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Nacht-Mähre

Titel: Nacht-Mähre Kostenlos Bücher Online Lesen
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magische Ogerkraft, was ihn noch viel gefährlicher machte, als seine bloße Größe vermuten ließ; er konnte mit unbewehrten Händen Felsen zermalmen und den Saft aus Bäumen pressen. Nicht einmal ein Riese hätte ihn wahrscheinlich aufhalten können, und eine Person von Tandys Größe ganz gewiß nicht.
    Imbri versuchte es. »Krach!« sendete sie ihm einen dringenden Tagtraum. »Der Sirenengesang hat dich betört! Kämpfe dagegen an, sonst blickst du der Gorgone ins Antlitz!«
    »Ich geh, ich seh«, grunzte der Oger, indem er weiter in seine stumpfsinnige Art zurückfiel, obwohl er aufgrund seiner menschlichen Herkunft mit Intelligenz ausgerüstet war. Er stampfte weiter. In seinen Bratpfannenhänden hielt er irgendwelche Gegenstände, die Imbri nicht ausmachen konnte.
    Der Sirenengesang war aber wirklich mächtig! Imbri mußte feststellen, daß sie Krach nicht aufhalten konnte. Sie galoppierte zu der Lichtung zurück und schickte der Gorgone einen Traum voraus. »Versteinere mich nicht, Freundin! Ich komme!«
    Die Gorgone verhüllte ihr Gesicht, und Imbri kam ungehindert, wenn auch mit vier weichen Knien, auf sie zu. Hinter der schrecklichen Frau blieb sie stehen, worauf die Gorgone die Mundanier wieder anzublinzeln begann und jeden auf der Stelle versteinerte. Die Lichtung war inzwischen mit Statuen überfüllt, und Sirene und Gorgone mußten immer weiter zurückweichen, um neuen Opfern Platz zu machen. Diese beiden Frauen waren im Begriff, eine Armee zu vernichten, die zuvor die ganze Wildnis Xanths durchmessen, Greife und Kobolde und Drachen eingeschüchtert und ganze xanthische Dorfgemeinschaften in die Flucht geschlagen hatte! Es lag wirklich eine gehörige Portion Ironie in der Tatsache, daß ausgerechnet zwei ältere, einigermaßen sanfte, verheiratete Damen der Nächstwelle ein Ende bescheren sollten.
    »Der Oger kommt hierher, und ich kann ihn nicht davon abhalten«, sendete Imbri. »Sirene, du mußt lange genug mit deinem Gesang aussetzen, damit ich ihn weit fortschicken kann. Dann kannst du wieder fortfahren.«
    »Aber dann entkommen die Mundanier doch auch!« protestierte die Sirene im Traum.
    »Ich weiß. Aber die Gorgone kann sie ja weiterhin versteinern lassen. Sie werden ja nicht wissen, daß sie einen Grund zur Flucht haben. Der Oger kann schnell laufen, es wird nicht lange dauern.«
    »Wie ihr wollt.« Die Sirene hörte auf zu singen und zu spielen. »Meine Finger werden auch langsam müde, ich bin ziemlich aus der Übung.« Sie bewegte sie, um sie für die nächste Runde wieder geschmeidig zu machen.
    »Krach!« schickte Imbri dem Oger einen kraftvollen Ferntraum. »Flieh so schnell du kannst in den Urwald! Halte dich außerhalb der Hörweite auf, um nicht wieder dem Sirenengesang zu erliegen!«
    »Ich haue ab, und zwar trapptrapp!« willigte der Oger ein. »Lasse Zauber hier, hoffe nützen dir.« Er stellte irgend etwas auf den Boden, drehte sich um, packte Tandy um die Hüfte und lief davon, wobei sein Stampfen die Erde erzittern ließ.
    »Du auch, Chem!« sendete Imbri, als ihr einfiel, daß die Landkarte der Zentaurin nicht mehr benötigt wurde. »Bring dich in Sicherheit, und versuche, irgendwelche Unterstützung zu holen. Vielleicht werden die Waldungeheuer ja…«
    »Die halten sich da raus«, meinte Chem und wich einem Speer aus. »Mit Menschenangelegenheiten wollen die nichts zu tun haben. Denen ist es egal, wer in Xanth regiert.«
    »Na gut, dann verschwinde trotzdem. Ich will nicht, daß dir hier noch etwas zustößt.«
    Chem nickte. Sie war vernünftig genug, um die Lage realistisch einzuschätzen. Es war wirklich das beste, alles Personal, das nicht gebraucht wurde, außer Reichweite der Gorgone zu halten. Das verhinderte Unfälle und gab der Gorgone mehr Bewegungsspielraum.
    Die Mundanier schüttelten mittlerweile verwirrt die Köpfe und orientierten sich aufs neue. Einige von ihnen versuchten, den davonlaufenden Oger anzugreifen, weil sie glaubten, er wollte vor ihnen fliehen. Doch diese Torheit wurde schnell belohnt: Mit weit ausholenden Gesten wirbelte Krach sie aus dem Weg. Für ihn war das eine fast beiläufige Bewegung, wie wenn Imbri mit dem Schweif ein paar Fliegen verjagt hätte, doch die Mundanier schossen durch die Luft und bewegten sich auch nicht mehr, nachdem sie zu Boden gestürzt waren.
    Andere Mundanier machten sich daran, ihren ursprünglichen Auftrag zu erfüllen, indem sie auf das Schloß zugingen. Ihre Reihen hatten sich merklich gelichtet, es waren keine

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