Nacht des Schicksals
eigentlich nichts.”
“Was hast du gedacht?”, beharrte Brodie.
Kendra beschloss, bei der Wahrheit zu bleiben. “Als Sandy heute Morgen Hayley erwähnte … habe ich angenommen, dass sie deine Frau sei.”
“Meine Frau?” Brodie lachte. “Du meine Güte! Obwohl ich zugeben muss, dass sie mich ganz schön unter dem Pantoffel hat.”
“Aber deine Tochter kann sie auch nicht sein”, brach es aus Kendra heraus. Im Hintergrund hörte sie Jack laut auflachen.
“Hayley”, sagte Brodie, “würdest du bitte noch zwei Gedecke auf den Tisch stellen. Ich gehe mit Mrs Westmore ins Wohnzimmer und spendiere ihr einen Drink. Nach dem Schock scheint sie einen nötig zu haben. Ich muss ihr wohl einiges erklären.”
Kendra schüttelte den Kopf. “Danke für die Einladung, Brodie, aber …”
Er griff schweigend nach ihrem Handgelenk und zog sie mit sich zur Tür. Kendra sträubte sich nicht. Sie wollte seine Erklärung hören. Diese merkwürdige Familie begann, sie zu faszinieren.
Er führte sie durch einen Flur mit ausgetretenem Eichenparkett. Sie stiegen über Tennisschläger, Fahrradhelme, Turnschuhe und schließlich einen großen schwarzen Labrador. Er schlief tief und fest auf einem Läufer vor der Wohnzimmertür.
“Das ist Fetch.” Er lachte. “Der arme Hund kann nichts dafür. Die Kinder haben ihn so getauft.”
“Oh.” Sie fiel in sein Lachen ein. Brodie umfasste noch immer ihr Handgelenk.
“Das solltest du öfter tun”, sagte er sanft.
“Was?” Erstaunt sah sie zu ihm auf.
“Lachen.”
Ihre Blicke trafen sich, und er verstärkte seinen Griff. Mit dem Daumen strich er sanft über die Innenseite ihres Handgelenks. Es war eine intime Berührung. Kendra wurde schwindlig. Sie hatte das eigenartige Gefühl, als gäbe es nur noch Brodie und sie auf der Welt. Am liebsten hätte sie sich an ihn geschmiegt. Ein Schauer lief ihr über den Rücken.
Er zwinkerte ihr zu, und der Bann war gebrochen.
“Was soll es denn sein?”, fragte Brodie. “Bier, Sherry, Wein? Ich habe einen schönen trockenen Riesling.”
“Den Riesling bitte.”
Während Brodie die Gläser füllte, nutzte Kendra die Gelegenheit, sich umzusehen. An der Schmalseite des Raums gegenüber der Tür reichten große Fenster bis zum Boden und erlaubten einen Blick auf Garten und Swimmingpool. Der Teppich hatte ein praktisches Muster in Erdfarben. Sessel und Sofa waren abgewetzt, aber einladend. Eine Längsseite des Zimmers war vollständig mit Bücherregalen bedeckt, die andere wurde von einem mächtigen Kamin in der Mitte beherrscht. Links davon standen ein großer Fernseher und eine Hi-Fi-Anlage, rechts davon glänzte eine bunte Sammlung von Pokalen auf einem Regal. In der Mitte des Raums stand ein massiver Eichentisch. Er war übersät mit Zeitungen, Teenagermagazinen, einem halb fertigen Puzzle, einer geöffneten Tüte Kartoffelchips, einem Kartenspiel …
Tief in ihrem Herzen verspürte Kendra einen stechenden Schmerz. Dies war ein richtiges Zuhause. Nicht so großartig wie Rosemount, aber hierher würden Kinder nach der Schule gern kommen, und ein Mann konnte nach einem Tag harter Arbeit die Füße hochlegen.
Brodie trat neben sie und reichte ihr ein Glas. “Es ist ein bisschen unordentlich”, gestand er. “Ich könnte jetzt sagen, dass du uns an einem schlechten Tag erwischt hast, aber das wäre eine Lüge.” Seine Augen funkelten vergnügt. “Eigentlich ist es sogar recht ordentlich, verglichen mit dem Zustand, den es bis Freitag erreicht haben wird. Samstagvormittag ist regelmäßig Hausputz bei den Spencers. Nach dem Frühstück stürzen wir uns alle in die Arbeit, und niemand verlässt das Haus, bis alles erledigt ist.” Er deutete auf das Sofa. “Setz dich.”
Kendra nahm Platz. Das Sofa mit den flauschigen Kissen war noch gemütlicher, als es den Anschein gehabt hatte.
Brodie setzte sich ihr gegenüber auf einen Stuhl. Er hielt sein Bierglas in beiden Händen und stützte die Ellbogen auf die Knie. “Sie sind die Kinder meines Bruders”, begann er, und das Funkeln in seinen Augen war verschwunden. “Jacks Kinder … und Maureens. Die beiden sind vor sechs Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen, zusammen mit meinem Vater.”
“Blue hat mir von dem Unfall erzählt”, erwiderte Kendra. “Ich wusste nicht einmal, dass du einen Bruder hattest, und die Kinder hat Blue nicht erwähnt. Als du Jodi am Montag zur Schule brachtest und sie dich Dad nannte, nahm ich einfach an …”
“Die beiden Jüngeren
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