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Nacht des Schicksals

Nacht des Schicksals

Titel: Nacht des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grace Green
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nennen mich Dad. Nach einer schmerzlichen Übergangszeit schien es ganz natürlich, vor allem für Jodi. Sie war erst zwei und Jack sechs. Für Hayley war das anders. Sie war schon elf, fast zwölf. Sie hat ihre Eltern nie vergessen. Wenn sie mich überhaupt irgendwie nennt”, fügte er hinzu, “dann einfach Brodie.”
    Einen Moment schwiegen sie beide. Dann fragte Kendra: “Du hast dich also der Kinder angenommen? Nur du allein? Niemand sonst?”
    “Nur ich. Maureen hatte keine Verwandten.”
    Kendra war zu Tränen gerührt. Wie sehr hatte sie sich in Brodie Spencer getäuscht. “Brodie …” Ihr versagte die Stimme.
    “Verdammt, Kendra, ich wollte dich nicht zum Weinen bringen!” Er stellte sein Glas beiseite und trat zu ihr. Er stand halb über sie gebeugt, und in seinen Augen lag ein eigenartiger Ausdruck, als plötzlich die Tür aufgestoßen wurde. Schnell wischte sich Kendra die Tränen aus den Augenwinkeln.
    “Dad!” Jodi kam mit Megan im Schlepptau ins Zimmer gestürzt. Sie strahlte vor Freude. “Bleibt Megan wirklich zum Essen?”
    Sie rannte zu Brodie und warf sich ihm in die Arme. Megan blieb ein wenig zurück, aber auch ihre Augen leuchteten, als sie ihre Mutter ansah.
    “Ja, Kleines, Megan bleibt zum Essen und ihre Mom auch.”
    “Dann müsst ihr jetzt mitkommen. Jack hat gesagt, dass die Burger jeden Moment fertig sind.”
    Der Augenblick war vergangen. Kendra wusste nicht, was geschehen wäre, hätten die Kinder sie nicht gestört. Womöglich hätte sie sich zu einer Dummheit hinreißen lassen.
    Brodie sah zu, wie Kendra mit Hayley über den Rasen schritt. Bitterkeit stieg in ihm auf. Am Heiligabend vor acht Jahren hatte er sich vorgenommen, nie wieder über die Vergangenheit nachzudenken, nachdem Kendra Westmore ihn so kalt hatte abblitzen lassen. Anschließend war er in die
Hoedown Bar
gefahren und hatte sich fürchterlich betrunken. Nie wieder, hatte er sich geschworen, würde er auch nur einen einzigen Gedanken an diese hochnäsige Ziege verschwenden!
    Es war ihm schwergefallen, aber er hatte es geschafft. Doch nun war sie in sein Leben zurückgekehrt … und wies ihn abermals ab. Durch ihr Schweigen verleugnete sie alles, was zwischen ihnen vorgefallen war. Er würde es nicht zur Sprache bringen. Das verbot ihm sein Stolz.
    Seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte, war er besessen von ihr. Damals war sie fast noch ein Kind gewesen. Er hatte eines der Blumenbeete in Rosemount umgegraben, als sie aus der Tür trat. In ihrem rosa Kleid und mit dem goldblonden Haar war sie ihm wie eine Märchenprinzessin erschienen. Doch sie war für ihn stets unerreichbar gewesen – bis zu jener Nacht in Seattle. In jener heißen Septembernacht hatten sie sich zu den Klängen von
Yesterday’s Memories
geliebt. Das jedenfalls hatte er sich eingebildet. Er hatte sie geliebt … zärtlich, leidenschaftlich, hingebungsvoll. Sie hatte nur Sex gehabt … und sich gleich darauf aus dem Staub gemacht.
    Sein Magen krampfte sich zusammen. Diesmal würde er es nicht so weit kommen lassen. Diesmal würde er die Kontrolle behalten. Er würde alles daransetzen, sie noch einmal in sein Bett zu bekommen, aber dann würde er es sein, der anschließend sie sitzen ließ. Vielleicht würde er dann endlich Frieden finden.
    “Werden Sie in Lakeview bleiben?”
    Kendra blieb stehen, als Hayley ihr die Frage stellte. “Ja, ich habe diese Stadt immer geliebt. Ich möchte Megan hier großziehen.”
    Es war merkwürdig, dass Hayley sich ihr gegenüber ganz anders verhielt, seit sie mit ihr allein war. Während des Essens war sie zurückhaltend gewesen, doch jetzt wirkte sie warmherzig und natürlich. Es kam Kendra vor, als wollte Hayley Brodie nicht zeigen, dass sie ihren Gast sympathisch fand. Aber warum nur?
    “Jodi hat erzählt, dass Sie Witwe sind. Das tut mir leid.”
    Kendra verspürte leichte Schuldgefühle. Sie hatte mit dieser Lüge zu leben gelernt, doch vor diesem offenherzigen Teenager fühlte sie sich mit ihrer Unehrlichkeit unbehaglich. “Ich bin seit sechs Jahren mit Megan allein. Mein Leben geht weiter, Hayley. Ich blicke nicht zurück, sondern nach vorn.”
    “Glauben Sie, dass Sie eines Tages noch einmal heiraten werden?” Plötzlich war wieder die Anspannung in ihrer Stimme zu spüren. Befürchtete das Mädchen, sie könnte es auf Brodie abgesehen haben?
    “Ich glaube kaum, aber wer weiß, was die Zukunft bringt.” Wahrscheinlich würde sie nie einen Mann finden, dem sie die Wahrheit über Megan

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