauben überzutreten.“
    „Das freut mich aber sehr.“ Der Marchese lächelte zufrieden. „Ich habe auch bereits das Konsistorium informiert, da ich mir ganz sicher war, dass du dich uns anschließen würdest, verehrter Giordano Bruno.“ Er sprach die Worte langsam und bedächtig, als wären sie bereits Teil eines Aufnahmerituals. „Hier, zur Feier deines Entschlusses, den du ganz bestimmt nicht bereuen wirst.“ Giordano nahm bereitwillig den Becher, trank und hielt gleich darauf kurz inne. Was war das? Wein im Hause des Marchese? Seine Gesichtszüge entspannten sich augenblicklich wieder. Hatte er es doch geahnt. Die Witwe hatte natürlich übertrieben. Keine Freude, kein Vergnügen. Nicht einmal einen guten Schluck Weines wollten die Calvinisten zulassen. Unsinn. Das war doch der Beweis. Die arme Frau war verwirrt ob des tragischen Verlustes ihres Mannes.
    „Da ist noch etwas, verehrter Marchese.“
    Caracciolo hob den Kopf und sah ihn erwartungsvoll an.
    „Die Witwe Lamaré, bei der ich wohne …“
    „Ja, was ist mit ihr?“ Der Marchese goss Giordano noch einen Becher ein und sah ihn dabei eindringlich an. Sein kahles Haupt war gerötet. War es von der überheizten Stube oder beunruhigte ihn irgendetwas? Giordano fuhr mit seinem Bericht fort: „Nun, ich denke, die arme Frau braucht Eure Hilfe. Sie glaubt, das Konsistorium habe ihren Mann auf dem Gewissen und man stelle auch ihr nach.“
    Nervös rutschte Caracciolo auf seinem Stuhl hin und her.
    „So, glaubt sie das? Was hat sie noch gesagt?“
    „Sie behauptet auch, dass das Konsistorium den Menschen alle Freude verbietet. Keine Komödien, kein Tanz und auch kein Wein, obwohl sie selbst reichlich davon zu Hause hat.“ Giordano hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Wie hatte das bloß passieren können? Er hatte sich doch felsenfest vorgenommen, davon nichts zu erzählen. Der Marchese hatte begonnen, sich Notizen zu machen.
    „Wie heißt diese Frau noch mal?“
    Giordano hätte am liebsten das Gesagte rückgängig gemacht. Er war sich bewusst, einen Fehler begangen zu haben. Wie hatte er nur so gedankenlos sein können. Er, der alles, was er sagte, wohl überlegte. Der keine Gedanken einfach so in die Welt hinausposaunte, hirnlos vor sich hin plapperte, ohne die Folgen zu bedenken. Aber nun war es geschehen. Er wusste nicht, welcher Teufel ihn geritten hatte, das zu tun. Er nahm sich vor, den Fehler so bald als möglich wiedergutzumachen.
    „Eloise Lamaré“, nannte er widerwillig den Namen.
    „Wo wohnt die Frau?“ Caracciolos Stimme hatte einen Befehlston angenommen. Als er merkte, wie verschreckt sein Gegenüber dreinschaute, schlug er versöhnlichere Töne an.
     „Keine Angst, mein Lieber. Nur heraus mit der Sprache. Wir werden uns um die Frau kümmern.“
    Für Giordano klangen die Worte eher wie eine Drohung. Beschämt und im Bewusstsein, eine große Dummheit

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