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Nacht des Verfuehrers - Roman

Nacht des Verfuehrers - Roman

Titel: Nacht des Verfuehrers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce Gabi Langmack
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täuschen sollen? Es
ergab keinen Sinn. In Anbetracht der anglikanischen Abneigung gegen Rom, musste ihm klar sein, dass – vom Islam einmal abgesehen – alles andere mit mehr Wohlwollen angesehen wurde als der Papismus.
    Der Pfarrer erwiderte ihr Nicken feierlich. Er hatte eine zerfurchte Stirn, eine Adlernase und einen struppigen Bart, aber die gütige Wärme seiner braunen Augen, die ihr fast zuzublinzeln schienen, strafte das grimmige Gesicht Lügen. Ihren massiven Zweifeln zum Trotz entspannte sich Alcy ein klein wenig.
    Der Priester sprach eine Sprache, die Alcy nicht einmal identifizieren konnte. Er richtete tiefe, raue Worte an den Baron, wobei er Alcy durch den einen oder anderen Blick in ihre Richtung mit einbezog. Baron Benedek antwortete ohne Weiteres in derselben Sprache. Ein paar der Formulierungen erinnerten Alcy vage an Latein – aber mehr konnte sie nicht sagen.
    Doch auch wenn sie die Worte nicht verstand, konnte sie den Tonfall und die Körpersprache einordnen. Der Priester wechselte zwischen feierlichem Ernst und Zurechtweisung, während der Baron sich beschwichtigend und zuversichtlich äußerte. Der Adelige schien die Oberhand behalten zu haben, und alles schien geklärt zu sein, denn dann wandte sich der Priester Alcy mit einem Lächeln zu und sagte in stockendem Deutsch mit schwerem Akzent: »Machen keine Sorgen. Wir sprechen, was Sie sagen.«
    Damit zog er sich ganz zum Altar zurück, und der Baron geleitete Alcy direkt an die Stufen. Der Priester schenkte ihr ein abschließendes väterliches Lächeln, und dann blies er Alcy, zu ihrer Verblüffung, dreimal ins Gesicht
und machte das Kreuzzeichen auf ihrer Stirn und Brust, bevor er die Hand auf ihren Kopf legte und zu einer langen sakramentalen Formel ansetzte. Seine mit einem Mal sonore Stimme erfüllte den ganzen hohen Raum und erreichte jedes Mitglied der Kirchengemeinde. Alcy stand erstarrt auf ihrem Platz. Manchmal antwortete die versammelte Gemeinde, oder der Priester blies ihr wieder ins Gesicht, oder man bedeutete ihr, sich halb der Menge und dann wieder dem Altar zuzudrehen, dann wieder rief einer der Ministranten etwas aus dem Schatten, oder der Baron flüsterte ihr unverständliche Worte zu, die sie nachzusprechen hatte.
    Nach einigen Minuten wisperte der Baron ihr ins Ohr: »Und jetzt sagen Sie: Pisteuô eis ena Theon, Patera …«
    Alcy stellte erleichtert fest, dass es sich um Griechisch handelte. Sie übersetzte die Worte im Geiste ins Englische, und ihr wurde klar, warum sie ihr so vertraut erschienen – es handelte sich um das Glaubensbekenntnis. Sie wiederholte die Zeilen folgsam und ohne zu stocken, ganz im Gegensatz zu den kurzen Antworten, die sie zuvor in der ihr unbekannten Sprache hatte geben müssen. Sie war Baron Benedek in gewisser Weise dankbar – er hatte vorhin mit gutem Grund ihre Sprachkenntnisse getestet, um eine akzeptable Sprache zu finden, in der sie den langen Katechismus problemlos nachsprechen konnte. Es wäre eine Tortur gewesen, einfach nur die Silben nachzuahmen.
    Die Zeremonie ging weiter, und es dauerte nicht lang, da brachte man sie zu einem kleinen Taufstein hinter dem Altar. Alcy stand reglos da, während der Priester sie mit Öl salbte. Als er sich bückte, um ihr das Kreuzzeichen auf die nackten Füße zu zeichnen, wurde ihr klar, weshalb sie barfuß
hatte erscheinen müssen. Schließlich tauchte der Geistliche die Hände dreimal in das Taufbecken und ließ das Wasser aus der hohlen Hand auf ihren gesenkten Scheitel fließen. Das eisige Wasser lief durch ihr vom Wind zerzaustes Haar, tröpfelte auf ihren Kragen, klebte ein paar verirrte Strähnen an die klamme Haut ihres Halses und hinterließ nasse Flecken auf dem Oberteil des verdreckten Reitkostüms. Es folgte eine weitere lange Ansprache, dann salbte der Priester sie erneut mit Öl und führte sie wieder vor den Altar. Alcys Füße pochten von der Kälte, die aus dem Steinboden aufstieg. Ihr Verstand war vor Erschöpfung benebelt, und der Anflug von Angst, den sie beim Gang zum Altar verspürt hatte, wich, lange bevor die Zeremonie vorüber war, einer Benommenheit.
    Nach ein paar Minuten, in denen sie einfach nur dazustehen hatte, hob die Kirchengemeinde plötzlich inbrünstig zu singen an, und ein Mann trat aus der Menge, um sich neben sie und den Baron zu stellen. War dies der Beginn der Hochzeitszeremonie? Alcy warf dem Baron einen verunsicherten Blick zu, auf den er mit einer derart selbstzufriedenen, ja triumphierenden Miene

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